Doppelspiel
ich einen Verräter in den eigenen Reihen habe.«
Rice nahm all seinen Mut zusammen und erwiderte: »Schauen Sie mich nicht so an. Warum sollte ich Sie verraten und mich dann selbst in die Luft jagen lassen?«
»Das war die richtige Antwort … im Moment.«
Waller zog den anderen Frauen die Kapuzen aus und schaute sich jede von ihnen genau an wie Vieh auf einer Auktion. Schließlich suchte er sich eine aus, die kleinste. Er packte sie an ihrem dünnen Arm und schleifte sie hinter sich her, obwohl sie immer wieder über ihre Fußfesseln stolperte.
»Oben gibt es einen schalldichten Raum«, sagte Rice. »Die Einrichtung ist nagelneu. Wollen Sie, dass wir ihr die Fesseln abnehmen?«
»Nein. Geben Sie mir zwei Stunden; dann schicken Sie jemanden zum Saubermachen.«
Kaum war Waller außer Hörweite, da trat einer der Bodyguards zu Rice und fragte ihn mit leiser Stimme: »Macht sich Mr Waller keine Sorgen?«
»Sorgen? Über was?«, verlangte Rice in scharfem Ton zu wissen.
Der große Mann schaute verlegen drein. »Sie wissen schon … Aids, Tripper … so was eben.«
»Diese Frauen sind allesamt Jungfrauen. Das ist der Sinn des Ganzen, Manuel.«
»Trotzdem … Das ist Dritte-Welt-Scheiße. Da weiß man nie.«
Rice schaute die klapperige Treppe hinauf, wo sein Boss mit dem Mädchen verschwunden war. »Ich glaube, er schläft nicht wirklich mit ihnen.«
»Was macht er dann?«
»Das will ich gar nicht wissen.«
Kapitel sechsundzwanzig
R eggie wartete schon in der Bäckerei, als Shaw dort ankam. Sie bestellten, aßen ihr Gebäck und tranken ihren frischen Kaffee draußen. Reggie hatte ihr Haar unter eine Red-Sox-Kappe gestopft. Sie trug Shorts aus Jeansstoff, ein blassblaues T-Shirt und Laufschuhe von Saucony. Shaw wiederum trug eine Leinenhose, Slipper und ein weißes langärmeliges Hemd.
Reggie nippte an ihrem Kaffee, musterte Shaw und bemerkte verspielt: »Du ziehst dich immer noch wie ein Lobbyist an, selbst in der Provence.«
Shaw lächelte und lehnte sich auf dem kleinen Stuhl zurück. Hinter ihnen wusch ein Straßenkehrer das Kopfsteinpflaster mit einem Feuerwehrschlauch. Das Wasser folgte dabei den Gesetzen der Schwerkraft. Erst floss es die Straße hinunter, dann über ausgetretene Treppen und schließlich in kleinen Rinnsalen über den Klippenrand.
»Alte Gewohnheiten sterben langsam.« Shaw biss in sein Croissant. »Aber ich habe zumindest Jackett und Krawatte im Schrank gelassen.«
»Wo wohnst du eigentlich? Es ist nur fair, dass ich das frage. Schließlich weißt du ja auch, wo ich lebe.«
Shaw deutete über den Kopf zurück. »Mein Hotel liegt da runter. Sehr nett. Es hat sogar einen Wellnessbereich. Ich glaube, später werde ich mir noch eine Massage gönnen.« Er trank seinen Kaffee, zerknüllte das Papier, in dem sein Gebäck gekommen war, und warf es in einen Mülleimer in der Nähe. »Sind diese Kerle immer noch da?«
»Der Citroën war heute Morgen wieder da, aber diesmal saß nur ein Mann darin. Ob sie die ganze Nacht dort geblieben sind, weiß ich nicht. Irgendwie ist das alles äußerst mysteriös«, fügte sie unschuldig hinzu.
»Wie geht es deinem Rücken?«
»Gut. Und deiner Niere?«
»Nicht ganz so gut. Deshalb auch die Idee mit der Massage.«
»Ruf beim nächsten Mal einfach an, bevor du über meine Mauer kletterst.«
»Komisch, diese Villen werden für gewöhnlich für den ganzen Sommer vermietet; doch die neben dir steht seit meiner Ankunft leer.«
Reggie zwang sich zu einem Lächeln. »Du bist wirklich vorwitzig. Bist du jetzt von Villen besessen?«
Ich bin vorwitzig? Und was ist mit dir? »Nein«, erwiderte Shaw, »ich bin einfach nur neugierig. Ich wollte selbst eine mieten, aber das war viel zu teuer für mich.«
»Ich dachte, alle Lobbyisten wären reich.«
»Wäre da nicht die Scheidung gewesen, hätte man mich durchaus als vermögend bezeichnen können. Jetzt bin ich bestenfalls noch wohlhabend.«
»Ich bezweifele, dass ich je heiraten werde.«
»Warum? Auch wenn das jetzt vielleicht ein wenig derb klingt, aber du wärst eine verdammt gute Partie für jeden jungen Mann.«
»Warum jung?«
»Nun ja, du bist auch jung. Die meisten Leute heiraten jemanden, der ihnen altersmäßig nahesteht.«
»Und wie alt bist du?«, fragte sie mit einem Lächeln.
»Zu alt für dich.«
»Du schmeichelst mir und machst dich gleichzeitig selbst runter … Ich bin beeindruckt.«
»Das ist ein Talent, das ich über Jahre hinweg gepflegt habe. Ich hoffe, du bewahrst die Waffe
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