Dornteufel: Thriller (German Edition)
aufgeschlossen und angelassen.«
Entschlossen schlug er die Seitenscheibe des Geländefahrzeugs ein. Während er anschließend im Inneren des Wagens hantierte, begann Julia, die Reifen der anderen Autos auf dem Parkplatz zu zerstechen. Das Klinikgebäude ließ sie dabei immer nur kurz aus dem Blick. Es war mühsamer, als sie gedacht hatte, trotz des scharf geschliffenen Messers, das Robert ihr überlassen hatte. Sie war noch nicht fertig, als sie hörte, wie der Dieselmotor des Land Rovers ansprang. Julia beeilte sich, zum Geländewagen zu kommen, und kletterte hinein. Robert gab Gas, noch bevor sie die Tür zugezogen hatte. Julia klammerte sich an das Armaturenbrett und versuchte, sich anzugurten. In der ersten Kurve rastete das Lenkradschloss plötzlich wieder ein. Robert musste es mit einer ruckartigen Lenkbewegung lösen, die Julia erst gegen die Tür und dann gegen seine Schulter warf. Sie rasten am Hinterausgang der Klinik vorbei, als dort gerade Stefan Wilson hinaustrat, der ihnen mit offenem Mund nachstarrte. Er zog sofort sein Handy hervor und lief in Richtung Parkplatz.
»Verdammt!« Auch Robert zeigte Nerven.
»Gib mir dein Telefon, ich ruf die Polizei«, sagte Julia, als sie Stefan sah. Ihr eigenes Handy befand sich ebenfalls in ihrer Jacke im Keller der Klinik.
»Hab ich schon versucht, hier ist kein Netz. Wilson muss ein mobiles Festnetztelefon bei sich haben.«
»Wir können keine Hilfe holen?«, rief Julia entsetzt. Sie starrte auf den abschüssigen, gewundenen Schotterweg vor sich, der sie weg von der Klinik führte. »Aber wir haben einen Vorsprung«, sagte sie wie zu sich selbst. »Ich hab nicht die Reifen aller Wagen geschafft; aber wir haben einen Vorsprung.«
Sie fuhren in halsbrecherischem Tempo die schmale Schotterpiste hinunter. In jeder Kehre musste Robert mit brutaler Gewalt gegen das Lenkradschloss arbeiten. Julia presste die Lippen zusammen, um nicht bei jedem Stoß gegen die Tür oder die Holme einen Schrei auszustoßen. Ihr ganzer Körper wurde vor Schmerz, Kälte und Panik geschüttelt. Sie warf einen Blick in den Rückspiegel, um zu sehen, ob ihnen jemand folgte. Doch der Wald hinter ihnen lag ruhig da; die Schatten der Dunkelheit waren unergründlich.
»Wo steht dein Auto?«, fragte sie.
»Ganz woanders«, presste er hervor. »Wir werden fürs Erste mit diesem Schätzchen hier vorliebnehmen.«
Als sie eine Felsformation mit einer einsamen Birke passierten, an die Julia sich von ihrer Hinfahrt erinnerte, atmete sie erstmals auf. Die öffentliche Straße war nicht mehr weit, und von dort würden sie rasch das nächste Dorf, dann Auzat und Foix erreichen … und schließlich Toulouse. Sie konnten es schaffen. Unvermittelt bremste Robert scharf ab, und das Auto geriet dabei auf dem unbefestigten Untergrund ins Schlingern.
»Was ist? Warum hältst du an?«
Er deutete den Hang hinunter, wo man durch die Bäume hindurch eine Kehre tiefer zwei Wagen erkennen konnte, die die Straße versperrten. Zwei dunkel gekleidete Männer standen davor, mit Gewehren im Anschlag.
»Polizei? Das wäre doch gut«, meinte Julia.
»Ich kann nicht erkennen, dass die da unten Polizisten sind. Eher private Sicherheitsleute, würde ich sagen. Sicher ist, dass sie auf uns warten.«
»Wir können aber nicht zurück«, sagte Julia heiser. Beim Gedanken an das hinter ihr liegende Klinikgebäude verkrampfte sich etwas in ihrer Magengegend zu einem festen Knoten.
»Ich weiß.« Robert hieb den Rückwärtsgang rein, das Getriebe knirschte. Dann gab er Gas und fuhr rückwärts die Schotterpiste entlang, bis sie an einer Stelle vorbeikamen, wo ein Weg abzweigte. Er riss das Lenkrad herum, ruckte wieder daran und bog in den Weg ein, der parallel zum Hang in den Wald hineinführte.
»Robert, das ist keine Straße! Nicht mal ein Weg. Das ist ein Trampelpfad!«, rief Julia nur Sekunden später, als sie noch heftiger hin- und hergeschüttelt wurden.
Er schaltete die Geländeuntersetzung ein. Zweige peitschten gegen die Windschutzscheibe und kratzten über das Dach. Julia hörte Steine und Äste gegen den Unterboden des Wagens schlagen. Vor ihnen verlor sich der Weg in immer dichter werdendem Dickicht.
»Das ist unsere einzige Chance.« Robert Parminski hielt die zusammengekniffenen Augen auf den Pfad vor ihnen gerichtet. »Wenn wir tief genug in den Wald hineinkommen, können wir uns vielleicht eine Weile vor ihnen verstecken.«
Julia kam nicht mehr dazu, ihm klarzumachen, was sie von diesem Plan hielt, denn
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