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Downtown Blues

Downtown Blues

Titel: Downtown Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Myra Cakan
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und den Serviceleuten?«
    »Uahgh.« Ein zorniger Aufschrei von Santero – er bewegt sich, als wollte er sich auf jemanden stürzen –, gefolgt vom Jaulen von Hochgeschwindigkeitsgeschossen, und Santero bricht zusammen, fällt auf die Knie und dann auf den Rücken, ein Loch in der Brust so groß wie ein Haus. Selbst in der Aufzeichnung sieht es verdammt eklig aus.
    »Halt, zurück«, brülle ich. »Wer hat da geschossen?«
    »Ist nicht zu sehen.« Der Sicherheitstyp versucht seine Erleichterung zu verbergen.
    »Verarsch mich nicht«, sage ich so leise, dass nur er es hören kann. »Wenn ich merke, dass du an der Aufzeichnung rumgemacht hast, bist du dran.«
    »Das ist das Original«, behauptet er. »Die Person stand außerhalb des Sensors.«
    Ich glaube ihm. Doch das bedeutet, jemand, der sich im Haus auskennt, jemand, der weiß, in welchem Zyklus und Radius die Drohnen den Raum scannen, hat Herman Santero erschossen.

Sternenstaub

    Morgengrauen, selbst hier in der Downtown wird es schon hell. Ich will noch mal an den DWNTN-Tatort zurück, vielleicht hilft es mir, die verschlossene Tür in meinem Kopf zu öffnen. Der DA hat den Kopter zurückgeschickt und sitzt neben mir im Saab-Aerospace, während Chan hinten hockt und ein Schläfchen hält. Er nennt es meditieren, aber ich weiß es besser.
    »Was wollen Sie mich den ganzen Tag schon fragen, Donovan?« Unvermittelt spricht Brannigan mich an.
    Bin ich so leicht zu durchschauen? Ich weiß nicht, wie ich es am besten sagen soll, doch dann platze ich damit heraus. »Was hat Brubaker mit dieser Drogenprinzessin zu schaffen? Ich denke, er wurde von dem Undercover-Job längst abgezogen, und suspendiert ist er doch auch.«
    »Woher wissen Sie …?« Er starrt mich an, verblüfft und sehr, sehr sauer.
    Warum? Weil ich gefragt habe oder weil er nicht wusste, was der Champ so treibt? »Ich hab sie zusammen gesehen, vor zwei Tagen in der Endstufe. Das ist ein Club in …«
    »Ich weiß, wo das ist.« Er ist immer noch sauer. Schließlich sagt er: »Okay, ich glaube, Sie haben ein Recht auf die Wahrheit. Brubaker ist für mich zurückgegangen – inoffiziell, ohne Rückendeckung.« Er muss etwas in meinem Gesicht gelesen haben, von dem ich nicht wusste, dass es zu sehen ist, denn er erklärt hastig: »Es war sein Vorschlag. Er wollte –« Er bricht ab und reibt sich die Stirn. »Verdammt, ich fürchte, er ist da in was reingeraten …« Er sieht mich mit seinen intensiven, pigmentverstärkten Augen an. »Haben Sie mit ihm gesprochen?«
    Ich schüttle den Kopf und wünschte, ich hätte, und weiß doch, dass ich es nicht fertig gebracht hätte. Das ist alles so verwirrend, meine Gefühle für Brubaker, die Stadt mit ihren Regeln. Plötzlich alarmiert: »Glauben Sie etwa, Brubaker hat was mit diesen Morden zu tun?«
    »Ich hoffe nicht.« Er packt meinen Arm und drückt ihn schmerzhaft. »Gibt es etwa Hinweise …?«
    Nein, natürlich nicht, will ich sagen, doch ich schweige. Auf einmal wird mir klar, es gibt sie. Brubakers Verbindung zur Capistrano-Familie, die Aussage, dass der Killer ein »Cabrio« hat. So schnell wird man also zum Verdächtigen. Ich werfe Brannigan einen Blick zu. Wartet er auf meine Antwort? Anscheinend nicht. Er starrt vor sich hin und redet einfach weiter. »Das wäre mein schlimmster Alptraum. So viele Freunde verloren für diese Farce.«
    Wovon zur Hölle spricht er, wird er jetzt irre? Stress, denke ich und bin fast erleichtert. Der DA zeigt typische Anzeichen von Stress. Vorsichtig befreie ich meinen Arm und reibe ihn unauffällig. Immer höflich, Donovan, er ist dein Boss. Ich fliege einen flachen Bogen über der Sackgasse und der Capistrano-Festung.
    Die News sind immer noch vor Ort, ebenso der Beobachter der DCU. Ich öffne einen Link zu den Drohnen: Alle reden darüber, wie sich die Machtverhältnisse in den Kartellen verändern werden, ob sich der Wechsel in der Hierarchie bis zu den Banden fortgesetzt wird, ob Unruhen zu erwarten sind, bla, bla, bla. Ich schalte den CJ auf Schwebemodus und seh mir das Spektakel an, und auf einmal habe ich ein ganz seltsames Gefühl. Hier geht es überhaupt nicht um Kartelle oder Downtown-Schlitzer – dieser Mord war persönlich. Nur, das zu beweisen, ob mir das gelingt?
    Auch Brannigan beobachtet die Szenerie mit zynischem Lächeln. »Was für ein gelungenes Schauspiel«, sein Kommentar.
    Ich stutze. Ich kenne diesen Tonfall, so redet keiner mit Stresssyndrom, so redet einer, dem was im Magen liegt, was raus

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