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Dornenliebe

Titel: Dornenliebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Feher
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erzählt wird oder was der Beamer an die Leinwand projiziert. Am Morgen nach dem Streit mit Falk hat sie sowohl Jaron als auch Sarah eine SMS geschickt, es gehe ihr gut, sie sei aber im Stress und wolle sich erst mal in Ruhe ans Unileben gewöhnen. Seither hat sie von beiden nichts mehr gehört, hat selbst die Plätze gemieden, an denen sie Sarah oder Jaron vermutete: die Cafeteria, die Mensa, das Foyer. Auch anderen Kommilitonen gegenüber verhält sie sich zurückhaltend, wechselt nur belanglose Halbsätze mit Luise, Hanna, Merete und Clara, steht nach den Vorlesungen immer schnell auf und verlässt den Raum, um irgendwo allein ihre mitgebrachten Brote zu essen und mit Falk zu telefonieren. In jeder Pause ruft er sie an, Luna hat es aufgegeben, sich zu fragen, woher er stets genau weiß, wann sie Vorlesungen besucht und wann nicht. Er weiß es immer, nicht nur, weil er das Semesterverzeichnis gründlicher studiert hat als sie. Er ruft sie auch an, wenn eine Vorlesung ausfällt und sie dies erst am selben Vormittag erfahren hat. Meldet
er sich nicht, wählt sie seine Nummer und erstattet Bericht darüber, was sie getan hat und mit wem sie zusammen war. Ob es wirklich stimmt, dass er über alles, was sie tut, informiert ist, weiß Luna nicht. Doch allein seine Behauptung, es wäre so, genügt, dass sie sich rund um die Uhr beobachtet fühlt.
    Nach einiger Zeit beginnt sie, den Kontakt zu den vier Mädchen aus dem ersten Semester zu intensivieren. Mit ihnen vergleicht sie ihre Notizen, ergänzt, was noch fehlt, sie helfen sich gegenseitig, Literatur für die ersten Hausarbeiten zu sichten. Falk gegenüber hat sie diese Freundschaften als bereichernder beschrieben, als sie sie wirklich empfindet, sie verrät ihm nicht, dass sie nicht warm wird mit ihnen, dass sie das Gefühl hat, zwischen ihr und den anderen stünde eine unsichtbare Mauer, weil sie einander nur wenig Persönliches erzählen, selten lachen, es geht immer nur um den Lernstoff. Aber zu ihnen lässt Falk sie gehen, die Bekanntschaft mit dem »Streberkleeblatt«, wie Luna die vier insgeheim nennt, verschafft ihr die Möglichkeit, ab und zu nachmittags unterwegs zu sein, in Buchhandlungen, Bibliotheken, Cafés, Pizzerien. Sofern Luna glaubhaft versichern kann, sie sei mit den vier Kommilitoninnen in der Stadt, bricht Falk zumindest keinen Streit vom Zaun. Sarah und Jaron meidet sie, obwohl sie sich nach ihnen sehnt, nach der Leichtigkeit, die sie gespürt hat, als sie während der Kneipentour an Jarons Seite gewesen ist. Einige Male hat sie Jaron von Weitem gesehen, er hat ihr zugewunken, doch sobald er einige Schritte auf sie zugegangen ist, hat sie sich umgedreht und eine andere Richtung eingeschlagen, sich im Gewühl zwischen anderen Studenten versteckt, so getan, als hätte sie ihn nicht bemerkt. Seit mehr als einem Monat hat sie weder mit ihm noch mit Sarah geredet, und je mehr Zeit verstreicht, desto weniger wagt sie, noch auf einen von
ihnen zuzugehen. Beide haben sie vom ersten Tag an in ihren Kreis aufgenommen und ihr den Start in der neuen Stadt und in der Uni erleichtert - und nun lässt sie sie hängen. Bestimmt haben sie es längst aufgegeben, noch mit Luna zu rechnen.
    Wenn sie nicht mit ihren Kommilitoninnen lernt, vertieft sich Luna zu Hause in ihre Bücher und Notizen, liest und schreibt, recherchiert im Internet über die Themen, die in den Vorlesungen behandelt werden. Wartet auf den Abend, wartet darauf, dass Falk Feierabend hat. Termine mit Kaufinteressenten seiner Immobilienfirma können zu jeder Zeit stattfinden. Zwischendurch ruft er sie an, manchmal kommt er auf einen Sprung vorbei, auf einen Kaffee, eine schnelle Mahlzeit, die Luna mit ihren wenigen Mitteln, so gut sie kann, für sie beide zaubert: Omelette mit Tomaten; Sandwichs; Broccolicremesuppe, Süßspeisen. Das sind die Stunden, in denen Falk wieder der ist, in den sie sich verliebt hat, mit seiner Freude, sie zu sehen, seinem Lob für ihre geschickt zubereiteten Snacks, dem von ihm abfallenden Stress, sobald er ihre Wohnung betritt. Während dieser Stunden bemüht auch Luna sich, ihm alles recht zu machen, Falk keinen Grund für Misstrauen zu geben, ganz für ihn da zu sein. Versucht zu entspannen, sie und Falk kennen sich noch nicht gut, Liebe braucht Zeit, um zu wachsen.
    Luna versucht zu verdrängen, dass sie jedes Mal durchatmet, wenn Falk wieder gegangen ist. Dass sich ihr Herzschlag verlangsamt und ihre Schultern weicher werden, sobald seine Schritte vor dem Haus

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