Dornteufel: Thriller (German Edition)
Morgen inmitten ihrer schmutzigen Kleidungsstücke in der Wäschetonne im Badezimmer wieder. Zunächst war sie erleichtert. Sie hob das Bild auf, strich es glatt und legte es auf die Ablage unter ihrem Badezimmerspiegel. Wahrscheinlich hatte sie doch überreagiert nach dem Überfall auf Madame Bertrand. Nur, wie war das Bild in die Wäschetonne geraten? Hatte ihre Putzfrau es versehentlich mit einem Haufen Schmutzwäsche hier hineinbefördert? Aber die kam doch immer nur donnerstags. Oder war sie es selbst gewesen? Nur wie und warum? Egal, es war wieder da. Niemand hatte sich Zutritt zu ihrer Wohnung verschafft. Ihre Befürchtungen waren offenbar reine Hysterie gewesen, nachdem sie die Concierge ermordet aufgefunden hatte.
Sie sortierte weiter die schmutzige Wäsche. Plötzlich hielt sie einen dunkelroten Spitzenslip in Händen, der sie stutzen ließ. Wie sah der denn aus? Und was machte er in der Wäsche? Es war Ewigkeiten her, dass sie das Teil zuletzt getragen hatte. Noël hatte ihn ihr geschenkt, zusammen mit einem passenden BH, der zwar schön, aber auf Dauer unbequem war, weil er die Brüste so zusammendrückte und anhob, dass es in Kombination mit bestimmten Oberteilen aufreizend und billig aussah. Der Slip war zusammengedrückt und … verklebt.
Sie zog ihn auseinander: Eine getrocknete, helle Flüssigkeit war darin – etwa Sperma? So als hätte sich ein Mann nach der Ejakulation damit abgewischt. Aber an ein solches Vorkommnis müsste sie sich doch erinnern. Noël war seit Wochen nicht mehr hier gewesen. Auch kein anderer Mann. Und vor ihrer Reise nach New York war die Wäschetonne leer gewesen. Ihre Arme überzogen sich mit Gänsehaut. Rebecca ließ den Slip angewidert fallen.
Das Foto … der Slip … Spermaspuren.
Rebecca musste unwillkürlich an den Geruch in ihrer Wohnung denken, kurz nachdem sie die tote Concierge entdeckt hatte. Im Badezimmer war er am deutlichsten zu riechen gewesen. Und sie hatte an jenem Abend diesen speziellen Geruch nicht zum ersten Mal in der Wohnung bemerkt. Irgendwann, bevor Moira sie besucht hatte, war er ihr schon einmal aufgefallen … und auch ein schmutziger Slip in der Wäsche, den sie gar nicht getragen hatte, wie Rebecca plötzlich einfiel.
Die Schlussfolgerung, die sie daraus ziehen musste, war so absurd und schrecklich, dass ihr schwindelig wurde. Rasch hielt sie sich am Waschbeckenrand fest. Konnte es … Täuschte sie sich nicht? Ihr Blick fiel auf das verklebte Wäschestück, dann auf das Foto, das sie nur leicht bekleidet zeigte … Sie schaute wieder hoch und sah ihr Gesicht im Spiegel – blass, mit weit aufgerissenen Augen. Doch Angst war falsch, sie sollte vielmehr wütend werden. Mit Wut war man wehrhaft, Angst jedoch lähmte. Ich muss mich wehren, dachte sie. Nur nicht aus Scham und Angst schweigen … Ich muss etwas tun … Die Polizei muss etwas tun. Aber würde man ihr glauben?
Rebecca Stern saß der Polizistin gegenüber, die sie nach der Entdeckung des Mordes in ihre Wohnung begleitet hatte. Die Beamtin, die Juliette Reyer hieß, war eine sehr aufmerksame und mitfühlende Zuhörerin gewesen. Rebeccas Befürchtung, man würde ihr nicht glauben oder den Vorfall herunterspielen, hatte sich nicht bewahrheitet. Nachdem ihre Erstarrung nach dem Fund überwunden war, hatte sie eine Plastiktüte aus der Küche geholt und den Slip und das Foto mit spitzen Fingern hineinfallen lassen. Ihre Sachen befanden sich inzwischen auf dem Weg ins Labor, wo man eine DNA-Analyse durchführen und nach anderen Spuren suchen würde.
»Ich muss also wirklich davon ausgehen, dass sich ein Fremder – einfach so, ohne das Wohnungsschloss aufzubrechen – Zugang zu meiner Wohnung verschafft hat?«, fragte Rebecca. Jetzt erst wurde ihr bewusst, dass sie gehofft hatte, die Polizei könnte ihr eine harmlose Erklärung für den Vorfall geben.
»Es muss kein Fremder sein. Das ist sogar eher unwahrscheinlich«, antwortete Reyer. »Da Ihr Türschloss unversehrt ist, müssen wir davon ausgehen, dass Sie den Täter möglicherweise kennen. Sie sollten noch einmal in Ruhe überlegen, wer alles in den Besitz Ihres Wohnungsschlüssels gekommen sein kann.«
»Aber wenn Sie die Spuren analysiert haben, dann wissen wir doch, wer es war«, wandte Rebecca ein. »Heutzutage haben wir technische Möglichkeiten. Daten im Computer …«
»Wenn die DNA des Täters noch nie irgendwo erfasst worden ist, dann haben wir nicht viel. Eine Blutgruppe … Ich würde Ihnen raten, umgehend Ihr
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