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Dornenkuss

Dornenkuss

Titel: Dornenkuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Belitz
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wie so oft neben der Schlange im Duschbecken lag, nackt und zusammengerollt, so friedlich und vertraut. Das ging zu weit.
    Ich stand auf, nahm die Kamera von ihrem Stativ und warf sie gegen die Wand. Flackernd erlosch das Bild.
    »Was fällt dir eigentlich ein?«, brüllte ich Tillmann an. »Weißt du, was du bist? Ein Stalker! Du verfolgst mich auf Schritt und Tritt, filmst mich und ihr zeigt mir das Ganze auch noch? Wisst ihr, wie krank das ist? Du hast mich verraten, das ist Verrat, was du da getan hast! Lauerst hinter mir im Gebüsch, du elender Spanner!«
    »Ellie, bitte, sprich deutsch«, mischte sich Gianna ein. »Bitte. Tillmann hat das gemacht, um dir zu zeigen, wie du bist.«
    »Wie ich bin!? Ihr müsst mir nicht zeigen, wie ich bin, ich weiß, wie ich bin – was ist so verkehrt daran? Habt ihr eigentlich eine Ahnung, wie dreist und unverschämt es ist, jemanden ohne sein Wissen zu filmen? Hast du dir dabei noch einen runtergeholt?«
    »Ellie, so redest du nicht mit ihm und auch nicht mit uns!«, blaffte Paul mich an. »Das hier, auf den Aufnahmen, das bist nicht du, merkst du das nicht? Das ist nicht die Ellie, die wir kennen und mögen!«
    Es war aber die Ellie, die ich mochte. Ich mochte diese Ellie, ich fühlte mich wohl in ihrer Haut. Niemand hatte das Recht, das zu beurteilen oder gar zu verurteilen. Tillmann hatte mich hintergangen. Wegen einer Bagatelle. Nur weil die anderen meinten, ich solle anders sein und mich anders benehmen, wie früher, als ich kreuzunglücklich war. Dabei war es ihnen damals auch schon nicht recht gewesen. Sie wussten doch selbst nicht, was sie wollten. Ich blitzte sie an, bis sie vor mir zurückwichen.
    »Wir schaffen das nicht. Es funktioniert nicht«, rief Gianna gestresst. »Tillmann, kannst du Louis reiten? Meinst du, das kriegst du hin?«
    Tillmann nickte. Meine Blicke flogen von einem zum anderen. Meinten sie das etwa ernst? Tillmann sollte sich auf den Hengst setzen? Er würde sich den Hals brechen.
    »Dann reite in den Wald und suche Colin, Louis wird ihn finden. Bitte, mach schnell, du musst Colin holen, ohne ihn schaffen wir das nicht …«
    Der Zorn sprudelte plötzlich so kochend und heiß durch meine Venen, dass ich nach vorne schoss und Tillmann mit voller Wucht ins Gesicht schlug. Sein Kopf wurde hart zur Seite gerissen und schleuderte gegen die Wand, doch er blinzelte nur kurz und wehrte sich nicht. Wahrscheinlich war ihm wichtiger, seinen nächsten Trip zu organisieren, den er von meinem Geld finanzierte. Ich würde es in Zukunft verstecken müssen.
    Ehe Paul mich packen konnte, war ich zum Fenster geeilt, hatte es geöffnet und sprang ins Freie, um hinunter an den Strand zu laufen; im Meer war ich ihnen voraus, niemand konnte so schnell und lange schwimmen wie ich. Ich stürzte mich in die Brandung, durchquerte halb kraulend, halb tauchend die Bucht und ließ mich weitab von der Piano dell’Erba von den Wellen an Land tragen. Als ich den Strand erreichte, war es schon beinahe dunkel, doch vor meinen geschlossenen Lidern zuckten immer noch grelle Blitze. Ich konnte nicht begreifen, was eben geschehen war. Warum es geschehen war. Welchen Sinn es hatte. Das hätten sie nicht tun dürfen. Das war keine Freundschaft – jemanden festzuhalten und abzubilden, ohne ihn zu fragen. Nein, das durften sie nicht. Ich musste diesen Film vernichten, die Kamera gegen die Wand zu werfen, reichte nicht aus. Ich hätte sie mitnehmen sollen. Die Aufnahmen mit Angelo konnte ich möglicherweise rausschneiden und retten, alles andere musste weg.
    Meine Füße schleiften über den steinigen Grund. Unwillig zog ich sie an. Ich wollte noch nicht an Land. Doch die nächste Welle spülte mich mit der ewigen Gnadenlosigkeit des Meeres an den Strand. Ich blieb wie Treibgut im nassen Sand liegen, ohne mich zu regen. Ich hatte nicht einmal Lust zu atmen.
    »Es ist erstaunlich. Ich war mir einen Moment lang nicht sicher, ob du nicht vielleicht doch einen Nixenschwanz hast …«
    »Hab ich nicht«, erwiderte ich schlecht gelaunt und öffnete meine schmerzenden Augen. Es war der Moment, in dem die Dämmerung siegte und die Welt sämtliche Farbe verlor. Alles grau; totes, leeres Grau. Doch bald würde die Nacht zu leben beginnen. Ich suchte Angelos Blick, der selbst jetzt in einem schwachen Türkis aufglomm, robbte zu ihm und setzte mich wie er vor das einsame, kieloben liegende Fischerboot, sodass wir beide auf das schwarze glitzernde Wasser schauen konnten. Der Sand unter uns war kühler

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