Dornenliebe
Männer cool.
»Bei mir hängt das auch überm Bett«, sagt plötzlich eine vertraute Stimme hinter ihr. »Ist es für Falk?«
Luna fährt zusammen und wendet sich um. Jaron! Wie kommt das, es kann doch gar nicht sein, dass Jaron hier auftaucht, er wohnt doch in einem ganz anderen Stadtteil! Aber er ist es wirklich, er strahlt sie an aus seinen warmen hellbraunen Augen, nimmt ihr das zusammengerollte und in Cellophan verpackte Bild aus der Hand, ohne ihre Antwort abzuwarten, und schiebt es in das Regalfach zurück, aus dem sie es entnommen hat.
»Nicht das«, sagt er mit sanfter Stimme. »Du weißt schon, warum. Immer kannst du nicht daran denken, aber glaub mir: Nimm es lieber nicht.«
Die Tiefe unter dem Stahlträger auf dem Bild. Teresa. Thore. Lunas eigene Angst auf dem Riesenrad und beim Fensterputzen. Ich muss völlig neben mir stehen, denkt Luna; sonst wäre ich nie auf die Idee gekommen, gerade
dieses Bild auszuwählen. Jaron muss mich für vollkommen unsensibel halten.
»Was machst du hier Jaron?«, fragt sie und ärgert sich selbst über diese unfreundliche Begrüßung.
Er jedoch lächelt sie fröhlich und warmherzig an wie immer. »Ich jobbe hier dreimal in der Woche, wusstest du das nicht? Meine Eltern haben nicht so viel Kohle, da ist ein Nebenverdienst ganz gut.« Jaron schlägt ein Poster nach dem anderen um, über dem Regal sind sie alle in Rahmen präsentiert, die man umblättern kann wie ein überdimensionales Buch. Etwas Geeignetes ist nicht dabei.
»Vergiss es«, meint er schließlich. »Falk kauft seine Bilder normalerweise auf Vernissagen befreundeter Künstler, den kannst du mit Postern nicht beeindrucken. Hat er Geburtstag?«
Luna schüttelt den Kopf und erzählt ihm, was sie vorhat. Jaron nickt, hört zu, schlendert mit ihr durch den Laden, nimmt dies und das in die Hand. Luna kauft zwei Kerzenhalter in altrömischem Stil, denen man nicht ansieht, wie preiswert sie waren, austauschen kann Falk sie später immer noch, erst mal geht es nur darum, ein Arbeitszimmer vorweisen zu können.
»Ich bin in fünf Minuten fertig mit meiner Schicht«, sagt Jaron, nachdem Luna alles bezahlt hat. »Magst du solange warten? Dann können wir noch ein bisschen durch die Gegend bummeln. Ich freue mich so, dich zu sehen.« Kurz denkt Luna, sie sollte lieber Nein sagen. Was, wenn Falk sie mit Jaron sieht? Was, wenn er schon wieder zu Hause ist und auf sie wartet? Aber er hat ja gesagt, er wäre länger weg, und es wäre so schön, noch ein bisschen mit Jaron zusammenzusein.
Also gibt sie sich einen Ruck.
»Gern«, sagt sie leise.
Nachdem Jarons Schicht zu Ende ist, laufen sie durch die Einkaufsstraße, erstehen in einem Schreibwarenladen Stifte und Ablagekörbe, danach bleiben sie vor einem Blumengeschäft stehen.
»Pflanzen«, sagt Luna. »Pflanzen müssen auf jeden Fall sein. Hilfst du mir tragen?«
»Kauf, was du willst.« Jaron hebt die Schultern und grinst breit. »Mein Auto steht gleich um die Ecke.«
»Du hast ein Auto?«
»Kein so schickes wie Falk, aber ein paar Blumentöpfe kann man damit schon transportieren.«
Sie kaufen eine Bananenpflanze und einen neuen Ficus Benjamini, Jaron trägt die Töpfe auf seinen Armen bis in die Schillerstraße und stellt sie auf der Motorhaube eines alten Kombi ab. Gemeinsam verfrachten Luna und er sie in den Laderaum, ebenso die Tüten mit den anderen Sachen, dann kehren sie zurück in die Einkaufsstraße. Einmal das Denken ausschalten, sagt Luna im Stillen zu sich selbst, nicht grübeln, ob Falk sie vielleicht sieht, einfach nur genießen, Jaron und sie tun nichts Schlimmes. In einem Elektromarkt hören sie CDs über Kopfhörer, in einem Billigladen kaufen sie sich die gleiche Mütze und streiten sich lachend, wem sie besser steht. Jaron besorgt Weihnachtsgeschenke für seine Schwester und Luna berät ihn dabei, sucht ein gebatiktes Seidentuch in sonnigen Farben aus, findet passende Ohrringe dazu. Sie bemerkt ein paar weihnachtlich nach Zimt duftende Buden und zieht Jaron zu einem Stand mit gebrannten Mandeln und Marzipankartoffeln, wenige Meter weiter trinken sie Glühwein aus Plastikbechern, reden und lachen miteinander, Luna denkt, dass sie sich schon lange nicht mehr so ausgelassen gefühlt hat.
»Da hinten ist Katharina«, bemerkt Luna plötzlich. »Dort drüben auf der anderen Seite, sie kommt gerade aus dem Schnellrestaurant.«
»Scheiße!«, flüstert Jaron, springt hinter einen Stromkasten und zieht Luna mit sich in die Hocke.
»Was hast
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