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Dornteufel: Thriller (German Edition)

Dornteufel: Thriller (German Edition)

Titel: Dornteufel: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Almstädt
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bringen«, sagte Julia. »Danke, dass ihr mir geholfen habt.«
    Er stand ebenfalls auf und versperrte ihr den Weg zurück ins Zimmer. »Bleib doch wenigstens bis morgen früh«, drängte er sie. »Dann überlegen wir uns zusammen was.«
    »Ein verführerisches Angebot, aber: nein. Tut mir leid, Marvin.«
    Er zuckte mit den Schultern und gab den Weg frei. Julia nahm ihre noch feuchten Kleidungsstücke, die sie nach dem Waschen provisorisch aufgehängt hatte, und zog sie über. Nicht den Sari, sondern ihre Jeans, die Jacke und das T-Shirt. In dem indischen Gewand fühlte sie sich irgendwie verletzlicher, und das war das Letzte, was sie jetzt gebrauchen konnte. Den Sari und ihre restlichen Sachen wickelte sie zu einem Bündel zusammen. Marvin beobachtete jede ihrer Bewegungen, langsam rauchend und mit wachsamem Blick.
    »Ich will nicht durch das Haus gehen und dabei womöglich unsere Landlady aufwecken«, sagte Julia leise, als sie fertig war. »Hilfst du mir über die Mauer?«
    »Natürlich. Fuck. Das gefällt mir nicht, Viola.«
    »Mir auch nicht«, gestand sie und zog ihn kurz in ihre Arme. »Viel Spaß noch und weiterhin gute Reise.«
    Er drückte ihr einen flüchtigen Kuss auf die Wange und half ihr dann über die Mauer. »Pass auf dich auf!«, rief er ihr leise hinterher. Er klang ehrlich besorgt.
    Die Straße jenseits der Mauer war menschenleer. Zwei Katzen, die sich unterhalb der Mauer gebalgt hatten, verschwanden in langen Sätzen in einem Haufen Unrat am Straßenrand. Ein paar Blechdosen klapperten. War es klug gewesen, mitten in der Nacht die Unterkunft zu verlassen? Julia sah auf ihre Armbanduhr: halb vier. Es war die einsamste Stunde der Nacht. Sie schauderte in ihren klammen Klamotten. Vor ihr lag ein mühseliger Weg durch drei indische Bundesstaaten, wenn sie das Generalkonsulat in Kolkata erreichen wollte. Im Moment fühlte es sich so an, als könne das genauso gut auf dem Mond sein, der blass, fast durchscheinend, oberhalb der Giebel und Stromleitungen am Himmel stand.
    Sie musste nachdenken, wie sie weiter vorgehen sollte. Julia zog ihr eingetauschtes Handy hervor und schaltete es ein. Es war tot. Was hatte sie erwartet? Sie seufzte und lenkte sich mit dem vordringlichsten Problem von ihrem Ärger ab: Sie hatte keinen Pass. Und sie besaß nur noch rund zweitausend Rupien, also umgerechnet knapp dreißig Euro, sowie dreihundertfünfzig Euro. Mit dem Flugzeug oder mit der Bahn weiterzureisen konnte sie ohne ein Ausweisdokument sowieso vergessen. Ihren deutschen Führerschein hatte sie noch bei sich. Der sollte immerhin ausreichen, um sich im Generalkonsulat auszuweisen. Aber erst einmal musste sie dorthin kommen. Den Leuten von Serail Almond war es offensichtlich wichtig, sie zu finden. Das besagte die Anzeige in der Zeitung … und natürlich die Tatsache, dass man sie verfolgt hatte. Der Polizei in Bihar konnte sie nicht trauen. Korruption und Bestechung gab es überall … Was würde passieren, wenn ihre Verfolger sie erwischten? Sie würde wohl kaum von Serail Almond herzlich empfangen werden und dann einfach an ihren Arbeitsplatz zurückkehren. Man würde sie auch nicht nach Deutschland reisen lassen – nach dem, was sie gesehen hatte. Wahrscheinlich würde sie einen Unfall haben oder aber bei einem angeblichen Raubüberfall ums Leben kommen, so wie Lundgren. Und … sie würden damit durchkommen; selbst Sonjas Aussage könnte nichts daran ändern. Doch Julia wollte nicht sterben. Sie wollte leben – und Robert und die anderen retten, wenn das noch irgendwie möglich war.
    Sie musste schon eine Weile durch die nächtliche Stadt gelaufen sein, denn so langsam erwachten die Bewohner von Hajipur. Ein Bauer mit einem hoch mit Heu beladenen Eselskarren schlurfte müde an ihr vorbei, und eine »allein reisende« weiße Kuh kam Julia entgegen. Zwei Motorradfahrer überholten sie mit Getöse, eine alte Frau goss die Topfpflanzen vor ihrer Haustür. Dann kam Julia an einer Bankfiliale vorbei. Sie war noch geschlossen, aber wenn sie öffnete, wollte Julia sich dort Geld holen. Ohne Bargeld war sie verloren, und ihre Verfolger wussten sowieso, dass sie sich in diesem Ort aufhielt. Die Information würde ihnen also nicht viel weiterhelfen. Julia hoffte, dass sie schon weitergereist sein würde, wenn die Verfolger von ihrer Geldabhebung erführen.
    Ein Chai-Shop, an dem sie eben vorübergegangen war, hatte schon Feuer unter den Kesseln. Sie könnte dort etwas frühstücken, bis die Bank öffnete. Julia knurrte

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