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Dornentöchter

Dornentöchter

Titel: Dornentöchter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josephine Pennicott
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sie Maria auf. Sie verspeisten das einfache Mahl, und Maria erzählte ihr nebenher den ganzen Tratsch aus der Stadt.
    »Ich hatte gehofft, dass Gracie kommt«, meinte Sadie. »Ich hab sie eingeladen, aber sie hat nicht geantwortet.«
    »Ach, du kennst doch Gracie. Sie schmollt wegen Gary wie eine Dreijährige. Lass ihr ein bisschen Zeit, sie kommt schon drüber weg. Und es wird ihr leidtun, dass sie den Nachtisch verpasst hat.« Grinsend löffelte Maria den letzten Rest Eiscreme. »Hat dir Simon eigentlich gefallen?«, fragte sie plötzlich. »Er schien ziemlich angetan von dir.«
    »Meinst du das ernst?« Sadie öffnete die zweite Flasche von Gracies Wein. »Ich fand, er wirkte recht barsch. Ich hatte das Gefühl, dass er absolut nichts von mir hält. Es waren ja kaum mehr als zehn höfliche Worte aus ihm herauszubekommen.«
    »Deshalb weiß ich, dass er von dir angetan war.« Maria lächelte. »Wie ich schon auf dem Markt sagte, es geht mich nichts an und ich werde auch nichts weiter dazu sagen, falls du etwas mit Gary anfängst. Aber ich würde nur ungern zusehen, wie er das Leben einer weiteren meiner Freundinnen zerstört. Und die Leute reden hier. Das ist das Schlimmste an einer Kleinstadt. Sie zerreißen sich schon das Maul, seit man dich mit ihm vor der Scheune gesehen hat.«
    »Keine Sorge, Maria«, versicherte Sadie ihr. »Ich gebe zu, als ich Gary das erste Mal gesehen habe, fand ich ihn schon irgendwie attraktiv. Aber er ist nicht wirklich mein Typ. Ich wünschte nur, Gracie würde ihm nicht weiter nachstellen und mir verzeihen, was auch immer ich ihrer Meinung nach getan habe. Ich vermisse sie!«
    Maria erhob ihr Glas. »Auf abwesende Freunde!« Als sie miteinander anstießen, fragte sich Sadie, was wohl ihre Großmutter von all diesem sensationslüsternen Klatsch gehalten hätte. Manche Dinge veränderten sich selbst über Jahrzehnte hinweg nicht. Die Leute waren immer wild darauf, sich über Sex und Skandale auszulassen.
    »Ich sollte dann mal los«, verkündete Maria schließlich widerwillig. »Warum vereinbaren wir nicht einen Termin, um diesen Keller zu streichen? Ist doch eine Schande, den einfach den Spinnen und dem Staub zu überlassen.«
    »Maria, glaubst du an Geister?« Sadie kam sich albern vor, ihrer pragmatisch denkenden Freundin diese Frage überhaupt zu stellen.
    »Tue ich«, antwortete Maria überraschenderweise. »Ich habe sogar mal einen Geist im Piratennest gesehen, kurz nachdem wir es gekauft hatten. Davor dachte ich immer, Leute, die behaupten, sie hätten Geister gesehen, wären ein bisschen plemplem. Aber sie stand da im oberen Schlafzimmer, so klar und deutlich, wie ich dich jetzt vor mir sehe. Eine Art Dienstmagd mit langer weißer Schürze und altmodischen Kleidern und steckte das Bettzeug fest. Ich habe sie gesehen und sie hat sich umgedreht, als könnte sie mich nicht sehen – dann ist sie verblasst. Das Ganze war so bizarr. Ich habe sie Rhonda getauft, und wir hatten gehofft, sie wieder zu sehen, aber nein. Die Gäste lassen sich trotzdem gerne von unserer Geistermagd erzählen.«
    »Glaubst du, in diesem Haus hier spukt es?«, fragte Sadie.
    Maria schaute sich um. »Alle behaupten, dass es so ist, weil Pearl hier umgebracht wurde. Und es ist wirklich kalt da drinnen. Ich weiß nicht. Ich müsste sie sehen, bevor ich es glaube!« Maria lachte. »Pearl war schon ein seltsamer Vogel, nicht wahr?« Sie wies mit der Hand auf die Skulpturen im Garten. »Ihre Geschichten sind ziemlich düster. Diese ganzen Stachelranken-Männer, die Dinge verschlingen. Ich glaube, eine Menge kreativer Menschen sind ein bisschen verrückt.« Sie senkte die Stimme. »Thomasina scheint mir auch nicht alle Tassen im Schrank zu haben, wenn ich das so sagen darf.«
    Nachdem Maria gegangen war, saß Sadie noch eine Weile im Garten und versuchte, nicht an die wartenden Artikel zu denken. Es war so verlockend, in der Sommerhitze ein Schläfchen zu halten, und der Alkohol machte sie müde. Durch halb geschlossene Lider betrachtete sie die Statuen der Stachelranken-Männer mit ihren erhobenen Fäusten und offenen, schreienden Mündern. Als kleines Kind hatte sie Alpträume bekommen, als Marguerite ihr zum ersten Mal die Geschichten vorlas. Daraufhin hatte Marguerite die Bücher versteckt, aber natürlich machte die Angst für die kleine Sadie einen Teil des Reizes aus. Obwohl sie die Bücher von Enid Blyton, Roald Dahl, Edith Nesbit und Ethel Turner bevorzugte, blieb die Erinnerung an die Figuren in Pearls

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