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Dorn: Roman (German Edition)

Dorn: Roman (German Edition)

Titel: Dorn: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo Corzilius
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wärst am Konflikt des Harjenner Reiches mit den Riesen beteiligt gewesen. Die Leute erzählen sich Heldengeschichten über Dich – doch ich fürchte, Du möchtest sie am allerwenigsten hören.
    Wo auf dieser großen Welt bist Du? Das Reich könnte Dich gebrauchen. Dein Land am allermeisten.
    Nein, am allermeisten bin ich es wahrscheinlich, die Dich an ihrer Seite braucht.
    Die neuesten Nachrichten, die mich aus Falkenberg erreichten, dürften Dich tröstlich stimmen. Der Bürgerkrieg berührt Deine Heimat nicht mehr stark.
    Stattdessen wird er jedoch ins Herz des Reiches getragen. Ich bin geradezu verzweifelt.
    Mein Vater hat gemeinsam mit der Familie von Gramenfeld mobil gemacht. Während ein Teil der Truppen von Pelikor von Gramenfeld die Grenze zum Seenland gesichert hat, soll eine riesige Streitmacht aus Gramenfeld und meiner Heimat den großen Kamm überqueren. Ich weiß nicht, was ihr erklärtes Ziel ist, aber Erimee von Dinster wird Angst und Bange. Sie verlangt nach Unterstützung, doch niemand kann ihr die gewähren. Während Falkenberg kaum fähig ist, sich selbst zu verteidigen und auf die Hilfe der Ordenstruppen angewiesen ist, sind Lilienbach und das Seenland zu weit weg. Sollte mein Vater es wirklich wagen, mich – seine so missratene Tochter, wie man ihn weithin sagen hört – in der Hauptstadt anzugreifen, wird es für den Orden schwer, die Mauern zu halten. Zwar liegt Anselieth strategisch günstig, aber die Heere, die Pelikor und mein Vater aufgestellt haben, müssen gewaltig sein.
    Oh, könnte nicht dieser verfluchte Elb an der Seite meines Vaters endlich von ihm ablassen? Es ist an ihm, das Eherne Reich zerbrechen zu lassen.
    Wo auch immer Du bist, Deckard, das Reich braucht Dich. Und wenn es nur als starker Fürsprecher ist.
    Aber ich fürchte, das weißt Du bereits.
    Sanfte Wege
    Ellyn
    Ich schluckte schwer, während ich die Zeilen las. Das bestätigte meine schlimmsten Befürchtungen.
    Eine warme, milde Brise zog vom Meer herüber und verwirbelte mein Haar. Ich kniff die Augen zusammen. Ich musste eine Möglichkeit finden zu handeln. Vielleicht würden mir ja die Elben eine Eskorte zur Verfügung stellen. Vielleicht würden sie auch an meiner Seite Truppen entsenden, um … ja, um was eigentlich? Um einen Konflikt beizulegen, der sie im Grunde nichts anging? Sie waren mir im Grunde nicht zu Dank verpflichtet, vielmehr den Nordleuten.
    Ich nahm Untergewand, Hemd, Hose, Weste und Umhang von dem Beistelltischchen und tauschte sie gegen die elbische Kleidung aus, die ich trug.
    »Guten Morgen, Deckard«, hörte ich Lias Stimme leise hinter mir. Ich drehte mich um. Über das Gras kam sie auf mich zu, von Mavennas Haus her durch den Garten.
    »Guten Morgen?«, lächelte ich so gut es ging, während ich in Gedanken bei Ellyn und den Heerscharen war, die bald im Reich aufeinandertreffen würden. »Habe ich so lange geschlafen? Ich dachte, es wäre Abend …«
    Aber bevor Lia antwortete, sah ich noch einmal genauer in den Himmel und bemerkte meinen Fehler.
    »Nein, du wirst wohl Recht haben«, meinte ich, niedergeschlagen über die verlorene Zeit, die zwischen dem Betreten der gonilin meagaren und meinem Aufwachen verstrichen war.
    Zeit . Wenn es etwas gab, das niemand hatte, war es Zeit. Am allerwenigsten ich selbst. Doch es half nichts, unruhiger zu werden, als ich es ohnehin schon war.
    Lia setzte sich an das Fußende meines Bettes und bedeutete, mich neben sie zu setzen. Behutsam nahm sie meine bandagierte Hand in ihre zarten Finger.
    »Mein Volk versteht sehr viel von Heilkunst«, meinte sie, während sie die Bandage eingehend betrachtete. »Mavenna meinte, es sei dennoch wahrscheinlich, dass deine Hand nie wieder gänzlich heilt. Womöglich werden deine Finger nicht mehr so filigran sein, wie zuvor. Deine Sehnen haben starke Schäden davongetragen.«
    Das war wenig ermutigend. Auch wenn nicht gesagt war, dass ich ein Krüppel sein würde.
    Ich seufzte. Aber unser Häscher Schekich war Vergangenheit, von uns abgefallen wie ein gebrochener Bann. War eine verkrüppelte Hand nicht ein gerechtfertigter Preis?
    Doch waren das Dinge, über die Gedanken zu machen sich jetzt lohnte? Gab es nicht dringendere Angelegenheiten?
    »Meine Eltern würden dich gerne sehen«, sagte Lia. Ich wusste, dass sie meine Stimmung sofort durchschaut hatte.
    »Ich werde mit dir kommen«, fügte sie hinzu.
    »Zu deinen Eltern?«
    Sie schloss kurz geduldig die Augen. »Nein. Dorthin, wo du hingehen möchtest um das

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