Doppeltes Spiel (German Edition)
ihr auf. »Ich fühle mich wohl, so wie es ist«, erwiderte er lächelnd. »Unser Château ist auf einem guten Weg. Ich bin mit Leib und Seele Winzer - das ist es, was ich tun möchte. Grand-père hätte bestimmt nichts dagegen gehabt.«
»Dein Großvater wäre sehr stolz auf dich«, sagte Geneviève leise. Sie zog ihren Neffen an sich und küsste ihn auf beide Wangen. »Geh jetzt, mon petit chou , und nimm deinen Bruder ins Gebet.«
Auf ihren Stock gestützt brachte sie ihn zur Tür und blickte ihm nach, wie er zu seinem Auto ging.
Nicholas fühlte sich weitaus weniger gelassen und abgeklärt, als er seiner Tante vorgespielt hatte. Als er das Gut erreichte, stand er eine Weile im dunklen Hof und blickte gedankenverloren vor sich hin. Es war so still, dass das sanfte Rauschen der Bäume im Wind das lauteste Geräusch war, das an seine Ohren drang. Die Männer waren längst nach Hause gegangen, zu ihren Familien und ihren Frauen, oder ins Bistrot. Er war gerne alleine auf dem Gut - oder zumindest so gut wie alleine, dachte er lächelnd, als er Demoiselle irgendwo im Haus bellen hörte.
Nicholas schüttelte die trüben Gedanken ab und ging hinein. Noch einen Happen essen, dazu ein Glas Wein und dann ab ins Bett, dachte er. Morgen früh in den Wingert, Charlot noch ein paar Anweisungen geben - obwohl das wahrscheinlich nicht nötig war, der Junge war inzwischen in der Lage, die Arbeit selbstständig zu managen. Mittags würde er dann seinen Bruder und M... - und die Verlobte seines Bruders treffen und gemeinsam mit ihnen nach Avignon zu Tante Geneviève fahren. Es würde ein langer Tag werden.
Er stand in der dunklen Küche und blickte unschlüssig vom Herd zum Kühlschrank. Der Herd war ein uraltes eisernes Ungetüm, das noch mit Gas betrieben wurde. Er hatte ihn längst gegen ein moderneres Gerät austauschen wollen, aber wie es so war - der Herd funktionierte noch und Nicholas fand ohnehin wenig Zeit zum Kochen.
Heute Abend hatte er keine Lust mehr, sich mit den schweren Herdringen und Pfannen abzugeben. Er ging zum Kühlschrank - auch so ein riesiges Ungetüm, aber im Gegensatz zu dem antiken Herd ultramodern, die amerikanische Variante mit zwei Türen, einem Eiswürfelbereiter und all diesem Chichi, den er zwar komplett überflüssig fand, aber insgeheim doch zu schätzen gelernt hatte, was er allerdings nie zugeben würde. Tante Geneviève hatte ihm den Kühlschrank geschenkt, was irgendwie typisch für sie war. Sie hatte bei all ihrem Sinn für schöne Dinge auch durchaus eine sehr praktische Ader.
Er holte Butter aus dem Kühlschrank, ein Stück Käse aus der Kammer neben der Küche und schnitt dazu einen Kanten Brot ab. Auf der Rückfahrt von Avignon hatte er noch geplant, sich ein opulentes Essen zu kochen, aber inzwischen war ihm der Appetit vergangen. Er legte alles auf einen angeschlagenen Teller und schüttete sich ein großes Glas Rotwein dazu ein. Das Ganze balancierte er durch die Hintertür in den Garten. Es war kalt und dunkel im Haus, aber draußen war die Luft so mild und wohlriechend, dass er sie auch beim Essen noch genießen wollte.
Nicholas setzte sich an den wackeligen Holztisch, der auf dem kleinen Kiesplatz vor der Hintertür stand. Er legte die Beine auf die Bank und trank einen Schluck Wein. Dann brach er ein Stück Brot ab, schnitt etwas von dem Käse herunter, schob beides in den Mund und kaute lustlos darauf herum.
Margo ging ihm nicht aus dem Kopf. Immer, wenn er die Augen schloss, tauchte ihr Gesicht vor ihm auf. Er glaubte, ihren Duft zu riechen, der sanft war und frisch zugleich, wie ein guter, fruchtiger Rotwein.
Nicholas nahm einen zweiten Schluck. Philippes Verlobte schien sich zwar ebenfalls zu ihm hingezogen zu fühlen, aber sie hatte ihm auch deutlich zu verstehen gegeben, dass dies keine Option für sie darstellte. Und es war auch gut so - er konnte ja wohl schlecht seinem eigenen Bruder die Braut ausspannen!
Er schob mit einer ungeduldigen Geste den beinahe unberührten Teller von sich und nahm das Glas Wein in die Hand. Denk an etwas anderes, befahl er sich. Denk nicht an samtweiche Haut, verführerisch geöffnete Lippen, die sich sanft um eine Erdbeere schlossen, einen Blick unter halbgesenkten Lidern, aus dem leidenschaftliches Verlangen sprach, einen schlanken, wohlgeformten Körper, dessen Bewegungen gleichzeitig graziös und kraftvoll waren ...
Nicholas stieß einen erbitterten Laut aus und schlug mit der Faust auf sein Bein. Genug davon! »Reiß dich
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