Dornteufel: Thriller (German Edition)
gibt den Mann, der in Bihar bei Serail Almond als Security Officer gearbeitet und sich Parminski genannt hat. Das wird sich doch wohl feststellen lassen!«
»Da hat jemand eine falsche Identität angenommen.«
»Moment …« Sie sah von einem zum anderen. »Ist er vielleicht einer von Ihnen? Ist es deshalb ein Geheimnis?«
Die Gesichter der beiden gaben nicht das Geringste preis. Stahnke schüttelte langsam den Kopf. »Nein, wir wissen nichts von dem Mann. Ich wollte, es wäre anders.«
Julia glaubte ihm nicht. Gefühle zu verbergen und Geheimnisse zu hüten war gewissermaßen sein Beruf. »Er kann doch nicht vom Erdboden verschluckt sein!«, rief sie verzweifelt. »Ich bin sicher, Sie haben viele Leute, die dafür ausgebildet sind, vermisste Personen zu suchen. Warum passiert das nicht?«
Ein unbehagliches Schweigen trat ein.
Nach einigen Augenblicken erklärte Stahnke: »Ich kann verstehen, dass Sie aufgeregt sind, Frau Bruck. Aber wie wollen Sie beurteilen, was bei uns im Referat passiert und was nicht?«
»Ja, wie soll ich das? Ich gebe Ihnen alle Informationen, die ich habe, und Sie geben mir nichts. Sie speisen mich mit unheilvollen Warnungen ab.«
»Immerhin sind Sie jetzt gewarnt«, sagte Klingbeil. »Mehr können wir nicht tun.«
Julia schnaubte. »Wenn die Bedrohung wirklich so ernst ist, warum werde ich dann nicht beschützt?«
»Das würden wir wirklich gern, Frau Bruck. Aber dazu fehlen uns die nötigen Mittel.«
Was Julia auf dem Weg zurück zu Sonjas Wohnung dahingehend übersetzte, dass die Gefahr für nicht sehr groß gehalten wurde. Man wollte sie warnen und vielleicht von eigenmächtigen Nachforschungen abhalten, aber für ernsthaft bedroht hielt man sie wohl nicht.
25. Kapitel
H AMBURG , D EUTSCHLAND
Julia hatte Kamal Saids Verwandte in London kontaktiert und auf diese Weise einiges über den jungen Mann und seine Flucht erfahren. Die Beschäftigung mit seinem tragischen Schicksal lenkte sie ein wenig von ihren Ängsten ab, die durch das jüngste Gespräch mit den Leuten vom BKA nicht geringer geworden waren. Die engagierten, aber durch und durch bürokratischen Jäger des Verbrechens hatten ihr nicht wirklich weitergeholfen. Jeden Mann, dem sie begegnete, scannte sie nun als Erstes auf seine Ähnlichkeit mit dem Foto von Frank Gellert ab.
Als irgendwann ihr Handy in die Stille von Sonjas Wohnung hineinklingelte, zuckte sie zusammen, und ihre Hand begann zu zittern. Eine Null im Display: eine unterdrückte Nummer. Sollte sie rangehen? Und seit wann war sie eigentlich so ein Nervenbündel? Was war an einem Anruf schon gefährlich? Sie nahm den Anruf entgegen und sagte entschlossen: »Hallo …«
»Frau Bruck, Julia Bruck? Marita Eggert hier.«
»Hallo, Frau Eggert«, antwortete Julia erleichtert. »Wie geht es Ihnen?« Es war die Untermieterin ihrer Wohnung, in der sie laut Vertrag noch knapp fünf Monate sein würde – eine relativ lange Zeitspanne, in der Julia aufgrund ihrer vorzeitig beendeten Arbeit in Indien gezwungen war, anderswo unterzukommen. Sofort regte sich die Hoffnung, vielleicht doch eher in die eigenen vier Wände zurückzukommen.
»Mit der Wohnung ist alles in Ordnung, keine Sorge.« Marita Eggert lachte verlegen auf. »Ich ruf nur an, weil eben jemand hier war, der Sie dringend sucht.«
Julia wurde flau im Magen. »Hat er seinen Namen genannt? Gesagt, was er will?« Sie sah Frank Gellerts Gesicht vor sich, und der Gedanke, dass er ihr Zuhause aufgesucht hatte, war alles andere als angenehm. Sie stand noch unter »Julia Bruck« mit ihrer Adresse im Hamburger Telefonbuch. Ein großes Kunststück wäre es also nicht, ihre Wohnung ausfindig zu machen.
»Er war Ausländer … Amerikaner, würde ich sagen. Sein Name war Ryan Ferland. Er sagte, dass Sie ihn wohl nicht kennen …«
»Nein, tue ich auch nicht. Was wollte er von mir?«
»Er hat nur gesagt, dass er Sie unbedingt sprechen muss. Und er hat eine Telefonnummer hiergelassen.«
»Okay. Ich schreib sie mir auf und ruf ihn an. Einen Moment …«
Eine Stunde später betrat Julia die Lobby des Hotels, in dem der amerikanische Polizist in Hamburg logierte. Er wohnte zentral, im St. Raphael in der Nähe des Hautbahnhofes. Der Vorschlag, sich hier zu treffen, war von Ryan Ferland gekommen, weil er sich nicht in der Stadt auskannte und es ihm, wie er eher widerstrebend eingeräumt hatte, gesundheitlich nicht besonders gut ging.
Sie schlenderte zu einer Sitzgruppe im hinteren Bereich der Lobby, setzte sich und
Weitere Kostenlose Bücher