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Dr. Bill Brockton - 04 - Todesstarre

Dr. Bill Brockton - 04 - Todesstarre

Titel: Dr. Bill Brockton - 04 - Todesstarre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jefferson Bass
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wie auf den Reklametafeln, die die Menschen in Oak Ridge ermahnt hatten, den Mund zu halten.
    »Okay«, sagte ich.
    »Ach, schon gut, ich erzähl’s Ihnen«, sagte er. »Gleich nachdem Sie von Beatrice’ Auffahrt aus angerufen hatten, klingelte schon wieder das Telefon. Es war der Empfangschef vom Doubletree, er hatte die Zeichnung in der Zeitung gesehen. Der neugierige Dokumentarfilmer -Willard Clarkson war sein Name – hat vor siebzehn Tagen, am neunten Januar, im Hotel eingecheckt. Am zehnten hat er das hier nach New York gefaxt. Und er hat nach mehr Schokoladenkeksen verlangt.«
    »Das Doubletree macht verdammt gute Schokoladenkekse«, sagte ich.
    »Ja, aber jeder kriegt nur einen Keks, und nur beim Einchecken«, sagte Emert. »Der Kerl hat einen zweiten verlangt. Er war wohl der Meinung, allgemeine Regeln würden für ihn nicht gelten.«
    »Wer sind Sie, die Keks-Polizei? Wollen Sie behaupten, er hatte den Tod verdient, weil er zum Empfangschef zurückging und sagte: ›Bitte, Sir, kann ich noch einen Keks haben?‹? Zum Teufel, das hab ich auch schon gemacht.«
    »Tun Sie’s nie wieder«, sagte er. »Sie sehen ja, wohin das führen kann.«
    »Der Empfangschef hatte eindeutig ein hinreichendes Motiv«, sagte ich. »Also, dieser Schülerliga-Dokumentarfilmer …«
    »Provinzliga«, sagte Emert.
    »Provinzliga?«
    »Schülerliga ist ein wenig hart«, sagte er. »Clarkson hatte schon Sendungen für den History Channel gemacht. Beiträge über Flugzeugträger, Jagdflugzeuge und Bomber im Zweiten Weltkrieg. Nicht schlecht. Und ein paar glanzvolle Sachen für A&E. Aber, wie ich schon sagte …«
    »Bevor Sie so unhöflich unterbrochen wurden?«
    »Bevor ich so unhöflich unterbrochen wurde«, wiederholte er. »Am Nachmittag des zehnten Januar hat er dieses Fax geschickt und widerrechtlich um einen zweiten Keks gebeten. Und danach hat ihn im Doubletree nie wieder jemand zu Gesicht bekommen.«
    »Sie haben gedacht, er hätte sich aus dem Staub gemacht?«
    »Sie haben nur gedacht, er wäre ein komischer Kauz oder sehr zurückgezogen. Er hatte gesagt, er würde einige Wochen bleiben. Sie hatten seine Kreditkartennummer in den Unterlagen, und an der Tür hing das BITTE-NICHT-STÖREN-Schild. Also haben sie ihn in Ruhe gelassen.«
    »Zehnter Januar«, sagte ich. »Das war, wenn ich mich recht erinnere, unmittelbar bevor der Osten von Tennessee sich in die Antarktis verwandelt hat.«
    »Ja«, sagte er. »Und einen Tag nachdem Leonard Novak sich in der Stadtbücherei diese Bücher über das Venona-Projekt ausgeliehen hat.«
     
    Emert fuhr ins Doubletree, um die Durchsuchung von Willard Clarksons Hotelzimmer zu beaufsichtigen, und ich fuhr wieder einmal den Hügel hinunter in die Stadtbücherei. Ich hoffte, dass Isabella inzwischen wieder da war und dass es ihrem Vater wieder besser ging, doch die Vertretung am Auskunftstisch musste meine Hoffnungen enttäuscht. Auch meine nächste Hoffnung wurde enttäuscht: Nein, sie wusste nicht, wie es Isabella ging oder wohin ich ihr eine Karte schicken konnte, um ihrem Vater gute Besserung zu wünschen, oder wann sie wieder da wäre. Ich versuchte, meinen Frust und meine Verlegenheit zu überspielen. Ich wirkte doch wie ein Stalker oder ein Idiot, ging mir auf, dass ich hinter einer Frau her war, die mich nicht für wert befand, sich in einer Krise an mich zu wenden.
    »Ich hatte gehofft, heute einige historische Nachforschungen anstellen zu können«, sagte ich. Das stimmte nicht – es war eine fadenscheinige Ausrede für meine Anwesenheit in der Bücherei –, doch sie schloss mir den Oak-Ridge-Raum auf, und ich fand es irgendwie tröstlich, dort zu sein. Ich betrachtete Fotos vom Oak Ridge National Laboratory und sah, wie der Graphitreaktor auf einem Hügel vor dem Hintergrund eines bewaldeten Höhenzugs Gestalt annahm. Ich sah das riesige, U-förmige Gebäude der K-25-Anlage, wo Uran in gasförmiger Form angereichert wurde. Die K-25-Anlage war die letzte, die vollendet wurde, von der Kapazität her aber die größte, als hätte ein schwerfälliger Uran-Güterzug endlich Fahrt aufgenommen. Ich sah die ovalen Rennbahnen derY-12-Anlage, deren D-förmige Calutrone mit tausenden von Tonnen Silber verbunden waren, die das Schatzamt zur Verfügung gestellt hatte. Und ich sah Beatrice, wie sie auf ihrem Stuhl saß, eine Hand auf ewig über den Reglern schwebend, wie sie die Flugbahn von Uranatomen und den Lauf der Menschheitsgeschichte veränderte.
    In einem Aktenordner, der mit »Leben

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