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Dornröschenschlaf

Dornröschenschlaf

Titel: Dornröschenschlaf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Gaylin
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trocken war, hatten ihn weiter fest im Griff.
    Es war alles andere als leicht für ihn gewesen, bei Miss Spectors Anruf an den Apparat zu gehen. Er fand es einfach schrecklich, unfreundlich zu sein, und wenn er im Rahmen seiner Arbeit hin und wieder einen Menschen feuern musste, überließ er diesen Job am liebsten den Kollegen und Kolleginnen im Personalbüro.
    Aber jetzt war es geschafft. Nelson hatte seinen Teil der Abmachung erfüllt. Wie von Mr Klavel während ihres zweiten Telefongesprächs verlangt, hatte er auch den Termin bei seinem Anwalt Phil Reznik telefonisch abgesagt und bräuchte jetzt mit keinem Menschen mehr zu sprechen, bis Mr Klavel heute Abend um zehn sein Versprechen erfüllen und ihm sagen – und zeigen – würde, womit Carol zu ihm gekommen war.
    Nelson hatte keiner Menschenseele etwas von seinen Gesprächen mit dem Detektiv erzählt, obwohl dies ein Tag der Geständnisse für ihn gewesen war. Ich war in Lydia Neff verliebt , hatte er Miss Spector eingestanden, und erst als er diesen Satz laut ausgesprochen hatte, hatte er erkannt, dass es wirklich so gewesen war. Aber interessanterweise hatte es ihn irgendwie … befreit … laut auszusprechen, einem anderen Menschen gegenüber zuzugeben, wie es ihm damals gegangen war. Diese Gefühle endlich loszulassen, sie ordentlich in Worte zu kleiden und dann einem Menschen hinzuwerfen, damit er sie hörte … weil sie dadurch nicht mehr ganz so schmerzlich waren.
    Ich war verliebt … Ohne erst darüber nachzudenken, hatte er seine Empfindungen sicher in der Vergangenheitsform verpackt. Ich bin nicht, sondern ich war , Carol. Ich war in eine andere Frau verliebt. Mit einem Mal verspürte Nelson ein Gefühl der Ruhe und der Leichtigkeit.
    Deshalb schrieben die Menschen wahrscheinlich Autobiographien.
    Nelson dachte an die lächelnde Carol mit dem Strohhut auf dem Kopf. Dachte an ihr Gesicht, ihr lebendiges Gesicht, als er ihr zum ersten Mal begegnet war. Daran, wie er nach Luft gerungen hatte, als sie ihn zum ersten Mal aus ihren riesengroßen Augen angesehen hatte …
    An das Ding im Kofferraum des Volvos dachte er niemals – er dachte nur an seine Frau, lebendig und jung, wie sie ihn angelächelt hatte, wofür er wirklich dankbar war. Inzwischen gab es viel, wofür er dankbar war, und allmählich kehrte seine Kraft zurück.
    Wieder klingelte das Telefon, und er suchte die Worte UNBEKANNTER ANRUFER auf dem Display. Denn die einzigen beiden Menschen, die er sprechen wollte, hatten ihre Nummern unterdrückt. Dieses Mal jedoch war es die Polizei von Tarry Ridge, doch die konnte warten. Morgen würde er mit ihnen sprechen, denn dann wäre Mr Klavel da gewesen, er hätte erfahren, weswegen seine Frau bei diesem Mann gewesen war, und könnte ihnen eine echte Hilfe sein.
    Â»Ich werde dich richtig kennenlernen, Carol«, sagte er. Und seine Stimme prallte von den Küchenwänden, den Fliesen, dem rostfreien Stahl, dem Zinn und Kupfer ab. Alle diese hart glänzenden Dinge hatte Carol selber ausgesucht, denn sie hatte diesen Raum wirklich geliebt.
    Auf dem Weg zurück ins Schlafzimmer hinauf, wo er versuchen wollte, noch etwas zu dösen, kam er an der Tür des Wohnzimmers vorbei und erblickte dort das Bild von Saratosa, Florida. Er blieb stehen und schaute es an. Zum allerersten Mal bemerkte er die weichen Flecken Meerschaums auf dem cremefarbenen Sand, das Glitzern der Sonne auf dem saphirfarbenen Ozean, die flüsternden Möwen am leuchtend blauen Firmament, die Wolken, die so harmlos und so leicht wie Zuckerwatte waren, und die durch sie hindurchströmenden Sonnenstrahlen, die so echt aussahen, dass einem bei ihrer Betrachtung warm wurde.
    Er stellte sich vor, wie Carol mit ihrem verträumten Blick vor diesem Bild gestanden hatte. Und nach all den Jahren konnte er sie urplötzlich verstehen.
    Â»Wunderbar«, flüsterte er. »Einfach wunderbar.«
    F
    Brenna hätte den Termin mit Dr. Sarah Stoller um ein Haar verpasst – und ihn garantiert vergessen, hätte Trent ihn nicht in den elektronischen Kalender eingetippt, der sein letztes Weihnachtsgeschenk für sie gewesen war – ein grässliches kleines Gerät, das einen mit einer Glocke an Termine erinnerte, die wie eine Miniaturalarmsirene klang.
    Brennas perfektes Gedächtnis hieß noch lange nicht, dass sie sich stets an einen vorgegebenen Zeitplan hielt.

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