Downtown Blues
sie da? »Verdammter Schwachsinn«, fauche ich sie an. »Seit wann gibt es fliegende Cabrios?«
»Was kann ich denn dafür. Ich sag nur, was ich gesehen habe, und außerdem muss ich jetzt gehen.«
»Hey, warte.« Chan versucht sie aufzuhalten.
»Lass sie gehen, die hat dich verarscht. Wollte nur Drinks schnorren.«
»Und warum hat sie dann nichts getrunken?«
»Weiß ich doch nicht«, sag ich mürrisch. »Fest steht jedenfalls, dass sie dich verarscht hat. Fliegende CJs gibt’s nicht und hat’s nie gegeben.«
»Irrtum.« Chan grinst sein überhebliches Grinsen. »Was ist mit diesem Desert Racer, den dein großer, starker Freund fährt?«
»Glaubst du etwa, Brubaker steckt hinter den Morden? Dir haben sie doch ins Hirn geschissen, Chan!«
»Hey, hey. Wer sagt denn hier so was? Aber überleg doch mal. Sieht das Teil nicht wie ’n Cabrio aus?«
Was ist los mit mir? Warum verteidige ich Brubaker und beschimpfe meinen Partner? Ich bin es, die hier verrückt ist. Ich schreie so laut, dass sich die Köpfe drehen. Eine, die zu mir rübersieht, ist LaSalle. Scheiße. »Lass mich in Ruhe, okay? Lass mich nur in Ruhe!« Ich springe auf und laufe raus. Chan folgt mir dichtauf.
Draußen, in der schwülen Nacht. »Tut mir Leid, Partner«, quetsche ich eine lahme Entschuldigung raus. »Ist wohl mit mir durchgegangen.« Nein, der Geist deiner Ex-Partnerin ist in dich gefahren, Donovan. So geht’s nicht weiter. Zeit für ein paar Antworten.
Morales ist in ihrem Kabuff und lädt sich gerade ein paar Files runter. Das muss ja ’ne kurze Schulung gewesen sein, denke ich, als sie den Kopf hebt und mich bemerkt. Sie verzieht unwillig das Gesicht. Störe ich nur, oder habe ich schon wieder was falsch gemacht?
»Ich beantrage Einblick in CF-Agent DelMonicos Akte, Lieutenant«, sage ich förmlich.
Morales sieht mich abwartend an, sagt weder ja noch nein.
»Es hängt mit diesen Downtown-Schlitzer-Morden zusammen«, sage ich hastig und merke sofort, wie unglaubwürdig das klingt – zu spät.
»Mir liegt eine interne Beschwerde vor. Es geht um Ihren Auftritt im Coco Loco. «
»Dieses Miststück«, rutscht es mir raus. »Was hatte LaSalle überhaupt da zu suchen?«
Morales überhört das. »Solange Sie im Dienst sind und Ihre Uniform tragen, benehmen Sie sich auch so, CF-Agent Donovan, kapiert?«
»Ja, Lieutenant«, sage ich kleinlaut. Sie hat ja Recht, ich hab Scheiße gebaut. In einer Mordserie ermitteln bedeutet schließlich nicht, dass sich alle Köpfe nach einem umdrehen sollen.
»Was suchen Sie in DelMonicos Akte?«
»Irgendetwas, was auf ihren Aufenthaltsort hinweist.«
»Tut mir Leid, Donovan, ich kann Ihnen nicht helfen.« Sie sagt es knapp und emotionslos. Sie hat nicht mal in den File gesehen!
»Ich hab verstanden, Lieutenant.« Es gelingt mir nicht, meine Verbitterung zu verbergen. J.P. Morales gehört also auch zu denen, die alles vertuschen müssen. Vielleicht hat Del sogar den richtigen Weg gewählt, vielleicht ist auch für mich kein Platz mehr in der City Force.
»Nein, haben Sie nicht«, sagt sie. »Ich habe die Unterlagen schon vor Wochen nach Hinweisen durchsucht.«
»Warum?« Wieder rutscht mir was raus. Geht mich doch gar nichts an. Sie ist der Boss. Aber sie versteht es nicht falsch.
»Wir haben in den letzten Monaten viel zu viele Ausfälle. Gute, engagierte Agenten tauchen ab, wie DelMonico, oder bauen so viel Scheiß, dass nur die unbefristete Suspendierung bleibt.«
Wie Stephen Brubaker, ergänze ich stumm und überlege fieberhaft, wie ich unauffällig das Gespräch auf ihn bringen kann. Aber ich denke zu langsam. Der richtige Moment kommt und vergeht.
»Kommen Sie mit Ihrem Fall voran?«
Ich schüttle den Kopf. »Bis jetzt nicht.« Damit ich nicht als völliger Versager dastehe, behaupte ich: »Aber es gibt einige vielversprechende Hinweise. Chan wird ihnen noch heute nachgehen.«
»Das ist gut. Sie werden es schon schaffen, Donovan.« Sie steht auf. »Tut mir Leid, dass ich Sie nicht weiter unterstützen kann. Dieses dumme Training …« Sie klingt, als meinte sie es ernst. Vielleicht gehört der Lieutenant doch zu den Guten.
LaSalle ist an ihrem Platz. Sie hat ihren Stuhl zurückgekippt, die Füße auf den Tisch gelegt und studiert die Flecken an der Decke. Zieht sie diese Show etwa für mich ab? Sie ist nicht überrascht, als ich mich vor ihr aufbaue. »Los, sag’s mir, LaSalle, wo steckt Del?«
Sie sieht mich gelangweilt und erstaunt an. »Wovon redest du, Donovan?«
»Du
Weitere Kostenlose Bücher