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Dornröschenschlaf

Dornröschenschlaf

Titel: Dornröschenschlaf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Gaylin
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ernsthaftesten Überzeugungen der alten Dame – alle Einzelheiten zu erzählen, weil dadurch die Vorstellung von dieser Frau einen realen Hintergrund bekam.
    Als Brenna sich zum Gehen wandte, kam es ihr so vor, als wäre Elizabeth im Raum. Und Sarah lächelte und hatte wieder etwas Farbe im Gesicht.
    Â»Sie haben mir viel Material zum Arbeiten gegeben«, dankte Brenna ihr.
    Â»Sie mir auch.« Die Ärztin legte ihr eine Hand auf die Schulter. »Vielen Dank.«
    Als Brenna zurück zu ihrem Wagen ging, wanderten ihre Gedanken zwischen Nelson Wentz und Lydia, ihr selbst und Jim sowie Sarah und ihrer Mutter hin und her … Jeder braucht diesen einen Menschen.
    Plötzlich dachte sie an Carol Wentz. Sie und Nelson hatten kaum miteinander gesprochen, ihre Freundinnen im Chatroom hatten einzig Lydia TR und nicht sie selbst gekannt, und Gayle Chandler, die von Nelson als die »beste Freundin« seiner Frau bezeichnet worden war … Vor zehn Jahren hatte sich Gayle Brenna als die beste Freundin Lydias vorgestellt. »Fahren Sie zu der neuen Wohnanlage«, hatte sie zu ihr gesagt. »Lyddie fährt dort jeden Morgen hin, um am Brunnen zu meditieren. Wissen Sie, sie ist eine sehr spirituelle Frau …«
    Gayle, die Carol zwei Jahre zuvor – aus welchem Grund auch immer – fälschlicherweise erzählt hatte, Lydia schliefe mit ihrem Ehemann. Brenna kannte Gayle nur flüchtig, doch sie hatte auf den ersten Blick die Drama-Queen in ihr erkannt – eine Frau, die kaum ein eigenes Leben hatte und es deshalb liebte, im Mittelpunkt jedweder Tragödie zu stehen … nein, auch Gayle war ganz eindeutig nicht der eine Mensch gewesen, zu dem Carol Wentz gegangen war.
    Erst als sie vom Campus in die belebte Bloomingdale Road einbog, dachte sie an die drei halbstündigen Telefongespräche zwischen Carol und einer Person in Buffalo zurück, die zwischen all den kurzen Anrufen in irgendwelchen Läden sowie kurzen Plaudereien mit Freundinnen versteckt gewesen waren. Zweimal hatte sie die Telefonnummer in Buffalo – die anscheinend Millicent, der Kettenraucherin, gehörte – gleich nach einem Anruf bei Privatdetektiv Klavel angewählt.
    Weil anscheinend Millicent der eine Mensch gewesen war. Vielleicht hatte Carol ihr ja all die Dinge, die sie in der letzten Zeit erfahren hatte, anvertraut. Aber was genau hatte sie überhaupt erfahren?
    Bilder zogen wie bei einer Dia-Schau an Brennas geistigem Auge vorbei. Der blaue Vivio Bistro, der zwölf Jahre zuvor bei Lydia weggefahren war. Lydia, wie sie Nelson drängte: Vergiss, dass du diesen Wagen je gesehen hast. Vergiss, dass du jemals hier gewesen bist. Die dreieinhalbjährige M. aus dem Polizeibericht, die Morasco erzählte, dass Iris in das »fröhliche Auto« des Weihnachtsmanns »mit den runden Augen und dem Lächeln« eingestiegen war. Der hünenhafte Polizist mit dem hässlich-schönen Gesicht, der vor zehn Jahren vor dem Haus von Lydia gewesen und dann heute Morgen an dem Haus von Nelson Wentz vorbeigefahren war und mit seinen Augen eines Hais, den Augen eines Raubfischs, durch die Windschutzscheibe gestarrt hatte. Die Windschutzscheibe des fröhlichen Autos des Weihnachtsmanns.
    Dann erinnerte sich Brenna an die Stimme des Mädchens, das bei Nelson angerufen hatte. Trotz des Rauschens in der Leitung hatte er den Satz verstanden: Es war meine Schuld. Die Stimme eines jungen Mädchens. Eines Teenagers, der sich die Schuld am Tod von Carol gab.
    Dieser eine Mensch …
    Was, wenn der Teenager am Telefon wirklich Iris Neff gewesen war? Was, wenn Iris elf Jahre zuvor in diesem Vivio Bistro mitgenommen worden und vor zwei Wochen zurückgekommen war? Vielleicht hatte sie sich ja in dem Versuch, aus der Gefangenschaft zu fliehen, an Moms alten Vertrauten Nelson Wentz gewandt? Was, wenn in dem Augenblick nicht Nelson, sondern Carol an den Apparat gegangen war? Was, wenn Carol dieser eine Mensch für Iris Neff geworden war – der einzige Mensch, der in der Lage war, ihr wirklich zuzuhören? Der einzige Mensch, der für sie da gewesen war.
    Carol hatte nicht die Polizei verständigt … aber das war schließlich klar. Brenna dachte an Lane Hutchins, der damals in Uniform neben diesem hässlich-schönen Cop gestanden hatte, einem Cop, von dem sogar Morasco steif und fest behauptet hatte, dass er keine Ahnung hätte, wer das sei. Hutchins, der

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