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Doppelte Schuld

Titel: Doppelte Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Chaplet
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durchdringende, Respekt gebietende Stimme. Klara Buddensen redete auf jemanden ein. Der Mann murmelte zurück, hörbar nicht einverstanden mit dem, was die Pfarrerin von ihm wollte.
    »Welche Konsequenzen? Machen Sie sich mal keinen Kopf um Konsequenzen!«
    Wieder Gemurmel, hinhaltend.
    »Die Polizei hilft uns gar nicht, junger Mann. Hier hilft nur Selbsthilfe.«
    Der Mann schien noch immer Widerworte zu geben. Katalina hätte fast gelacht, wenn sie gekonnt hätte. Einer Klara Buddensen widerspricht man nicht.
    »Unsere Tierärztin ist verschwunden, nachdem bei ihr eingebrochen worden ist, und Moritz von Hartenfels ist auch nicht aufzutreiben.«
    Gemurmel.
    »Nein, ich glaube nicht, daß die beiden in die Flitterwochen gefahren sind, vor allem nicht, ohne jemandem etwas davon zu sagen. Nun machen Sie schon. Außerdem hätte sich der Hund sonst nicht so aufgeführt.«
    Katalina richtete sich auf. Plötzlich erwachten ihre Lebensgeister wieder. Sie hockte sich auf die Knie, stellte ein Bein vor, kam hoch. Und dann polterte etwas gegen die Zimmertür, etwas, das vor Aufregung japste.
    Die Tür sprang auf, ein Fellbündel wirbelte auf sie zu und rannte sie um. Wieder lag sie auf den Knien. Zeus leckte ihr in wilder Begeisterung das Gesicht. Sie merkte, wie ihr die Tränen in die Augen schossen. Auch weil es so verdammt weh tat, als Klara ihr beherzt das Pflaster vom Mund riß.
     
    Auf den Gesichtern von Kriminalhauptkommissar Köster und Kriminaloberkommissar Sager zeichnete sich höfliches Interesse ab. Wenigstens gucken sie nicht ungläubig, dachte Katalina.
    »Man hat Sie also im Schlaf überrascht.«
    Katalina nickte.
    »Sie haben Schatten gesehen und jemanden flüstern gehört und können uns nicht sagen, wie viele Täter es waren.«
    Sie nickte wieder.
    »Und Sie haben keine Ahnung, wer es auf Sie und Herrn Hartenfels abgesehen haben könnte?« Köster sah sie an, als ob er Magenschmerzen hätte.
    »Nein. Das sagte ich ja schon.«
    »Sehen Sie einen Zusammenhang zwischen dem Einbruch bei Ihnen und diesem Überfall neulich?« Sager hielt den Bleistift wie eine Fahnenstange.
    »Ich weiß es nicht.« Katalina flüsterte, schwach vor Erschöpfung und von dem Gefühl, etwas ungeheuer Wichtiges einfach nicht zu begreifen. »Ich weiß es einfach nicht.«
    »Nun, Sie haben sich nicht selbst fesseln und knebeln können, soviel steht fest.« Köster sah sie wieder an, als ob er ein unliebsames Insekt vor sich hätte.
    »Danke für Ihr Vertrauen!« sagte Katalina spitz.
    »Aber vielleicht hat Herr Hartenfels …?« Sager verstand es, völlig unschuldig zu gucken.
    Sie hielt die Luft an. Und dann hätte sie am liebsten in sein glattes, lächelndes Gesicht geschlagen. »Ihre Phantasie läßt tief blicken, Herr Sager«, sagte sie mit aller Selbstbeherrschung, die sie aufbringen konnte. Wenigstens besaß der Mann den Anstand zu erröten.
    »Langsam, Frau Cavic. Wir fragen doch nur. Sie haben einen Toten gefunden und das nicht gemeldet, Sie sind in einen Einbruch verwickelt und womöglich auch noch in einen potentiellen Entführungsfall, da kommt man schon mal auf Gedanken«, sagte Köster gemütlich.
    »Moritz ist in Gefahr«, sagte Katalina schwach. »Sie müssen ihn finden.«
    »Machen wir.« Sager lächelte unverbindlich.
    Katalina sagte den beiden nicht auf Wiedersehen.
7
    Mary räkelte sich in der warmen Badewanne und versuchte, sich zu entspannen. Sie war von einem reißenden Schmerz in der linken Schulter aufgewacht und hatte sich mit Ach und Krach aus dem Bett gequält, um Lux Gassi zu führen. Die Zipperlein nahmen allmählich Überhand.
    Wer nichts mehr spürt, ist tot, dachte sie und massierte sich Shampoo ins Haar. Aber der Spruch bot heute keinen rechten Trost. Außerdem hatte sie eindeutig zuwenig geschlafen und viel zu schlecht geträumt.
    Kein Taiji heute, auch wenn das eigentlich nicht erlaubt war. Und keinen Blick in den Spiegel beim Zähneputzen und beim täglichen Ritual: das Gesicht mit lauwarmem Wasser waschen, abtrocknen, eine beruhigende Lotion auftragen und dann mit den Fingerspitzen und kreisenden Bewegungen die Augencreme einmassieren. Danach die Gesichtscreme: von der Nasenwurzel zu den Schläfen. Von den Wangen zu den Ohren. Vom Hals zum Kinn.
    Nicht, daß all das noch etwas nützte, aber es war eine liebgewordene Angewohnheit aus einer vergangenen Zeit, und damit aufzuhören hieße, sich mit dem Verlall abzufinden. Erst als sie sich schminkte, noch sorgfältiger als sonst, sah sie in den Spiegel.

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