Dornteufel: Thriller (German Edition)
darauf auf. Die beiden Räume dahinter schienen die Krankenstation des Schiffes zu sein. Von oben, von der Aurora aus, hatte dieses Schiff winzig ausgesehen, sodass es Kamal wunderte, dass für die Versorgung von Kranken zwei Räume zur Verfügung standen.
»Setz dich einen Moment«, forderte Peter ihn auf und zeigte auf eine Trage.
Der Berater sah ihm dabei nicht in die Augen. Schon bei ihrem ersten Gespräch war Kamal das unangenehm aufgefallen. Dieser Widerspruch – Menschen zu helfen, ohne je wirklich mit ihnen in Kontakt treten zu wollen. Schweigend nahm Kamal auf der Trage Platz.
Eine Frau in einem weißen Arztkittel kam aus dem Nebenraum. Kamal war sprachlos. Ein weiblicher Arzt … davon hatte er schon gehört. Aber auf einem Schiff? Sie waren kräftig und schien stark zu schwitzen. Ihre Augen waren so blau wie das Meer an einem bedeckten Tag, und sie sah ihn an wie ein wertloses Stück Fleisch, das ihr zum Kauf angeboten worden war.
»Hallo«, grüßte Kamal die Ärztin. »Soll ich jetzt hier untersucht werden? Das ist nicht nötig. Ich bin vollkommen gesund.«
»Aber natürlich«, antwortete Peter an ihrer statt. »Dr. Philips macht nur ein paar harmlose Routine-Tests, wie bei jedem Neuen bei uns an Bord. Vielleicht brauchen Sie eine Impfung oder ein Vitaminpräparat.«
Vitamine … Das klang harmlos. Kamal versuchte, sich zu entspannen. Doch sein Herz klopfte schneller, als sich die Ärztin Latexhandschuhe überstreifte, näher zu ihm trat und mit dem rechten Daumen sein Kinn hob, um ihm mit einer kleinen hellen Lampe in die Augen zu leuchten. Er roch ihren scharfen Geruch: Desinfektionsmittel und Schweiß.
»Dr. Philips nimmt Ihnen nur etwas Blut ab«, sagte Peter, als die Ärztin ihm die Manschette um den Oberarm legte.
Es wurden drei Kanülen voll. Sie etikettierte die Proben und klebte ein kleines Pflaster über die Einstichstelle.
»War es das?«, fragte Kamal. Der Geruch der Frau und ihre Finger in den Gummihandschuhen ekelten ihn.
»So gut wie …« Peter blickte inzwischen unverwandt aus dem Bullauge hinaus auf das graue Wasser.
Kamal fühlte plötzlich ein Ziepen am Kopf, verbunden mit einem Ruck. Schon hatte ihm die Frau ein paar Haare herausgerissen und in ein Plastikdöschen befördert. »Wofür ist das jetzt?«
»Nissen-Test … Wir wollen keine Läuse an Bord.«
»Ich hab keine Läuse. Kann ich jetzt wieder gehen?« Kamal erhob sich, doch die schwere Hand der Ärztin drückte ihn wieder auf die Trage.
»Warten«, sagte sie. Wie Peter sprach sie Englisch mit ihm, doch sie hatte einen seltsamen Akzent.
»Sie können mich nicht gegen meinen Willen und … ungefragt untersuchen.« Kamal suchte nach den richtigen Worten. Wenn er sich aufregte, war es schwieriger für ihn, Englisch zu sprechen, und die seltsame Situation gefiel ihm nicht.
»Wir wollen nur helfen«, entgegnete Peter. »Wenn Sie unsere Hilfe nicht in Anspruch nehmen möchten …«
»Schon gut. Sagen Sie mir doch einfach vorher, was Sie tun … und weshalb.«
Die Ärztin blickte seinen Berater fragend an, der daraufhin kaum merklich nickte. Laut sagte er: »Wir sind gleich hier fertig. Nur noch ein winziger Test.«
Aus dem Augenwinkel sah Kamal, wie die Ärztin eine kleine Spritze aufzog.
»Es geht darum, Infektionskrankheiten auszuschließen – zu unser aller Sicherheit«, fügte Peter hinzu.
Nach drei Tagen?, dachte Kamal. War es da nicht schon längst zu spät für so eine Maßnahme? Er spürte den harten Griff der Frau an seinem Oberarm und den Stich einer Nadel, die seine Haut durchbohrte. Etwas Kaltes wurde ihm injiziert. Peter trat neben ihn, hielt ihn fest. Kamals Blickfeld verengte sich, die Ränder wurden unscharf. Dann sank er ins Nichts.
22. Kapitel
A N B ORD DES S CHIFFES DER H ILFSORGANISATION
Kamal öffnete die Augen, blinzelte. Das Licht blendete ihn, und ihm war schwindelig. Es dauerte eine Weile, bis er wieder klar sehen konnte. Er befand sich immer noch in dem Untersuchungsraum. Peter stand an der Tür und hatte die Arme vor der Brust verschränkt. Die Ärztin war verschwunden.
»Was ist passiert?« Kamal richtete sich zum Sitzen auf. Er spürte ein Brennen und Ziehen in seinem Rücken.
»Sie sind ohnmächtig geworden. Nur ganz kurz. Kommt vor, wenn man so viel hinter sich hat wie Sie. Die schlechte Ernährung, der Schlafmangel, Dehydration und der Stress.«
»Ich dachte, es ginge mir hier schon besser«, meinte Kamal. Er hatte Mühe, seine Gedanken zu fokussieren. »Was war das für
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