Dornen der Leidenschaft
verachten, weil Sie meine Geliebte geworden sind.«
Das Mädchen schaute ihn entsetzt an und wurde blaß.
»Ach nein, Señor! Sie haben mich mißverstanden!« rief sie aus. »Das meinte ich nicht … Ich hoffte, Sie würden mich – Sie würden mich heiraten«, flüsterte sie leise.
»Ich verstehe«, murmelte der Visconde.
Dann erhob er sich und trat vor sie. Endlich würde sie sein werden, unwiderruflich sein! Das war wundervoll! Als seine Geliebte hätte sie ihn jederzeit verlassen können, aber als seine Frau … Salvador würde sie niemals gehen lassen. Niemals!
»Ich warne Sie, Aurora«, sagte er, »bitte überlegen Sie sich das Ganze noch einmal gut. Wenn Sie mich heiraten, wird unsere Ehe dauern, ›bis daß der Tod uns scheidet‹, denn ich werde Sie niemals von dem einmal gegebenen Schwur freisprechen. Außerdem hatte ich … Glauben Sie nicht, daß Sie sich unter irgendeinem Vorwand vor mir zurückziehen können, wenn wir erst einmal verheiratet sind. Ich werde das nicht erlauben. Ich bin ein Mann, ein kräftiger, gesunder Mann«, fügte er leise hinzu, »und ich will nehmen, was mir gehört. Habe ich mich klar ausgedrückt?«
»Sí« ,flüsterte sie, schaute ihn mit ihren blauen Augen an und sah, daß seine schwarzen Augen vor Triumph aufblitzten.
»Nun?« fragte der Visconde gespannt, »können wir uns einigen oder nicht?«
Wieder betrachtete Aurora ihn und wünschte sich, daß er nicht so groß und so dunkel – so satanisch aussähe. Wie konnte sie diesen Mann heiraten, der trotz all der Zeit, die sie zusammen verbracht hatten, immer ein Fremder für sie geblieben war? Aber hatte sie eine Wahl, fragte sie sich, als sie an Don Juan dachte. Wenn sie Aguila heiratete, konnte der Marqués sie wenigstens nicht zwingen, seine Frau zu werden! Sie leckte sich nervös die Lippen.
»SÍ«, antwortete Aurora. »Ich bin einverstanden.«
Salvador atmete erleichtert aus. Sie gehörte zu ihm. Er würde so schnell wie möglich einen Priester suchen, der sie trauen konnte.
»Komm her, Aurora«, sagte er leise.
»Warum?« fragte sie schüchtern und fühlte Angst in sich aufsteigen.
Was hatte er mit ihr vor, dieser Dämon, in dessen Hände sie sich eben unwiderruflich begeben hatte?
»Sie müssen eins von Anfang an wissen, Señorita: Wenn Sie meine Frau sind, müssen Sie mir gehorchen – ohne Fragen zu stellen«, sagte der Visconde.
Aurora stellte das Brandyglas auf dem Tisch ab und ging zögernd auf ihn zu.
Er streckte seine Hände aus und löste die Spangen, mit denen sie ihr Haar hochgesteckt hatte. Einen langen Augenblick starrte er sie an, fühlte sein Herz schneller schlagen und sah, wie eine zarte Röte ihr schönes Gesicht überzog. Zärtlich zog er sie an ihrem blauschwarzen Haar zu sich heran. Trotzdem fürchtete sich Aurora. Sie wollte sich wehren.
»Nein, querida« ,murmelte er warnend, »wehr dich nicht. Ich will jetzt nur einen Geschmack von dem haben, was mir versprochen worden ist.«
Dann küßte er sie besitzergreifend und leidenschaftlich.
23. KAPITEL
Sie wurden in der Kapelle der Missionsstation getraut, die direkt hinter den Mauern des militärischen Außenpostens lag, der von Colonel Xavier de la Palma befehligt wurde. Der Colonel und einer seiner Offiziere, Miguel Sanchez, waren die Trauzeugen.
Aurora trug ein dunkelblaues Seidenkleid, da sie keine Zeit gehabt hatte, sich ein richtiges Hochzeitskleid anfertigen zu lassen. In der Hand hielt sie die Bibel und den Rosenkranz.
Ihr langes blauschwarzes Haar trug sie offen – Salvador hatte sie darum gebeten –, und die lockige Mähne fiel ihr den Rücken hinab, als sie mit blassem Gesicht vor dem Priester kniete.
Der Visconde trug einen schwarzen Samtanzug, ein feines weißes Leinenhemd und einen mit goldener Litze geschmückten schwarzen Sombrero.
Aurora fand, daß er noch nie so gut ausgesehen hatte. Trotzdem zitterte ihre Stimme, als sie dem Priester die Worte nachsprach, die sie für ewig an den Mann banden, der neben ihr kniete. Ihre Hand zuckte leicht, als er ihr einen einfachen goldenen Ring über den Finger streifte.
Dann küßte Aguila sie, und die Zeremonie war vorbei. Es hatte nicht länger als eine halbe Stunde gedauert, und plötzlich war sie Aguilas Frau. Salvador unterzeichnete die Heiratsurkunde und schob sie Aurora zu.
»Du weißt ja«, sagte er leise, so daß die anderen es nicht hören konnten, »daß du mit deinem wirklichen Namen unterschreiben mußt.«
Sie nickte und schluckte. Natürlich konnte sie
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