Dornteufel: Thriller (German Edition)
bestätigen können, dass er dort gearbeitet hat. Was ist mit deinen Arbeitskollegen?«
»Das tun sie wohl auch. Sie bestätigen, dass ein Mann dort gearbeitet hat, der sich Robert Parminski nannte. Und dann ist er verschwunden, auch das ist belegt. Er hat fristlos gekündigt. Aber in Deutschland ist dieser Robert Parminski vollkommen unbekannt. Ich weiß nicht, wer er wirklich ist … oder war. Jedenfalls hat er nicht seinen richtigen Namen angegeben. Seine Papiere müssen gefälscht gewesen sein.« Sie starrte in die Kerzenflamme auf der Fensterbank, die unruhig flackerte. Sie musste die Gedanken an Robert verdrängen, bevor sich ihre Stimmung zu sehr verdüsterte. Wenn sie überleben wollte, musste sie es schaffen, ihre Empfindungen für diesen Mann zu vergessen. »Das sieht nicht gerade gut aus, was meine Glaubwürdigkeit betrifft, oder?«
»Du musst mit meinem Bruder darüber reden«, beharrte Sonja.
Nach dem Fiasko im Landhaus Renner war Paul Renard in sein Hotel gefahren, hatte es sich mit dem Notebook auf seinem Bett bequem gemacht und das Internet zurate gezogen: Lars Wagenknecht … Ein aufstrebender Unternehmer aus dem Bereich der New Economy, der den Crash 2001 überlebt hatte und wahrscheinlich gestärkt daraus hervorgegangen war, da die Konkurrenz sich selbst dezimiert hatte. Anscheinend ein Selfmade-Millionär, den auf den ersten Blick nichts, aber so gar nichts mit Serail Almond oder Noël Almond verband. Was hatte der Kerl auf der Aurelie zu suchen?
Die Schulfreunde-Story nahm Paul seinem Landsmann nicht ab. Nach dem, was er im Netz so fand, hatte Wagenknecht mehr schlecht als recht ein stinknormales Gymnasium in Hannover besucht. Almond, Kind reicher Eltern, war hingegen ausschließlich auf Privatschulen gewesen. Wo bitte sollten Wagenknecht und Almond sich da nicht nur über den Weg gelaufen, sondern sich auch gegenseitig in ihr Herz geschlossen haben? Etwa ein Schüleraustausch zwischen Deutschland und Frankreich? Immerhin eine Möglichkeit, aber keine sehr wahrscheinliche, wie Paul befand. Doch das war schwer nachzuprüfen. Vielleicht hatte Almond die Aurelie auch einfach gegen Geld vermietet, ohne es Rebecca gegenüber zuzugeben? Dann musste es um Serail Almond aber noch schlechter stehen, als er vermutete. Noël Almond liebte seine Jacht. Das hatte seine Reaktion vorhin quasi bewiesen. Außerdem hätte er es zahlenden Kunden bestimmt nicht durchgehen lassen, wenn sie schluderig mit seinem Boot umgegangen wären.
Da! In einem Artikel über Wagenknecht fand er etwas, das seinen Puls schneller schlagen ließ. Das Engagement für Menschen, denen es weitaus weniger gut ging als ihm selbst, sei ihm ein großes inneres Bedürfnis, hatte er einem Reporter gegenüber behauptet. Denen zu helfen, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens standen … blabla, Herr Stewardessen-Angrabscher.
Deshalb habe er im letzten Jahr Hanseatic Real Help gegründet, einen Verein, der Spenden sammele, um Flüchtlingen eine Chance zu geben, die als blinde Passagiere auf den Weltmeeren aufgegriffen werden und die in Lebensgefahr geraten, weil sie für Kapitäne und Reedereien eine enorme Belastung darstellen.
Der Verein Hanseatic Real Help besaß ein eigenes Schiff, ein ehemaliges Lotsenfahrzeug, Baujahr 1960. Es handelte sich um ein sechsundvierzig Meter langes Motorschiff, das zweiunddreißig Mann Platz bot und das eine Höchstgeschwindigkeit von elf Knoten machte. Die Organisation hatte zusätzliche Navigationsund Kommunikationssysteme installieren lassen, sodass sie blinde Passagiere direkt von den Containerschiffen abholen konnte, auf denen diese Menschen aufgegriffen worden waren. Der Verein nahm den Reedern den mühsamen Papierkrieg und die damit anfallenden Kosten ab. Zudem kümmerte er sich um Asylanträge, versorgte die Flüchtlinge in der Zwischenzeit und verschaffte ihnen eine kostenlose Rechtsberatung.
Das alles hätte Paul nicht weiter aufgeregt, wäre ihm die Visage, die neben Lars Wagenknecht in die Kamera grinste, nicht bekannt vorgekommen: Stefan Wilson, Vorstandsmitglied von Serail Almond, war ebenfalls bei Hanseatic Real Help involviert. Und das war gewiss kein Zufall.
Er surfte weiter und suchte nach Informationen über die verschwundene Ingenieurin. Sie stammte ebenfalls aus Hamburg. Das traf sich gut. Nun wusste er, wie er weitermachen sollte.
P ARIS , F RANKREICH
Rebecca Stern fand das von der Kühlschranktür verschwundene Foto, das sie beim Sonnenbaden auf der Aurelie zeigte, am nächsten
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