Down Under - Reise durch Australien
schwimmen gegangen! Vor dem Frühstück!«
»Meinst du …?«
In Pauls Augen flackerte Unsicherheit. »Ich weiß nicht. Er ist ein verdammt guter Schwimmer. Wartet mal, ich gehe fragen.«
Schon rannte er hinunter zum Häuschen der lifeguards und wir hinterher.
»Entschuldigung!«, rief er schon von weitem dem braungebrannten Sonnyboy zu, der auf der Holztreppe saß und in die Gegend schaute. »Gibt es hier Haie?«
Mir blieb das Herz stehen. An Haie hatte ich gar nicht gedacht.
»Sicher«, sagte der guard , erhob sich und sprang die Treppe herab. »Gerade um diese Jahreszeit. Letztes Jahr um diese Zeit hat es einen erwischt. Wir halten aber ständig Ausschau und stehen mit den anderen lifeguards und der Küstenwacht in Verbindung. Wenn Haialarm ausgelöst wird, setzen wir sofort die rote Fahne. Und übrigens greifen Haie nur versehentlich Menschen an. Manchmal halten sie die Surfbretter für Robben. Warum fragt ihr eigentlich?«
Sandy druckste herum. »Ein Freund von uns ist heute Morgen nicht aufgetaucht. Wir machen uns Sorgen.«
»Wir sind seit zehn Uhr hier. Und wir haben seit Tagen keine Flosse gesehen. Allerdings jagen sie gern morgens in aller Frühe.«
Paul wurde blass. »Chris ging immer im Morgengrauen.«
Jetzt wurde auch der lifeguard ernst. »Ist euer Freund zuverlässig?«
»Ja. Wir waren sogar schon bei der Polizei.«
»Dann macht euch besser darauf gefasst, dass ein Unglück geschehen sein könnte. Ich werde meine Kollegen per Funk informieren. Kommt heute Abend noch einmal vorbei. Bitte auch, wenn er wieder aufgetaucht sein sollte.«
Wir nickten beklommen, machten uns auf den Rückweg und warteten den Nachmittag, den Abend und die ganze folgende Nacht auf Chris oder auf eine Nachricht über seinen Verbleib. Aber er blieb verschwunden.
Auch der nächste Tag und die kommende Nacht verstrichen, ohne dass er wieder auftauchte. Langsam wurde es Zeit, eine Entscheidung zu treffen. Aber Chris einfach so abhaken und losfahren wollten wir alle nicht. Außerdem wollte und konnte Paul ohne Chris’ finanzielle Beteiligung die Tour nach Darwin nicht antreten.
Noch eine Nacht verging.
Am Vormittag des dritten Tages liefen wir drei bedrückt und ziellos die Straße entlang, als mir jemand auf die Schulter tippte. Als ich mich umdrehte, traute ich meinen Augen nicht.
»Danke, dass ihr auf mich gewartet habt!«, sagte ein freudestrahlender und putzmunterer Chris, breitete seine Arme aus und wollte mich drücken.
»Chris!«, brüllten wir wie aus einem Mund, was unseren Freund erschrocken zurückfahren ließ. »Du lebst?«
»Ja doch«, stotterte er und blickte sichtlich verlegen von einem zum anderen. »Klar lebe ich noch. Ich hab mich verliebt. Ich hab ein Mädchen aus Broome kennengelernt. Sie hat eine eigene Wohnung und da … und da …«
»Da hast du ein paar heiße Nächte verbracht und uns glatt vergessen?«, giftete Paul ihn an. »Weißt du, dass wir uns nicht nur Sorgen gemacht haben, sondern sogar bei der Polizei waren, dachten, du wärst von einem Hai gefressen worden und dass wir deinetwegen Geld für ein Hostel ausgeben mussten?«
»Ich hab mich eben verliebt …«, druckste Chris. »Nehmt ihr mich denn jetzt noch mit?«
»Wie doll hast du dich denn verliebt, dass du nach zwei Tagen doch lieber mit uns mitfahren willst, als bei deiner Freundin zu bleiben?«, fragte Sandy.
Chris zuckte die Schultern. »Na ja, so doll nun auch wieder nicht. Sie war halt süß.«
»Mann!«, lachte ich. »Du bist vielleicht einer. Okay, du darfst noch mit uns fahren. Aber nur unter einer Bedingung.«
Chris Augen leuchteten hoffnungsvoll. »Und die wäre?«
»Ab jetzt heißt du nur noch Mr Lover, Lover!«
Creeks und Gorges
B evor es nun wirklich losgehen konnte, deckten wir uns noch in einem der in ganz Australien zu findenden Opportunity Shops mit dem Notwendigsten ein. Die sogenannten Op Shops sind so etwas wie Second-Hand-Läden, in denen Camper und Caravan-Reisende so gut wie alles finden, was man für unterwegs braucht. Wen es nicht stört, dass Zelte, Schlafsäcke, Töpfe, Pfannen, Taschenlampen oder sogar Boots schon von jemandem benutzt worden sind, der bekommt hier für sehr wenig Geld einen guten Gegenwert. Nachdem wir uns zusätzlich noch mit Fertiggerichten, Suppen, Nudeln, Reis und Gemüse versorgt hatten, konnten wir Broome endlich verlassen.
Betrachtet man auf der großen Übersichtskarte von Australien den Straßenverlauf, erkennt man, dass die rot gekennzeichneten Highways den
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