Downtown Blues
erkennen.
Ranson zuckt die Schultern. »Hat ihrem Killer vielleicht geöffnet. Wir können hier weiter wild drauflos raten oder abwarten, bis dieser Santero zurück ist.«
»Santero? Zurück?« Auf einmal gehen bei mir sämtliche Alarme los. »Was hat der mit dem Mord zu tun?«
»Weiß ich auch nicht. Nur so viel, er hat die Cops gerufen und ist anschließend abgetaucht.«
»Bis wir ihn gesprochen haben, steht er bei uns ganz oben«, schaltet sich Krantz ein. »Ist vielleicht ein Trittbrettmord.« Und zu ihrem Partner: »Hab’s eben durchgegeben.«
Ranson nickt. »Besser, ihr verschwindet, gleich geht der Tanz los. Ich geb dir Bescheid, wenn wir den Bodyguard haben.«
Chan, der sich im Hintergrund gehalten hat, fragt: »Was für ein Tanz?«
»News«, sage ich knapp. »Danke, Ranson, bin dir was schuldig.« Ich winke Chan und laufe zum C-Jet zurück. Springe rein und starte, kaum dass Chan sitzt.
»Was soll der Stress?«, japst er, als ihn der Andruck in den Konturensitz quetscht.
»Krantz hat gerade Punkte bei den News gemacht«, erkläre ich. »Ist ’n kleiner Nebenjob für die DWNTN-Cops. Wäre nicht gut für uns, wenn wir da rumstehen, wenn ihre Drohnen die Gegend fluten.«
Doch noch jemand hat es eilig, an den Tatort zu kommen, so eilig, dass sein stahlgrauer BMW-Zenturion knapp an uns vorbeischrammt und der Aufprallalarm erst losgeht, als ich den Saab-Aeropace bereits steil noch oben ziehe.
»Scheiß-verfickte-Kreuzritter«, brülle ich ihm nach – ich konnte das DCU-Logo auf dem CJ gerade noch erkennen. »Das nächste Mal bist du dran, Arschloch!«
»Hey, hey, ganz ruhig, Partner, er kann dich nicht hören.«
»Glaubst du, das weiß ich nicht?« Ich spüre, wie sich die Erschöpfung in meinem Körper breit macht. Ein paar Stunden schlafen, nicht mehr. Dann Ransons File abrufen und über Uhura Krantz’ Bemerkung über den Trittbrettmord nachdenken.
Aber die Nacht ist noch nicht zu Ende: ein weiterer Mord, diesmal in der Warring-Residenz in Uptown. Die Nachricht kommt direkt von meinem obersten Boss, DA Brannigan. »Bewegen Sie Ihren Arsch hier rüber, Donovan, aber schnell.« Okay, er hat’s anders ausgedrückt, die Botschaft ist dieselbe.
Fettes Ding. Der ganze Block ist abgesperrt. Suchscheinwerfer gibt es hier nicht, schließlich wohnen hier wichtige Leute und die wollen in Ruhe schlafen, dafür umschwirren Überwachungsdrohnen den City Jet. Ich lande und werde sofort von nervösen Mitgliedern der Bürgerwehr umringt, die unsere IDs überprüfen.
»DA Brannigan hat uns angefordert«, pampe ich den Bürgerwehrtypen an, als er zum dritten oder vierten Mal meine Daten an die Zentrale durchgibt. Ohne auf eine Antwort zu warten, schiebe ich mich an ihm vorbei und betrete zum zweiten Mal in dieser Nacht den Schauplatz eines Mordes. Hätte nicht gedacht, dass ich so schnell in der Uptown landen würde.
Der Bezirksstaatsanwalt ist von New Frontier rübergeflogen. Sein Kopter steht auf dem Vorplatz, die Rotoren noch in Bewegung. Ich recke den Hals, versuche ihn in der Menge zu entdecken – vergeblich. Also gehe ich erst mal ins Haus.
Im Gegensatz zu der Bürgerwehr-Präsenz draußen vor der Warring-Villa, laufen in der Vorhalle nur Typen vom internen Sicherheitsdienst rum. Sie werfen flüchtige Blicke auf meine Uniform und machen weiter mit dem, was immer sie gerade machen. Wirklich ausgeschlafen, die Typen. Fühlt man sich gleich viel sicherer. Ich werfe Chan einen schrägen Blick zu. Er zuckt nur die Schultern und schweigt. Gut so. Noch einmal wegen unangemessenen Benehmens in der Öffentlichkeit vom Lieutenant abgekanzelt zu werden muss ich nicht haben.
Stimmen aus dem Raum hinter der geöffneten Flügeltür. Wütend, bestimmt und beruhigend und ausweichend. Ich winke meinem Partner, und wir treten ein. Von hier aus also wird unsere korrupte Stadt regiert. Ich sehe mich neugierig um. Alles in dem weitläufigen Arbeitszimmer sagt »VIP«: der große Schreibtisch mit leerer Platte, die teuren Gemälde auf der Seidentapete, die großzügig verteilten und dezent beleuchteten Kunstgegenstände – vermutlich Geschenke treuer Wähler – und der knöcheltiefe Teppich. Was nicht ins Bild passt, ist der Tote. Er liegt auf dem Rücken, Brustkorb vom Einschlag zahlreicher Highspeed-Geschosse zerfetzt. Ich trete näher.
Diesmal kenne ich den Toten wirklich. Es ist Herman Santero, der finstere Hombre aus der Endstufe. Ein Verdächtiger weniger auf der Liste, aber wer bleibt übrig? Verdammt, dieser
Weitere Kostenlose Bücher