Dornröschens Erwachen
Hasse s ga r nich t richti g bewuss t wurde . Si e bemerkte , da ss sic h da s Mädche n au f die
Bettkant e setzte , un d be i de r bloßen Berührun g de s rauhe n Stoff s ihre r Schürz e spürte Dornrösche n Stich e i n ihre m wunden , schmerzende n Fleisch.
Ih rwar,alsseiihrPoangeschwollen
undsogerötet,dasserleuchtete.Dochgleichzeitig wusst e sie , da ss de m nich t s o war . Ausgerechne t diese s Mädchen , da s sic h s o seh r bemüht hatte , de m Prinze n z u gefalle n z u sein , inde m e s si e vie l unbarmherzige r geschlage n hatte,
al s e r ahnte , sollt e ih r jetz t helfen , di e Schmerze n z u lindern.
Ei n feuchte s Tuc h stric h übe r ihre n Nacken , ihr e Schultern , ihr e Arme . E s streichelt e ihren Rücken , dan n ihr e Schenkel , Bein e un d Füße , wobe i da s Mädche n ihr e Scha m un d die wunde n Stelle n sorgfälti g mied . Doc h al s di e Tochte r de s Herbergswirt s da s Tuch ausgewrunge n hatte , berührt e si e leich t ihr e Pobacken.
„Oh,ichweiß,dasseswehtut,liebstePrinzessin“, meintesie.„Estutmirsoleid,aberwas sollt e ic h tun , al s de r Prin z mi r d i ese n Befeh l gab? “
De r Stof f schmerzt e au f der
geschundene n Haut , un d Dornrösche n begrif f jetzt , da ss si e diese s Ma l tief e Striemen davongetrage n hatte . Si e stöhnte , un d obwoh l si e diese s Mädche n mi t eine r Inbruns t hasste, di e si e i n ihre m kurze n Lebe n noc h n iemal s empfunde n hatte , s o bo t ih r da s feucht e Tuch
jetz t doc h Linderung. Es warwieeinesanfteMassage.UndwährenddasMädchensie weitermitvorsichtig kreisende n Bewegunge n abrieb , wurd e Dornrösche n ruhige r un d ruhiger.
„Liebst e Prinzessin“ , ho b da s M ädche n an , „ic h weiß , wi e d u leidest , abe r e r is t s o hübsch un d mu ss seine n Wille n habe n-mankannsichnichtdagegenwehren.Bitteredemitmir. Bitt e sa g mir , da ss d u mic h nich t verachtest.“
„Ic h veracht e dic h nicht“ , erwidert e Dornrösche n mi t fas t tonlo s e r Stimme . „Wi e könnt e ich dic h verachte n ode r di r Vorwürf e machen?“
„Ichmussteestun.UndwasfüreinSchauspieldaswar!Prinzessin,ichmussdiretwas gestehen . D u wirs t mi r vielleich t bös e sein , abe r vielleich t wir d e s dic h auc h trösten.“
Dornröschen s chlossdieAugenunddrückteihreWangegegendasKissen.Siewolltenichts hören.AbersiemochtedieStimmedesMädchens undihresanfteundrespektvolle
Art.Das Mädche n hatt e si e nich t verletze n wollen . Dornrösche n erkannt e jene n Respek t un d jene Demut, di e ih r zei t ihre s Leben s ihr e Bedienstete n entgegengebrach t hatten . E s wa r die
gleich e Haltung , selbs t be i diese r Person , di e si e i n eine r Tavern e übe r ih r Kni e geleg t und imBeiseinungehobelterMännerundBauernverdroschenhatte.Dornröschensahsie v or ihre m geistige n Aug e - wi e si e i n de r Küchentü r stand , da s kleine , rund e Gesich t von dunkle n Locke n umrahmt , di e großen Auge n volle r Besorgnis . Wi e unnahba r de r Prin z ihr
erschiene n sei n musste ! Musst e si e nich t jede n Augenblic k fürchten , da ss de r Prin z be fehlen könnte , si e auszuziehe n un d z u erniedrigen ? Be i diese m Gedanke n musst e Dornröschen
beinah e lächeln . Si e empfan d Mitgefüh l mi t de m Mädche n un d wa r ih r dankba r dafür , mit
welche r Vorsich t ihr e Händ e ih r verwundete s Fleisc h behandelten.
„Nun“, sagte Do r nröschen , „wa s möchtes t d u mi r sagen? “
„Nur , da ss d u s o lieblich anzusehe n warst , liebst e Prinzessin , da ss d u s o schö n bist . Selbs t dann , al s d u dic h quältest. ...Oh,wiewenige,dieschönzuseinscheinen,
hätten ihreSchönheit beisolcheinerPrüfung bewahre n können ! Un d d u wars t s o schön , Prinzessin .“
Wiede r un d wiede r sagt e si e dieses
Wor t- schö n-suchtesichtlichnachanderenWorten,wussteaberkeinbesseres.
„Duwarst so...soanmutig,Prinzessin“,sagtesieschließlich.
„DuhastdeinLossotapfer und gehorsa m vo r seine r Hoheit , de m Prinzen , getragen.“
Dornrösche n schwieg . Si e dacht e a n diese n Vorfal l zurüc k un d überlegte , wa s da s Mädchen dabe i woh l empfunde n hatte . Abe r dan n wurd e Dornrösche n di e Demütigun g s o schmerzhaft bewusst,dasssiekaummehr dara n z u denke n vermochte . Diese s Mädche n hatt e si e au s der Näh e betrachtet , hatt e di e Röt e ihre s gemarterte n Fleische s gesehe n un d zugeschaut , wie si e sic h vo r Schmerze n gewunde n
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