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Dorn: Roman (German Edition)

Dorn: Roman (German Edition)

Titel: Dorn: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo Corzilius
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Prinz. »Niemand weiß, was geschehen ist. Aber wir brauchen Hilfe. Dringend!«
    Ich ließ die Harjenner in den Zimmern der untersten Stockwerke des Ostturms einquartieren und außerdem alles an Ärzten kommen, was im Umfeld des königlichen Hofes zu finden war. Noch hatte ich einen Zeitvorsprung, bevor sich die tägliche Sitzung des Konklaves dem Ende zuneigte. Die Nachricht der übel zugerichteten Nordmänner würde im Palast die Runde machen wie ein Laubfeuer. Ich musste dringend die Initiative ergreifen und mich mit Leonhrak unter vier Augen besprechen, bevor andere Mitglieder der Hohen Häuser die Gelegenheit bekamen.
    Ich hatte einige Männer und Frauen des Ordens damit betraut, die Versorgung der Nordleute persönlich zu übernehmen. Außerdem hatte ich Tomsquill angewiesen, für größtmögliche Diskretion zu sorgen. Erst einmal wollte ich das Brodeln der Gerüchteküche so still wie möglich halten, auch wenn ich wusste, dass ich es nicht unterbinden würde können.
    Schließlich hatte ich Zeit, mich um Leonhrak zu kümmern. Die Wachen vor der Tür wies ich an, niemanden sonst hineinzulassen, gleich welchen Standes. Eine Krankenschwester musste ich nicht hinausschicken, das hatte der Prinz schon selbst erledigt.
    Nachdem ich die Tür hinter mir schloss, herrschte im Raum für die Dauer eines Wimpernschlags eine beinahe sakrale Stille, wie ich sie sonst nur in den großen Gotteshäusern der Tempelstadt erlebt hatte.
    »Bleib sitzen!«, gemahnte ich Leonhrak, als dieser Anstalten machte, sich zu erheben. »Ich bin niemandes König, ich bin pragmatisch. Ich will kein Katzbuckeln. Viel lieber sind mir Erklärungen.«
    Den Schock zu überwinden, der mich und jeden überkommen hatte, der die Nordleute gesehen hatte, war mir noch nicht zur Gänze gelungen. Der alte Mann, der vor zwölf Jahren noch im selben Alter gewesen war wie ich selbst, saß so aufrecht da, wie es ihm möglich war. Gekleidet in ein ledernes Hemd aus gehärteten Schuppen. Es glänzte mehr als es die Augen des Prinzen taten. Er hustete, was wohl ein Räuspern sein sollte, aber es klang rasselnd.
    »Ich weiß es nicht genau«, setzte Leonhrak an. »Unser Volk ist in den letzten Wochen rapide gealtert.«
    Ich nickte und versuchte es verständnisvoll aussehen zu lassen, obwohl ich absolut nichts verstand.
    »Die Nordleute waren doch stets für ihre blühende Jugend und ihre körperliche Stärke bekannt. Was muss euch widerfahren sein, dass sich diese Dinge ins Gegenteil verkehren?«
    Leonhrak sah mich mit dem Blick eines geschlagenen Hundes an.
    »Wüsste ich das bloß«, knurrte er. »Wüsste ich das bloß.«
    »Du bist also hergekommen, um Hilfe gegen …«, ich musste nach einem Wort suchen, aber mir fiel nichts Besseres ein, »… diese Krankheit zu suchen? Ich bin mir nicht sicher, Leonhrak, aber ich fürchte, auch unsere Ärzte werden ratlos sein.«
    Leonhrak schüttelte erschöpft den Kopf.
    »Nein«, widersprach er. »Was mit uns geschieht, hat ein dunkler Zauber verschuldet. Ich weiß nicht wie das möglich ist, aber es muss so etwas sein. Dieses Altern … es lässt sich durch nichts bekämpfen.«
    Ich versuchte meine Beine ruhig zu halten und setzte mich auf den Stuhl gegenüber des Prinzen, um nicht nervös im Raum umherzuwandern.
    »Wie hat das angefangen?«, fragte ich. Es war die beste Frage, die mir einfiel.
    Müde blickte Leonhrak zu mir herüber. »Es gibt da etwas«, meinte er. »Etwas, dass so ungewöhnlich war, dass es mir nicht mehr aus dem Kopf gehen will. Vor wenigen Monaten kam ein Elb zu uns ins Inselreich«, erzählte Leonhrak. Schatten legten sich auf seine Augen. »Er war gekleidet wie ein Mensch, ganz und gar nicht exotisch. Er sprach in der hölzernen Halle meines Vaters vor. Seine Sprache war perfekt, als ob er nie etwas anderes getan hätte als die Sprache der Menschen zu sprechen. Er erzählte eigenartige Geschichten von neuen Handelsrouten jenseits der Eiswüsten im höchsten Norden. Weit ab der Barbarenländer sollten sie liegen und direkt ins sagenbehaftete Reich Ebben führen.«
    »Ebben«, wiederholte ich. Von diesem Land jenseits des Endlosen Gräsermeers wurden oft absonderliche Abenteuergeschichten erzählt. Es gab keinerlei politischen Austausch und niemand machte sich auf die Reise dorthin, denn der Weg war weit und gefährlich. Die Gebiete der Steppenvölker und die Länder der Unholde lagen auf dem Weg. Und so blieb Ebben in der Vorstellung der Leute mehr Sage als Wirklichkeit. Obwohl es unbestritten

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