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Dr. Bill Brockton - 04 - Todesstarre

Dr. Bill Brockton - 04 - Todesstarre

Titel: Dr. Bill Brockton - 04 - Todesstarre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jefferson Bass
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Emert um. »Geht es Ihnen gut? Sind Sie bereit?«
    »Bereit«, sagte er, doch es klang nicht so, als meinte er es ernst. Als Garcia mit dem Rippenspreizer die Rippen vom Brustbein trennte, hörte ich den Detective bei jedem Knirschen leise stöhnen. Als Garcia die Bauchhöhle aufschnitt und sich an die Darmexenteration machte, wie Rechtsmediziner das nennen, nahm die Sache eine interessante Wendung. Genauer gesagt, zwei.
    Darmexenteration bedeutet, die Eingeweide herauszunehmen, um sie dann zu zergliedern und aufzuschneiden, um den Inhalt und die Auskleidung zu untersuchen. Ich hatte Garcia von dem Durchfall berichtet, und er hatte nur genickt, doch ich wusste, dass er dem Verdauungstrakt besondere Aufmerksamkeit widmen würde. Wer sich je übergeben hat oder Durchfall hatte, weiß, dass der Inhalt des Verdauungstrakts nicht der appetitlichste Teil des menschlichen Körpers ist. Die verwesten Leichen auf der Body Farm rochen ja in der Regel ziemlich schlecht, besonders in der Sommerhitze, doch im Vergleich zu dem, was aufstieg, wenn ein Rechtsmediziner sich an die Untersuchung der Därme machte, waren sie absolut wohlriechend.
    Doch bei Novaks Darm war das anders. Sobald Garcia den Darm gefiedelt hatte, um Dünn- und Dickdarm als Ganzes zu entnehmen, fing dieser an, in Garcias Händen zu lecken. Als Erstes breitete sich der Gestank nach Erbrochenem und Magensaft aus, der aus dem noch in der Bauchhöhle befindlichen Magen sickerte. Ich habe keinen besonders gut entwickelten Geruchssinn, was bei meinem Beruf wahrlich ein Glück ist, doch der Gestank des Mageninhalts war selbst für mich schwer zu ertragen. Dann rissen die Därme in Garcias Händen auseinander, und der Gestank nach Erbrochenem wurde von Fäkaliengestank überlagert. Doch da war noch eine Geruchsnote, die ich als Verwesungsgestank erkannte. Leonard Novak, erkannte ich, war von innen nach außen gestorben. »Jesus, Maria, José«, flüsterte Garcia auf Spanisch mit mehr Akzent, als ich je aus seinem Mund vernommen hatte. »Miranda, helfen Sie mir hier bitte mal.« Miranda eilte an seine Seite, und zusammen – mit vier hohlen Händen, die die Därme hielten – senkten sie die Därme des Toten ins Waschbecken.
    Der Anblick und der Gestank reichten aus, um selbst den stoischsten Menschen umzuhauen.
    Und Detective Emert war nicht besonders stoisch. Dicht hinter meiner Schulter hörte ich ein Stöhnen und ein Würgen. Gefolgt – mit unglücklicher und unausweichlicher Schnelligkeit – von einem Gurgeln und dem Klatschen von Erbrochenem, das sich über meine rechte Schulter und meinen Arm ergoss.
    »Vielen Dank«, sagte Miranda. »Für meinen Geschmack war es hier fast schon ein wenig zu angenehm.«
    Ich half Emert aus dem Raum, wischte seine Sauerei auf und suchte mir eine saubere Garnitur OP-Kleidung. Als ich in den Sektionssaal zurückkehrte, beugte sich Garcia verwirrt über die Eingeweide und stocherte mit Schere und Zange darin herum. »Hmm«, sagte er in regelmäßigen Abständen. Nach einem halben Dutzend »Hmms« dachte ich, es könnte nicht schaden, ihn zu fragen, was er damit meinte.
    Also fragte ich: »Was meinen Sie mit › hmm‹?«
    »Im Darm sind sehr viel Blut und Nekrosen«, sagte er. Ich nickte. Nekrosen – totes Gewebe – passte zu dem Verwesungsgeruch, der mir aufgefallen war. »Auch im Magen ist einiges, aber bei weitem nicht so viel wie in den Därmen. Fast, als wären die Eingeweide verbrannt.«
    »Wie? Gift? Säure?«
    Garcia schüttelte den Kopf und studierte das Innere einer Darmschlinge. »Wir haben hier Folgendes«, erklärte er. »Während Sie draußen waren, habe ich mir Mund und Speiseröhre angesehen. Beides völlig unauffällig. Wenn der Kerl so viel Säure geschluckt hätte, dass diese so etwas hier hätte anrichten können, wären auch Mund und Speiseröhre in Mitleidenschaft gezogen worden.«
    Dann sagte er noch einmal »Hmm«, diesmal mit tieferer Stimme – mehr im Tonfall von »aha« als von »Was zum Teufel?«.
    »Haben Sie etwas gefunden?« kam Miranda mir mit ihrer Frage zuvor.
    »Vielleicht«, sagte er. »Ich bin mir nicht sicher.« Mit der Zange holte er etwas aus dem Waschbecken und legte es in die behandschuhte Handfläche seiner linken Hand. Er legte die Zange zur Seite und rollte das kleine Objekt mit dem rechten Zeigefinger herum, dann hob er es hoch und betrachtete es genauer. Es war klein und zylindrisch, etwa sechs Millimeter lang und drei Millimeter im Durchmesser, an einem Ende abgerundet, am anderen

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