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Dornenliebe

Titel: Dornenliebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Feher
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zu finden. Als sie den Boden frei geräumt hat, saugt sie noch einmal durch, dann stellt sie die neuen Pflanzen vor das Fenster, verteilt Kerzenhalter und Dekorationsstücke, legt neues Papier in Falks Drucker, obwohl sie nicht sicher ist, dass er noch funktioniert; Falks Laptop hat einen integrierten Drucker, den er immer benutzt. In seinen Stiftehalter stellt sie ein paar frisch gespitzte Bleistifte, ein neues Lineal und Fineliner in vier verschiedenen Farben, wischt noch einmal feucht über die Tischplatte. Falk hat einen Pullover achtlos in ein Regalfach geknüllt, Luna nimmt ihn heraus und legt ihn glatt über den Drehstuhl, schaltet die Schreibtischlampe und den Deckenfluter ein. Schließlich tritt sie zurück in den Türrahmen, um ihr Werk zu begutachten.
    So schön war das Zimmer vielleicht noch nie, denkt sie. Falk wird sich freuen. Es ist wirklich toll geworden, und niemand wird merken, dass es bis vor wenigen Stunden mehr einer Rumpelkammer glich als alles andere. Noch einmal streift sie durch den Raum, fährt mit den Fingern über die frischen Blätter der Zimmerpflanzen, lächelt vor sich hin, es wird Falk gefallen, es muss einfach. Sie wirft einen Blick auf ihr Handy, Falk hat nicht geschrieben, keine Drohung, er wisse, wo sie gewesen sei. Tief durchatmend versucht sie, sich zu entspannen, vielleicht geht alles gut.
    Wenige Augenblicke später das Geräusch seines Schlüssels in der Wohnungstür. Unwillkürlich strafft sie ihren
Körper, streicht ihre Haare glatt, wirft einen hastigen Blick in den Spiegel im Bad, eilt nach vorn, um ihn zu begrüßen.
    Aber Falk kommt ihr zuvor.
    »Der Zweitschlüssel hängt nicht an seinem Haken«, bemerkt er. »Wo warst du?«
    Luna schluckt. Der Schlüssel liegt noch in ihrer Tasche, zu dumm, dass sie vergessen hat, ihn zurückzuhängen. Aber gleich hätte Falk ohnehin erfahren, dass sie außer Haus war. Es kann nichts passieren, sagt sie sich im Stillen. Flucht nach vorn.
    »Ich habe eine Überraschung für dich«, verkündet sie, nachdem Falk seine Jacke aufgehängt und sich die Hände gewaschen hat. »Komm mit.« Sie greift nach seiner Hand und lächelt ihm verheißungsvoll zu, lotst ihn zum Arbeitszimmer, öffnet die Tür. Die Lichter hat sie extra nicht gelöscht; der indirekte Schein der Lampen lässt den Raum besonders einladend und behaglich wirken.
    Falk bleibt einen halben Meter hinter dem Türrahmen stehen, zieht sich aus Lunas Griff, verschränkt die Arme vor der Brust. Luna geht ihm voraus.
    »Komm doch rein«, sagt sie. »Es ist schön geworden, nicht wahr? Und wirkt absolut glaubwürdig. Wie das Arbeitszimmer eines viel beschäftigten jungen Mannes.«
    Falk schweigt. Atmet, schweigt. Tritt nicht näher, bewegt sich nicht. Aus dem Augenwinkel bemerkt Luna seine unbewegte Miene, seinen erstarrten Körper, seinen eingefrorenen Mund.
    »Was ist denn?«, fragt sie leise, er kann nichts bemerkt haben, versucht sie, sich selbst zu beschwören, Jaron ist rechtzeitig weggefahren, mindestens eine halbe Stunde war ich allein hier, eher länger, aber vielleicht waren sie zu leichtsinnig, haben verdrängt, was Falk immer wieder verdeutlicht hat: Ich sehe dich, was immer du tust. Vielleicht
weiß er alles, hat sie beobachtet, hat gesehen, wie Luna schwebte, als sie an Jarons Seite war, hat ihre Fröhlichkeit verfolgt, die heimlichen Küsse beobachtet. Sie sind so dumm gewesen.
    Luna spürt, wie eine kalte Hand nach ihrem Herzen greift, hat das Gefühl, aus ihrem Körper zu treten, das hier passiert nicht wirklich, denkt sie; und während er sie mit hartem Griff am Oberarm packt, fühlt sie, dass etwas in ihr aufsteigt, das sie nicht aufhalten kann, das sie nicht gewollt hat, Angst, Panik, doch wie eine Beobachterin von außen wartet sie ab, was nun passiert, unbeteiligt, gestaltlos. Falks Finger bohren sich in Lunas Fleisch, mit der anderen Hand greift er in ihre Haare, reißt ihren Kopf zurück, ihre Augen streifen sein verzerrtes Gesicht, mit einem zornigen Aufschrei stößt er sie in das Zimmer, eine ihrer Fußspitzen bleibt an der Türschwelle hängen, sie strauchelt und fällt zu Boden, bleibt liegen, das ist alles nicht wahr, denkt sie, das bin nicht ich, es ist gleich vorbei, das bin nicht ich, das hier sind nicht wir, es gibt gar kein wir zwischen mir und Falk.
    Erst jetzt spürt sie, dass ihr rechtes Handgelenk schmerzt, sie hat sich ungünstig abgefangen, vorsichtig hebt sie den Kopf, sieht Falks Schuhe, seine Hosenbeine, die links und rechts von ihrem Kopf

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