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Dorn: Roman (German Edition)

Dorn: Roman (German Edition)

Titel: Dorn: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo Corzilius
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das Ganze sprichwörtlich aus?«, hakte ich nach.
    »So ist es.«
    »Aber laufen wir nicht gerade dann Gefahr, dass jemand auf dem Thron Platz nimmt, der dort keine gute Figur macht?«
    Amondo blieb stehen und sah mich ernst an. Seine dunklen Augen drangen förmlich in mich.
    »An dieses Problem glaube ich nicht, Graf«, sagte er fest. »Alle vorgestellten Kandidaten halte ich für fähig. Es gilt nur, den Fähigsten oder die Fähigste unter ihnen zu finden. Und diejenigen, die ernsthaft besorgt um das Wohl des Reiches sind, werden ihre Interessen früher oder später mit mehr Nachdruck durchsetzen. Wer hier nur Ränkespielchen spielen will, der wird es irgendwann leid sein, wenn das Konklave zu lange andauert.«
    Ich nickte wieder und konnte nur hoffen, dass Amondo Recht behielt.
    Das Arbeitszimmer von König Hroth unterschied sich verblüffend wenig von meinem eigenen. Na gut, es war erheblich größer. Ein Schreibtisch, auf dessen Arbeitsfläche man ohne weiteres mein gesamtes Zimmer hätte platzieren können, stand mitten im Raum. Durch ausladende Fenster hatte man einen freien Blick nach Süden und die Luft wehte in sanften Brisen direkt vom Meer herein. In Anselieth war das Wetter eine Spur milder als in Falkenberg. Überhaupt waren alle Länder diesseits vom großen Kamm von verhältnismäßig milden Wintern und warmen Sommern gesegnet, während die Fürstentümer nördlich des großen Kamms weder das eine, noch das andere hatten.
    Ich verschaffte mir einen ersten groben Überblick über das Chaos von verschiedenen Stapeln mit Schriftstücken. Alle möglichen Dokumente, Briefe und Schriftrollen lagen hier übereinander. Hroth hatte viel gearbeitet, aber war offenbar kaum gegen die Berge aus Papier angekommen.
    »Dies ist Tomsquill«, bemerkte Amondo.
    Ich drehte mich um und sah einen dünnen, beinahe hageren Mann in meinem Alter, der in der Ecke hinter der Tür stand. Ich hatte ihn beim Hineinkommen nicht bemerkt.
    »Er ging König Hroth als Sekretär zur Hand und hat Kenntnis über die dringlichsten Anliegen.«
    Tomsquill nickte mir zu. Er hatte schwarzes, zerzaustes Haar und seine Augen blitzten fröhlich.
    »Zu Diensten, Herr«, sagte er.
    »Ich bin erfreut«, gab ich zu. Glücklich darüber, nicht allein Herr der Lage werden zu müssen.
    In der folgenden Zeit war ich von den Sitzungen des Konklaves freigestellt und wurde lediglich dazu gerufen, wenn es probehalber Abstimmungen durchzuführen galt. Zwar hielten mich Hermelink und Lemander stets auf dem Laufenden, dennoch enthielt ich mich in den allermeisten Abstimmungen. Die Pflichten des Königs vereinnahmten mich völlig.
    Während Amondo Herr des Konklaves war, wusste Tomsquill immerzu, welches Dokument ich zu lesen oder zu verabschieden hatte. Es ging vielfach um Handelsverträge, in denen neue Zölle und Konditionen für bestimmte exotische Güter festgesetzt wurden. Es ging um die Verteilung von Ländereien in Gebieten, die von den Fürstentümern nicht explizit beansprucht wurden. Es ging um Korrespondenzen mit den Herren und Magistraten der freien Städte, von denen mir die meisten ziemlich sinnlos und nur der Höflichkeit halber geführt vorkamen. Es ging um Aufträge für Reeder und Dachdecker und Schmiede. Es ging um Berichte des Ordens aus entlegenen Gebieten. Es ging um dieses, jenes und noch viel mehr.
    Und leider war das noch längst nicht alles.
    Ich hatte im Thronsaal Richtsprüche zu tätigen. Die meisten kleineren Gaunereien und Ungerechtigkeiten wurden mir glücklicherweise von Beamten abgenommen. Doch war ich beispielsweise die letzte Instanz des Streitschlichtens, wenn sich mittelschwere Kaufleute des Warendiebstahls oder der Monopolstellung bezichtigten. Dann galt es, sich alle Einzelheiten von den Betroffenen oder gar ihren Advokaten vortragen zu lassen, alles fein säuberlich dokumentieren zu lassen und schließlich im Einklang mit geltenden Gesetzen eine Entscheidung zu fällen. Dabei erwies sich genau dieser stets geforderte Einklang mit den Gesetzen als tückisch. Ich konnte nicht einfach Gerechtigkeit walten lassen, wenn es die Gesetzesbücher nicht hergaben. Die Advokaten des Hofes bewahrten mich dabei vor feineren und gröberen Schnitzern. Das war äußerst ärgerlich. Ich begann, die Regierungsarbeit Hroths noch einmal mit anderen Augen zu sehen und ihr ein Vielfaches des Respekts entgegenzubringen, den ich bereits übrighatte. Glücklicherweise erwies sich auch Tomsquill als wandelnde Enzyklopädie in Gesetzesfragen – er

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