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Dornenkuss

Dornenkuss

Titel: Dornenkuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Belitz
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aus der Tasche gezogen und auf das Display geschaut hatte. »Hier, Ellie, für dich. Für dich, mach schon!«
    Widerwillig nahm ich das Gerät entgegen, drückte es aber nicht ans Ohr, sondern hielt es einige Zentimeter von meinem Kopf weg. Ich würde auch so alles verstehen können.
    »Elisabeth?«, tönte es mir entgegen. »Elisabeth, wie geht es Ihnen?«
    Ich brauchte einige Sekunden, um die Stimme zuzuordnen, doch dann fand ich den entsprechenden Namen.
    »Dr. Sand?«
    »Ja, ich bin es. Wie geht es Ihnen?«, wiederholte er.
    »Besser denn je.« Auf der anderen Seite entstand eine kleine Pause. Gianna stöhnte genervt und fuchtelte mit den Händen in meine Richtung, als würde ich etwas falsch machen.
    »Elisabeth …« Dr. Sand räusperte sich umständlich. »Es gibt etwas Wichtiges, was ich mit Ihnen besprechen muss, hier in meiner Klinik, und ich würde es begrüßen, wenn Sie so rasch wie möglich nach Hamburg reisen könnten, es hat mit …«
    In der Leitung begann es zu knistern und zu rauschen, wieder einmal eine Funkstörung, doch auch durchs Telefon witterte ich, wenn jemand log. Dr. Sand log mich an. Es gab nichts Wichtiges. Nicht in Hamburg und auch nicht im Rest von Deutschland. Ich wollte Gianna das Handy zurückgeben, aber sie drückte es mir grob ans Ohr.
    »Rede mit ihm, Ellie, bitte!«
    Doch die Funkstörung bestand immer noch. Nichts als Rauschen und Knacken. Ich zuckte mit den Schultern, legte auf und ließ das Handy auf den Boden fallen.
    »Scheiße«, wisperte Gianna. »Dann eben Plan B.«
    Plan B? Ich wollte zum zweiten Mal einen Versuch unternehmen zu flüchten, da ertönte aus dem Salon neben uns plötzlich ein merkwürdiges Scharren und Klicken. Hatten wir etwa Besuch?
    »Bist du so weit?«, rief Paul, nachdem er an die Türe getreten war.
    »Gleich. Ihr könnt schon reinkommen«, tönte es dumpf zurück.
    »Hört zu, wenn es wieder darum geht, dass wir nach Hause fahren sollen …«, wählte ich in ruhigem Ton den Weg der Vernunft, vielleicht waren sie dafür ja empfänglich, »dann fahrt ihr doch nach Hause, ohne mich. Ich hab euch das schon einige Male gesagt. Niemand ist gezwungen hierzubleiben. Ich komme auch allein klar.«
    Hatte es Paul die Sprache verschlagen? Wieso reagierte er auf nichts von dem, was ich sagte?
    Gianna antwortete dafür umso eifriger. »Das ist nicht dein Haus, Elisa, du kannst hier nicht wohnen.«
    »Du redest Blödsinn, natürlich kann ich das. Es steht sowieso leer und ich hab genug Geld, um es für die nächsten Monate zu mieten, dein Vater wird dankbar dafür sein. Ich gehe hier jedenfalls nicht weg. Das ist mein letztes Wort.«
    »Aber nicht unser letztes Wort.« Gianna griff zur Seite und stieß die Tür des Salons auf. Sie scheuchten mich hinein wie ein ausgebüxtes Tier, das dringend zurück in seine Herde sollte. Ich fand es entwürdigend, ließ ihnen aber ihren Spaß. Wenn es mir zu blöd wurde, konnte ich aus dem Fenster krabbeln.
    Ich lachte trocken auf, als ich sah, was das Rumpeln verursacht hatte. Die Möbel waren zur Seite gerückt worden, stattdessen standen ein paar Stühle in der Mitte des Zimmers. Die Fenster waren verdunkelt. An der Wand, deren Bilder nun auf dem Boden ruhten, prangte ein helles Viereck.
    »Habt ihr wieder einen Mahr gefilmt?« Ich konnte mein Lachen nur schwer bezähmen, obwohl es niemand erwiderte. »Wer ist es denn dieses Mal? Angelo? Colin? Ich bin gespannt.« Ich setzte mich auf den mittleren Stuhl und faltete die Hände vor dem Bauch. Die anderen standen betreten um mich herum. »Los, Film ab!«
    »Kannst du bitte deutsch sprechen, Ellie?«, bat mich Gianna eindringlich. »Die anderen können nicht gut genug Italienisch, um dich zu verstehen, okay?«
    Ach ja, das stimmte. Deutsch. Ich fügte mich nur ungern. »Von mir aus. Deutsch. Bitte schön.« Schwerfällig holperten die Silben über meine flinke Zunge. Was für eine grobe Sprache.
    Ich schaute zu Tillmann hinüber, der am Projektor stand, die Augen gerötet und der Blick stumpf. Seine Nase und seine Oberarme waren verbrannt, doch seine Wangen zierte eine ungesunde Blässe. »Was ist eigentlich mit dir los? Du siehst beschissen aus.«
    »Ich bin drogenabhängig«, antwortete er schlicht.
    Gianna seufzte klagend auf und verbarg ihr Gesicht für eine Sekunde an Pauls Schulter.
    »Also doch. War irgendwie klar, oder?« Es verwunderte mich kaum. Er hatte sich übernommen, indem er glaubte, seinen Konsum kontrollieren zu können. Sein Charakter war zu wankelmütig,

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