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Dornteufel: Thriller (German Edition)

Dornteufel: Thriller (German Edition)

Titel: Dornteufel: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Almstädt
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berichtet hatte, was ihr passiert war. Sie konnte es ja selbst kaum glauben. Doch sie hatte Sonja in dieser Beziehung unterschätzt.
    »Du hast doch nichts getrunken, Julia?«, fragte ihre Freundin nur.
    Als auch das geklärt war, sagte Julia: »Ich muss zur deutschen Botschaft. Oder zu einem Generalkonsulat. Ich brauche einen Passersatz. Und ich weiß nicht, wie lange ich von diesem Handy aus telefonieren kann.« Ein Wunder, dass man damit überhaupt Auslandsgespräche führen konnte.
    »Brauchst du Geld?«
    »Bestimmt. Aber ich will meine Karten nicht benutzen.«
    »Ich kümmere mich darum. Das kriegen wir hin, Julia. Ich ruf dich an, sobald ich mehr weiß. Sei bitte vorsichtig!«
    Sie beendeten das Gespräch, und Julia steckte das Telefon ein. Es gelang ihr, sich ein wenig zu beruhigen: Der Horror, verfolgt zu werden, ging langsam in ein erträgliches Grauen über. Sie betrachtete die anderen Leute unter dem Baum. Die Männer und Frauen saßen allein oder in kleinen Gruppen zusammen und warteten offenbar das Ende des Tages ab. Einige lachten, andere dösten. Es waren normale Backpacker, wie man sie in Indien erwartete: ohne viel Geld oder größeres Gepäck unterwegs, dafür mit einer Mischung aus Lebenshunger und Lebensmüdigkeit gesegnet – und mit dem Vorsatz, so viele Erfahrungen wie möglich zu sammeln, ohne eine Gegenleistung dafür zu erbringen.
    Julia fühlte sich unsagbar müde und unfähig, sich mit dem geschwollenen Knöchel noch weiterzubewegen. Als die Sonne als matte Scheibe hinter den Häusern versank, kam sie mit drei Deutschen ins Gespräch, die wie sie noch ein Quartier für die Nacht suchten. Mangels eines Geistesblitzes stellte sie sich als Viola vor, der Kurzform ihres zweiten Vornamens Violetta, den sonst nur Behördenvertreter zu sehen oder zu hören bekamen. Die drei jungen Leute – sie hießen Niklas, Marvin und Paula – hatten es nicht besonders eilig, sich um eine Unterkunft zu kümmern. Eine Feldflasche mit Rotwein und ein Joint machten die Runde. Niklas berichtete, dass er und sein Kumpel aus Frankfurt kamen, während Paula nicht genau wusste, ob sie noch in Bamberg studierte oder nicht. Marvin schwieg beharrlich, rauchte dafür umso mehr und warf Julia immer mal wieder einen misstrauischen Blick zu. Als sie eine dramatische Story über einen Überfall in Patna und einen Streit mit ihrem Reisebegleiter erzählte, von dem sie sich danach getrennt hätte, schien sie Marvin davon überzeugt zu haben, bloß eine harmlose Touristin zu sein. Jedenfalls gab er ihr anschließend etwas von seinem Reiskuchen ab.
    Als es dunkel war, sammelten die drei ihre Sachen zusammen und machten sich, mit Julia im Schlepptau, auf die Suche nach einem Quartier. Paula redete in einem fort, sodass es nicht auffiel, wie schweigsam Julia war. Niklas sprach auf ihrem Weg andere Backpacker an, tauschte Tipps und Joints aus. Schließlich landeten sie in einer Privatpension, wo die indische Wirtin ihnen ein unmöbliertes Hinterzimmer mit einem Waschbecken zur Verfügung stellte. Die Frauen schickten die Männer hinaus in den Innenhof, um sich zu waschen, und Julia spülte noch ein paar Kleidungsstücke mit Paulas Haarshampoo aus, um den Gestank von Angstschweiß loszuwerden. Die Grillen zirpten noch, als sie sich in ihrer Unterwäsche und einem T-Shirt in die dünne Decke einrollte, die Marvin ihr großmütig zur Verfügung gestellt hatte. Augenblicklich schlief sie ein.
    Sie wurde urplötzlich wach, als sie ein rhythmisches Geräusch hörte. Um sie herum war es stockfinster, und es dauerte einen Moment, bis sie wusste, wo sie sich befand: Indien, Bihar, Hajipur, die kleine Pension … Einigermaßen beruhigt schloss sie wieder die Augen. Neben ihr schlief Paula auf einer Isomatte. Den Geräuschen nach zu urteilen bewegte sie sich unruhig im Schlaf. Hatte sie einen schlechten Traum? Doch dann wurde Julia klar, dass Paula nicht träumte. Sie hatte Sex mit jemandem. Wahrscheinlich mit Niklas, der ihr den ganzen Abend über schon lüsterne Blicke zugeworfen hatte. Genervt zog sich Julia die Decke über die Ohren. Doch sie konnte nicht wieder einschlafen.
    Endlich hörte sie Niklas unterdrückt stöhnen, die Decken neben ihr raschelten noch heftiger. Julia bezweifelte, dass Paula in dieser Situation ebenfalls zum Höhepunkt gekommen war, aber was ging es sie an? Vielleicht konnte sie ja jetzt wieder einschlafen? Eine Weile hörte sie nichts, dann tiefe, entspannte Atemzüge. Es gab doch kein besseres Schlafmittel, als

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