Dornteufel: Thriller (German Edition)
wenigsten Widerstand. Kämper lebte mit, durch und für Zahlen. Alles, was sich nicht in Ziffern ausdrücken ließ, besaß keine Bedeutung für ihn. Und er identifizierte sich völlig mit Serail Almond: Ging es der Firma schlecht, dann ging es ihm mindestens genauso schlecht.
Sie wartete, bis alle Augen auf sie gerichtet waren. »Der wahre Grund unseres Treffens ist, dass sich eine Sicherheitslücke aufgetan hat, die unser neues Produkt mit dem Wirkstoff CRRA 24–15, die Wundercreme für ewig junge Haut, ernsthaft gefährdet. Eine gravierende Sicherheitslücke, durch die das gesamte Unternehmen und unser aller Zukunft auf dem Spiel stehen könnte.«
»Wovon sprichst du, Catherine?«, fragte Kämper besorgt.
»Ihr wisst, dass es in unserem Forschungszentrum in Indien ein paar Zwischenfälle gab. Norman Coulter hat darüber berichtet, und wir haben das auch schon auf einer der vorangegangenen Sitzungen thematisiert. Lundgren, ein Ingenieur von ICL Thermocontrol, musste kurzfristig aus dem Verkehr gezogen werden. Ein Problem, das unser Vertrauensmann und Facility-Manager Tony Gallagher in Bihar zuverlässig gelöst hat. So dachten wir zumindest! Dann ist Lundgrens Nachfolgerin, ebenfalls von ICL, plötzlich verschwunden, nachdem sie in den Hochsicherheitstrakt unseres Labors eingedrungen war.«
»Mitarbeiter von Fremdfirmen auf dem Gelände sind immer ein Risiko«, merkte Noël an. Seine Stimme klang teilnahmslos.
»Eine nicht funktionsfähige Klimaanlage aber auch«, erwiderte Wilson scharf.
»Ich dachte, wegen dieser Ingenieurin bestünde keine Gefahr«, warf Kämper ein.
»Tut es auch nicht«, sagte Wilson eisig. »Ich habe mich schon darum gekümmert.«
»Gekümmert?« Noël tauchte für einen Moment aus seiner Lethargie auf. »Ich habe gehört, die ist, nachdem sie aus Indien zurückgekehrt war, als Erstes bei der deutschen Polizei gewesen und hat eine Aussage gemacht«, sagte er ungewohnt heftig.
»Beim Bundeskriminalamt«, präzisierte Catherine.
»Die haben ihr doch kein einziges Wort geglaubt«, erklärte Wilson. »Das ist eine Information, die ich quasi aus erster Hand habe. Julia Bruck hat keine Beweise, und sie steht mit ihrer Aussage auch ganz allein da.«
»Was ist eigentlich mit dem Security Officer, der ebenfalls aus dem Forschungszentrum verschwunden ist?«, fragte Noël.
»Untergetaucht«, zischte Catherine.
»Der wird aber wohl kaum zur Polizei gehen«, meinte Wilson. »Den können wir getrost vergessen.«
»Das musst du uns schon näher erläutern«, forderte Kämper, der sich vom allgemeinen Misstrauen hatte anstecken lassen.
»Weil er es sich nicht leisten kann«, sagte Wilson. »Er hat für die Konkurrenz gearbeitet – ein CI-Agent, der sich als Security Officer getarnt hat. Damit bekommt er nie wieder irgendwo einen Fuß auf den Boden.«
»Das sind bloße Annahmen, Stefan«, entgegnete Noël. »Willst du darauf die Zukunft unseres Projektes bauen? Er könnte ja auch weiter gegen uns arbeiten und mit seiner Geschichte an die Presse gehen.« Er sah von einem zum anderen.
»In Bihar ist so ziemlich alles schiefgelaufen, was schieflaufen kann«, erklärte Catherine schneidend. »Und das wird für verschiedene Leute Konsequenzen haben. Auch in Hamburg. Diese Ingenieurin, Julia Bruck … Wo wohnt sie zurzeit noch gleich, Stefan?«
»Bei meiner Schwester«, presste er trotzig hervor. »Dadurch habe ich sie unter Kontrolle.«
»Ist schon klar«, höhnte Catherine. »Ich konnte nur noch mit Gellerts Hilfe verhindern, dass sie sich mit einem französischen Journalisten trifft, der sich aus uns bisher noch unbekannten Gründen für ihre Erlebnisse in Indien interessiert hat. Der Kerl hatte sogar den Nerv, Noël hier in Hamburg zu belästigen und nach seiner Beziehung zu Wagenknecht zu fragen. Und jetzt müssen wir noch das Problem mit dieser Ingenieurin beseitigen. Ein gewaltsamer Tod würde die Aussagen von Julia Bruck allerdings glaubwürdiger erscheinen lassen. Es sollte eher wie ein Unfall aussehen.« Sie sah Wilson an.
»Was hast du vor?«
»Es ist besser, wenn so wenige Leute wie möglich darüber Bescheid wissen«, erwiderte sie. »Überlasst diese Angelegenheit mir. Alles, wofür wir hart gearbeitet haben, steht auf dem Spiel. Es ist unser aller Traum und gleichzeitig der Traum der Menschheit: ein Produkt von Serail Almond, das ewige Jugend ermöglicht.«
Nach dieser Erklärung beendete sie die Sitzung. Mit starrem Blick sah sie den anderen hinterher, wie sie den
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