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Dornenschwestern (German Edition)

Dornenschwestern (German Edition)

Titel: Dornenschwestern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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Thronfolgers, Prinz Edward, zu unterstützen?»
    «Ich schwöre es», sage ich, denn ich weiß nicht, was ich sonst antworten soll.
    «Schwör mir die Treue», sagt er ruhig.
    Isabel stößt mich leicht an der Schulter an, und ich sinke auf die Knie vor dem Mann, der mir einst wie ein Bruder, mein König und dann mein Feind war. Ich blicke zu ihm hoch, weil ich nicht weiß, ob ich seinen Stiefel küssen soll, und überlege, wie tief ich mich hinunterbeugen muss. Wie im Gebet lege ich die Hände aneinander, und Edward legt seine Hände darauf. Sie sind warm.
    «Ich vergebe dir, und ich begnadige dich», sagt er fröhlich. «Du wirst bei deiner Schwester leben, und ich werde eine Ehe für dich arrangieren, wenn dein Witwenjahr vorüber ist.»
    «Meine Mutter …», setze ich an.
    Isabel macht eine kleine Bewegung. Doch Edward hält mit ernster Miene die Hand hoch, um uns zum Schweigen zu bringen. «Eure Mutter hat ihre Stellung missbraucht und ihrem König nicht die Treue gehalten», sagt er. «Für mich ist es, als wäre sie tot.»
    «Für mich auch», beteuert Isabel, die Abtrünnige, rasch.

Tower of London

21 . Mai 1471
    E s folgt eine weitere Szene, aufgeführt von dem Hause York für die Bürger von London. Die Königin von England, Elizabeth Woodville, steht auf einem großen hölzernen Podest, das vor der Tür zum White Tower errichtet wurde, ihre drei Töchter neben sich, ihr kleiner Sohn in einem goldenen Gewand liebevoll in den Armen der Großmutter, der Hexe Jacquetta. Isabel steht neben der Königin, ich neben Isabel. Der Bruder der Königin, Anthony Woodville, der jetzt den Titel seines Vaters erbt und Lord Rivers ist, der seine Schwester gerettet hat, als sie im Tower belagert wurde, und die zerstreuten Überreste der lancastrianischen Armee vernichtet hat, führt seine Leibwache an, die am Fuß der Stufen Aufstellung genommen hat. Die Leibgarde der Königin hat auf der anderen Seite Stellung bezogen. Hinter dem Geländer in Blau und Braunrot – den Farben Yorks – warten die Bewohner von London ungeduldig wie bei einem Turnier auf die Vorführung.
    Das große Tor in der Mauer des Towers geht knarrend auf, die Zugbrücke senkt sich mit einem dumpfen Schlag über den Graben. Edward, prächtig anzusehen in einer emaillierten Rüstung und mit einem goldenen Reif um den Helm, führt auf einem wunderschönen braunen Schlachtross seine Lords an, seine Brüder links und rechts neben ihm und hinter ihm seine Wachen. Trompetenstöße ertönen, die York-Standarten mit der aufgestickten weißen Rose von York und ihrer Insigne, der Sonne im Strahlenkranz, flattern im Wind, der vom Fluss heraufweht. Die drei Sonnen stehen für die drei wiedervereinten Söhne Yorks. Hinter den siegreichen Söhnen von York kommen weiße Maultiere mit einer Sänfte, die mit Silberstoffen drapiert ist; die Vorhänge sind zurückgezogen, damit jeder sehen kann, dass darin die frühere Königin sitzt, meine Schwiegermutter, Margarete von Anjou, in einem weißen Kleid, das Gesicht bar jeder Regung.
    Ich senke den Blick auf die Füße, richte ihn auf die flatternde Standarte mit der Sonne im Strahlenkranz, überallhin, nur nicht auf sie, aus Angst vor ihren leeren, zornigen Augen. Edward sitzt ab, reicht das Schlachtross seinem Edelknaben und kommt die Stufen des Towers hinauf. Elizabeth, die Königin, geht auf ihn zu, und er nimmt ihre Hände und küsst sie auf ihren lächelnden Mund. Jacquetta tritt vor, und dann erhebt sich lauter Jubel, als er seinen kleinen Sohn und Erben der Menschenmenge präsentiert. Dies ist Edward, Prince of Wales, der nächste König von England, Prinz Edward von Wales. Das Kind wird den Platz des toten Lancaster-Prinzen einnehmen, bei dessen Beisetzung weder seine Mutter noch ich zugegen war. Dieser Junge wird König, doch weder ich noch Isabel werden seine Gemahlin und damit Königin sein.
    «Lächele», ermahnt Isabel mich leise, und plötzlich lächele ich und falte die Hände, als würde auch ich dem triumphierenden Hause York applaudieren, so aufgeregt, dass ich kaum ein Wort herausbringe.
    Edward reicht den Jungen seiner Gemahlin und geht die Stufen hinunter zu der Sänfte. Die älteste Prinzessin, die kleine Elizabeth, gerade einmal fünf Jahre alt, schmiegt sich an ihre Mutter und klammert sich wie Schutz suchend an ihrem Kleid fest. Sanft legt die Königin ihrer Tochter eine Hand auf die Schulter. Dem kleinen Mädchen hat man gewiss von der Wiege an furchtbare Geschichten über Margarete von Anjou

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