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Dorn: Roman (German Edition)

Dorn: Roman (German Edition)

Titel: Dorn: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo Corzilius
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überreden? Der Prinz der Elben ließ das Eherne Reich lachend in tausend Scherben zerspringen, stahl dem eigenen Volk gar die Stimmen, um es am Eingreifen zu hindern. Ich nahm seine Schwester in Schutz, die ihm als einzige Widerstand entgegenbrachte. Mit ihr durchstand ich Stürme und Gefahren, um den Elben Stimmen und Prinzessin zurückzubringen … und bekam was dafür? Strahlende Dankbarkeit?
    Das Einzige, was mir blieb, war grimmiger Trotz: Ich würde ins Reich zurückkehren und dort an der Seite der Aufrichtigen sterben.
    Doch was hieß schon aufrichtig in diesen Tagen?
    Wie konnte mir nur so kalt sein? Trotz all der Wärme hier im Elbenreich, trotz all des Lichts und des Glanzes.
    Lange saß ich auf einem unbehauenen, hellen Stein, sah aufs Meer und ließ den Tag über mich ergehen.
    Ich wusste nicht, wie schlimm es derweil im Ehernen Reich geworden war. Ich wusste nur, dass ich versuchen musste, einen letzten, verzweifelten Einfluss auf die Geschicke dort zu nehmen. Nein, nicht allein. Lia würde mich begleiten, das hatte sie mehr als deutlich gemacht. Also ein Mensch und eine Elbin gegen den aufgewiegelten Hass riesiger Heerscharen? Wie sollte das funktionieren? Was sollte am Ende dabei herauskommen?
    Aller Wahrscheinlichkeit nach würde das Reich zerbrechen, gegenseitige Bündnisversprechen aufgekündigt. Serion würde im Nordwesten seine Schreckensherrschaft aufbauen und Falkenberg unterjochen. Lilienbach und Dinster würden sich hinter dem Großen Kamm verschanzen und das Seenland auf Eigenständigkeit pochen, ständig bedroht von den brutalen Nachbarn im Westen.
    Wer wusste schon, wie die Freien Städte in diesem Fall reagierten? Sie waren wirtschaftlich und militärisch stark. Vielleicht unternähmen sie den Versuch, ein Stück des großen Kuchens abzubekommen. Ihrer Macht hätte zumindest Lilienbach nicht viel entgegenzusetzen, wenn die Städte nur entschlossen genug handelten. Auch das Seenland müsste dann eine Entscheidung treffen – wobei ich nicht glaubte, dass die Städte sich mit Alen Wetmann anlegen würden. Er sorgte stets für ausgeglichene Verhältnisse und stellte sich gut mit den Magistraten der Städte.
    Wie man es auch drehte und wendete: Falkenberg fiel heraus aus der Gleichung. Am Ende würde meine Heimat wohl trotz allem von Gamar annektiert werden, komme, was wolle. Dinster würde sich nicht als brüderlicher Beschützer aufspielen.
    Ich wusste nicht, was die passende Gefühlslage für mich war. Wut? Trauer? Ernüchterung? Aufgabe?
    »Hier bist du«, vernahm ich eine Stimme in meinem Rücken. Es war Leonhrak, der den Weg herauf zu meinem Aussichtspunkt geschlendert kam. Ich konnte an seinem Gesicht nicht ablesen, wie es um sein Gemüt bestellt war. Doch vor Glück schäumte er nicht unbedingt über, soviel sah ich.
    »Wie geht es dir?«, wollte ich wissen.
    Er zuckte die Achseln. »Ich hatte kurze Zeit einen schönen Traum. Jetzt bin ich aufgewacht.«
    »Du hast Innimdal um die Hand seiner Tochter gebeten«, riet ich tonlos. Und landete einen Volltreffer.
    Leonhraks Blick ging an mir vorbei, ebenfalls aufs Meer hinaus. »Ich hätte ihn auch fragen können, ob ich seinen Palast einreißen darf.«
    »Tut man das denn?«
    »Was? Paläste einreißen?«
    »Nein, elbische Väter um die Hände ihrer Töchter bitten?
    Wieder zuckte er die Achseln. »Ich weiß es nicht. Aber seine Tirade über viele Bedeutungen des Wortes Schande hätte er sich sparen können. Zumindest wundert mich jetzt nicht mehr, wie sein Sohn so verflucht nachtragend sein kann. Diese ganze elbische Erhabenheit dient doch nur dazu, ihre Verstocktheit zu kaschieren.«
    Er legte mir seufzend die Hand auf die Schulter. »Aber erzähl mir, wie es dir am heutigen Morgen ergangen ist. Du siehst nämlich hundeelend aus, wenn ich bemerken darf.«
    Also erzählte ich ihm alles, was das Gespräch mit dem Königspaar der Elben ergeben hatte. Auch meine Überlegungen und Erwägungen darüber, wie es nun weitergehen würde, eröffnete ich dem Harjenner Prinzen vorbehaltlos.
    »Du weißt, dass du nicht allein ins Reich zurückkehren wirst?«, fragte er mich schließlich, als ich geendet hatte.
    »Es ist lieb gemeint, aber was würde es bringen, wenn du mich begleitest? Das Harjenner Reich braucht dich.«
    Leonhrak schüttelte entschieden den Kopf. »Das Eherne Reich braucht mich. Wir haben immer zu unserem Bündnis gestanden, Deckard. Und wenn es darum geht, dem Elben Linus Einhalt zu gebieten, um nicht noch mehr Leid über Dorn zu

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