Dorn: Roman (German Edition)
Amondo hatte natürlich recht. Wenn die nächsten Tage so weitergehen würden, würde das Konklave noch ziemlich lange andauern.
Erimee von Dinster erhob sich. Ganz in Grün gekleidet und von einiger Körperfülle, gab sie ein imposantes Bild ab.
»Aber es ist doch nicht gesagt, dass dieses Konklave eine Ewigkeit dauert.«
»Das nicht, werte Gräfin«, gab Amondo zu. »Aber die Regierungsgeschäfte liegen bereits seit Wochen danieder. Und angesichts des gegenwärtigen Standes des Konklaves sehe ich nicht, dass sich die momentane Pattsituation innerhalb weniger Tage auflösen wird. Oder bist du etwa bereit, deinen Kandidaten zurückzuziehen, Gräfin?«
Erimee verneinte entschieden.
»Dann bleibt mir nichts anderes übrig«, resümierte Amondo.
Da stand Alen Wetmann auf und erhob die Stimme.
»Hohe Häuser. Darf ich vorschlagen, dass wir das uns bevorstehende Prozedere abkürzen?«, fragte er in die Runde, setzte aber ohne eine Zustimmung abzuwarten gleich wieder ein. »Wir haben einen Kandidaten unter uns, der keinerlei Ansprüche auf den Thron stellt. Ja, der noch nicht einmal jemanden zwecks einer Kandidatur ins Feld führt. Er ist völlig unbelastet von den Versuchen, einen persönlichen Vorteil aus diesem Konklave zu ziehen, dem wir hier wohl noch einige Zeit nachgehen werden.«
Oh, oh . Mir schwante nichts Gutes bei Alens Worten.
»Deckard von Falkenberg«, verkündete er schneller, als irgendjemand ihm ins Wort fallen konnte.
Das saß. Damit hatte ich nun absolut nicht gerechnet. Schon gar nicht heute.
»Deckard ist ein äußerst milder Herrscher in Falkenberg und hat trotz seiner jungen Jahre bereits große Erfahrung in allen Regierungsbelangen. Er wird die Amtsgeschäfte des Königs weise führen, solange diese Versammlung tagt, da bin ich sicher.«
Ich sah Erimee von Dinster bereits nicken, während die Familie von Lilienbach tuschelnd die Köpfe zusammensteckte.
»Niemals«, schrie Serion von Gamar erbost dazwischen. »Die Falkenberger haben keine Ahnung von der großen Politik. Das ist ein verschwindend kleiner Fleck am Ende der Welt. Wie stellt ihr euch das vor?«
»Beruhig dich, Serion«, konterte Alen schneller, als ich überhaupt die Chance hatte, dazwischenzukommen. »Er soll lediglich dafür sorgen, dass die Amtsgeschäfte nicht zum Erliegen kommen und das Reich weiter seinen gewohnten Gang gehen kann, während wir hier über die langfristige Zukunft beraten.«
»Warum eigentlich nicht?«, fiel die dicke Erimee in den Tenor ein. »Der junge Graf hat keinerlei Interesse an dem Amt des Königs. Außerdem hat Alen Wetmann recht. Die Bewohner Falkenbergs sind hochgradig zufrieden mit ihrem Regenten.«
Bei den Göttern, was sollte das hier?
Nun erhob sich sogar der biedere Pelikor von Gramenfeld.
»Als Übergangslösung scheint mir das durchaus möglich«, warf er ein. »Ich bitte, dass wir damit nun auch schnell zur Abstimmung kommen. Denn ich will ehrlich sein: Langsam kann ich nicht mehr sitzen.«
Einen solch deftigen Spruch hatte ich ausgerechnet vom Herren über Gramenfeld nicht erwartet.
»Nun denn«, brachte Amondo alle Anwesenden zum Schweigen. »Dann lasse ich die Köpfe der Hohen Häuser nun per Handzeichen abstimmen. Die Mehrheitsverhältnisse sind dieselben wie bei der Königswahl.
Welches Haus stimmt dafür, Deckard von Falkenberg interimshalber die Amtsgeschäfte des Königs zu treuen Händen führen zu lassen, solange dieses Konklave tagt?«
Alle standen sie auf und hoben eine Hand. Alen, Erimee von Dinster, Silena von Lilienbach und Pelikor von Gramenfeld. Lediglich Serion blieb stur sitzen. Das war nicht anders zu erwarten.
Mein Herz schlug mir bis zum Hals. Ich überlegte fieberhaft. Ich wollte das nicht, beim besten Willen nicht. Aber vielleicht war das genau die Möglichkeit, die es brauchte, um das Ansehen von Falkenberg bei den anderen Häusern ein wenig zu verbessern. Außerdem war es meine verdammte Pflicht, wenn ich schon von den höchsten Stellen darum gebeten wurde.
Amondo sah mich durchdringend an.
Und Ellyn von Gamar ebenfalls.
Bald ruhten alle Blicke im Saal auf mir.
Also rückte ich den Stuhl zurück, stand auf …
… und hob meine Hand.
Kapitel 5
Auf und abseits der großen Bühne
Ich hatte mir ein kleines Abendessen in mein Gemach bringen lassen. Um nichts in der Welt wollte ich jetzt beim Rest der hochherrschaftlichen Veranstaltung im großen Saal sitzen. Ich wusste ja, was auf mich zugekommen wäre.
Mein Problem mit dem Betreiben von
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