Dornroeschenmord
nachdenklich an. »Und was ist mit Edward? Wolltest du dich nicht auch mit ihm treffen?«
Dorothees Frage ernüchterte Mandy schlagartig.
»An Edward will ich nicht mehr denken. Eigentlich beschäftige ich mich noch immer viel zu sehr mit ihm. Aber nicht, weil ich immer noch großartige Gefühle für ihn hege.« Sie blickte ihre Freundin ernst an. »Ich glaube, er könnte der Mörder sein.« Sie berichtete Dorothee von ihrem Gespräch mit Edward und von der Entdeckung, die sie in Elisabeth Hellers Wohnung gemacht hatte.
»Du erstaunst mich wirklich sehr«, sagte Dorothee. »Ich finde, du bist viel zu voreilig, was deine Meinung über Edward und seine Verstrickung in die Morde angeht. Denk doch mal logisch. Du warst zwei Jahre mit ihm zusammen, und in zwei Wochen änderst du deine Meinung über ihn grundlegend. Wäre es dir vor ein paar Monaten jemals in den Sinn gekommen, Edward könnte ein psychopathischer Mörder sein? Außerdem liegen seine Affären mit diesen Frauen schon sehr weit zurück. Warum sollte er sie also nach so langer Zeit umbringen? Hast du dir das schon einmal überlegt?«
Die Worte der Freundin leuchteten Mandy ein, aber sie konnte nicht vergessen, was sie in Elisabeth Hellers Wohnung beobachtet hatte.
»Ich habe keine Ahnung, wieso das Feuerzeug auf dem Tisch gelegen hat«, sagte Dorothee, als würde sie Mandys Gedanken erraten. »Vielleicht hat er sie vorher doch besucht und wollte es vor dir nur nicht zugeben, um sich nicht noch verdächtiger zu machen. Es gibt Hunderte von Möglichkeiten. Ein Mord braucht immer ein Motiv und nicht nur Indizien. Und in diesem Fall hast du zwar ein Indiz, aber wo ist Edwards Motiv?«
Mandy wurde nachdenklich. Was Dorothee sagte, klang überzeugend. Wieso war sie nur so schnell von Edwards Schuld überzeugt gewesen? Weil es für sie so leichter war, sich endgültig von ihm zu lösen? Wenn sie ganz tief in sich hineinhorchte, dann lag die Antwort doch parat.
Dorothee beobachtete Mandy aufmerksam. Sie hatte nie einen Hehl aus ihrer Abneigung gegenüber Edward gemacht. Aber es überraschte sie, daß die Zeit mit Edward für Mandy offensichtlich so rasch an Bedeutung verloren hatte. Ihr überschwenglicher Wechsel zu Bergerhoff irritierte sie.
»Bist du eigentlich ernsthaft in diesen Frederick verliebt?«
»Ich glaube schon, denn mit ihm habe ich etwas wiedergefunden, was mit Edward schon lange verloren war. Er gibt mir das Gefühl, mich ganz und gar zu wollen.«
»Fängt so nicht jede Liebesgeschichte an? Versteh mich nicht falsch, ich will dir deine Illusionen nicht rauben, aber ich glaube, du glorifizierst das Ganze. Ich erinnere mich noch sehr genau, als du mir vor zweieinhalb Jahren das erstemal von Edward erzählt hast. Deine Augen haben genauso gestrahlt, und deine Worte waren fast dieselben.«
»Dorothee, was soll das denn jetzt? Erst rätst du mir, mich von Edward zu trennen, und jetzt tut es dir leid um ihn. Ich habe beinahe den Eindruck, du gönnst mir die Sache mit Frederick nicht.« Mandy funkelte ihre Freundin aufgebracht an.
»Natürlich gönne ich dir deinen Frederick«, versuchte Dorothee sie zu besänftigen, »und glaub mir, ich würde dir wirklich wünschen, daß du bei ihm das findest, wonach du suchst. Was mich wundert, ist dein fliegender Wechsel. Im nachhinein werden nicht nur deine großen Gefühle für Edward unglaubwürdig, sondern auch die für Frederick.«
»Und das aus dem Mund einer Frau, die seit gut einem Jahr ihre Nächte nur noch mit ihrem Teddy verbringt! Was weißt du denn von großen Gefühlen?«
»Deine Antwort zeigt mir nur, daß ich mit meiner Theorie ins Schwarze getroffen habe. Und meinen Teddy habe ich übrigens letzte Woche den SOS-Kinderdörfern gespendet.« Sie strich sich die langen dunklen Haare hinter die Ohren und sah Mandy herausfordernd an.
»Oh«, sagte Mandy gedehnt. »Wir sind jetzt also ganz allein?« Sie hielt inne, denn Dorothee blickte sie verletzt an. »Ich wollte dir nicht weh tun, aber ich verstehe nicht, warum du so vehement gegen diese Geschichte sprichst. Und was Edward angeht, soll ich jetzt mein Leben lang um ihn trauern?«
Dorothee schwieg. Mandy kaute betreten an ihrem kleinen Fingernagel. Sie verstand selbst nicht, warum sie so gereizt auf Dorothees Argumente reagierte. Hatte sie sich Frederick wirklich nur als Trostpflaster auf die wunde Seele geklebt? Oder war er doch mehr? Sie kuschelte sich an ihre Freundin und sah sie hilflos an: »Was soll ich denn tun?«
»Weißt du, Mandy,
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