Dornteufel: Thriller (German Edition)
an gesagt, dass sie sterben würde, sobald ihre Peiniger wussten, was sie wissen wollten. Sie konnten sie unmöglich gehen lassen – nach dem, was hier geschah. Aber das Wort »Entsorgung« …
»Geht klar, Madame Almond.« Der Professor sah Julia nicht mehr an, sondern verschwand eilig.
»Memme«, meinte Stefan verächtlich. »Hast du jetzt schon genug, Julia, oder brauchst du noch eine Motivationshilfe, bis du uns sagst, was wir wissen wollen?«
Er sog wieder an dem Zigarillo, das schon sehr kurz geworden war, und hielt die Glut dann wieder einen Zentimeter über Julias Arm. Sie spürte die Hitze, und ihr Arm zuckte und ruckte an der Fessel, ohne dass sie etwas dagegen tun konnte.
»Mit wem hast du geredet? Wer weiß, dass du hier bist?«
»Niemand!«
Als daraufhin die Glut auf ihre Haut gepresst wurde, schrie Julia: »Niemand! Wirklich niemand!«
»Lass mich mal«, sagte Catherine und kam näher. Sie fächelte mit ihren manikürten Fingern vor Julias Gesicht herum. Ihr Parfüm, das aufdringlich nach Lilien und Narzissen roch, mischte sich mit dem Gestank von Rauch und verbrannter Haut.
»Er wird nicht aufhören, Schätzchen«, versicherte Catherine. »Nach den Armen kümmert er sich um deinen Hals, und dann wird er langsam zu deinem Gesicht hochwandern, bis zu deinen Lippen und Augenlidern. Und wenn er keine Lust mehr hat, diese Dinger zu rauchen, gibt es hier noch einen Lötkolben.«
Julia starrte sie nur trotzig an, da sie wusste, dass ihre Stimme ihr nicht mehr gehorchte.
»Heute Abend wirst du vielleicht gar nicht mehr so gut aussehen«, fuhr Catherine ungerührt fort. »Da kann dir dann auch unsere beste Creme nicht mehr helfen. Oder was meinst du, Stefan?«
»Kaum«, antwortete er. »Obwohl die ja Wunder vollbringt.«
»Wir verkaufen Wunder«, sagte Catherine. »Wunder, die die Menschen wollen, die sie brauchen! Jeder will schön und begehrenswert sein. Ein Leben lang. Dafür zahlen die Menschen jeden Preis.«
»Das ist mir egal. Lasst mich los! Ich weiß nichts!« Julia hörte, dass ihre Stimme flehend klang, und sie hasste sich dafür. Der Schmerz an ihren Armen fraß sich immer tiefer, und die Angst lähmte ihren Verstand.
»Wenn du uns nicht sagst, was wir wissen wollen, bringst du unser Projekt und damit ganz Serail Almond in Gefahr. Der neue Wirkstoff ist mein Leben, das lasse ich mir nicht zerstören. Ich werde jeden vernichten, der das Projekt gefährdet, weißt du. Um jeden Preis. Mach den Lötkolben an, Stefan!«
»Nein!«, schrie Julia und biss sich auf die Unterlippe.
»Ich will Namen!«
»Das BKA hat mich befragt. Direkt, als ich aus Indien zurückgekommen bin. Die wissen sowieso schon alles! Die werden kommen und nach mir suchen!«
»Ich weiß, was das BKA weiß. Und das ist nicht genug für die, damit die ihren Arsch hochkriegen, weißt du? Die selbsternannten Jäger des Verbrechens sind manchmal eben mehr die Verwalter des Verbrechens. Und du solltest uns nicht anlügen!«
Stefan kam nun näher. In seiner rechten Hand hielt er einen Elektro-Lötkolben, dessen nicht ganz saubere Spitze qualmte. Eine Panikwelle brandete in Julia hoch, als er sich damit ihrem Gesicht näherte.
Sie keuchte, und ihr wurde schwindelig. »Sie werden kommen und mich suchen, wenn ich mich nicht melde.«
»Die schicken doch keine Laien wie dich los«, erwiderte Catherine. »Falsche Antwort.«
»Und langsam verliere ich die Geduld«, sagte Stefan mit glitzernden Augen.
»Weißt du, wo der Professor dich hinbringt, wenn wir mit dir fertig sind – ohne zu wissen, was wir wissen wollen?«, fragte Catherine. »Zu den anderen Leichen. Wo war das noch gleich? Die liegen alle beisammen in einer tiefen Felsspalte in einer Höhle. Nachts hört man die wilden Hunde heulen, weil sie den Aasgeruch wittern.«
»Red schon, Julia«, forderte Stefan sie auf. »Oder muss ich noch ein wenig nachhelfen?«
Er sah allerdings nicht so aus, als hätte er es eilig damit, dieses Spiel zu beenden. Er war mit dem Lötkolben nur noch ein paar Zentimeter von der linken Seite ihres Gesichts entfernt. Julia konnte die Spitze des Lötkolbens sehen und das warme Metall riechen. Plötzlich drückte er lächelnd zu.
Ein unerträglicher Schmerz durchzuckte Julia, und sie begann zu kreischen. Dann wurde ihr Blickfeld rasch enger.
»Wir machen eine kleine Pause, ich habe Hunger«, hörte sie Catherine Almond sagen, bevor sie das Bewusstsein verlor.
Rebecca Stern fühlte sich besser. Sie saß in ihrem Bett in dem luxuriösen
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