Dr. Bill Brockton - 04 - Todesstarre
Angst. Ich möchte nicht kontaminiert werden.«
»Oh, um Gottes willen«, fuhr der Arzt auf. Doch als er die Panik in ihren Augen sah, wurde sein Tonfall sanfter. »Das ist nichts Übertragbares«, sagte er. »Nicht wie bei einem Virus oder einer Chemikalie. Es ist eher wie ein Sonnenbrand, obwohl man noch nichts sieht. Sie können sich bei ihm genauso wenig anstecken, wie Sie sich an einem Sonnenbrand anstecken können.« Er legte Garcia eine Hand auf die Schulter und ließ sie dort liegen, um ihr zu zeigen, dass sie sich nicht zu fürchten brauchte. »Ich würde ihm ja selbst Blut abnehmen, aber es ist zwanzig Jahre her, dass ich es das letzte Mal gemacht habe, und es wäre grausam und unmenschlich, Dr. Garcia meinen eingerosteten Künsten auszusetzen.« Sie zögerte immer noch und rührte sich nicht, bis auf den Kopf, den sie vehement schüttelte: Nein.
Gerade als Davies sich zu seiner autoritärsten Arztpose aufblähte, trat meine Krankenschwester, eine junge Frau, die meine Blutabnahmeröhrchen unaufgeregt und effizient gefüllt hatte, vor und nahm der zögernden Kollegin die Spritze aus der Hand. »Schon gut«, sagte sie. »Ich mach’s.« Mit dem Zeigefinger tippte sie Garcias Armbeuge an, damit die Vene sich zeigte, und stach die Nadel hinein.
Garcia hob den Kopf und musterte ihr Gesicht. »Wie heißen Sie?« Seine Stimme klang dünn und gezwungen.
»Darcy«, sagte sie. »Darcy Bonnett.«
»Vielen Dank, Darcy.«
»Gern geschehen«, erwiderte sie, und als sie fertig war, drückte sie kurz Garcias Hand.
Nachdem man uns also Blut abgenommen hatte, wurden wir mit Plastikbechern auf die Toilette geschickt. Als ich mit dem warmen Becher in der Hand wieder herauskam, sah ich einen großen, sonnengebräunten, grauhaarigen Mann in Zivilkleidung – Khakihose, blaues Hemd und rote Krawatte – im Gespräch mit Dr. Davies. Er stellte sich als Chris Sorensen vor, Arzt für Strahlenmedizin von REAC/TS. Nachdem Miranda, Garcia und Emert aus den anderen Toiletten gekommen waren und ihren Urin abgegeben hatten, versammelten wir uns alle instinktiv um Davies und Sorensen. »Ich habe mich von Hank gerade auf den neuesten Stand bringen lassen«, sagte Sorensen. »Er und Duane Johnson glauben, sie können die Strahlungsquelle bergen und in einen Schutzbehälter tun. Die gute Nachricht ist also, dass sie bald sichergestellt sein wird.«
»Ich wette, Sie erzählen uns gleich auch die schlechte Nachricht«, versetzte ich.
»Die ist nicht besonders toll«, sagte er. »Es ist eine Gammastrahlungsquelle, so viel ist sicher. Zum Glück scheint es eine verschlossene Punktquelle zu sein, dieses kleine Pellet, das aus Dr. Novaks Eingeweiden stammt. Gammastrahlungsquellen verbreiten keine Kontamination, sie strahlen nur. Wie Licht aus einer Glühbirne im Gegensatz zu Wasser aus einem Gartenschlauch.« Das klang, als entstammte es einem Vortrag an der Highschool, den er schon oft gehalten hatte. »Doch diese Strahlungsquelle ist Iridium-192, das sehr intensiv strahlt.«
»Sie meinen gefährlich«, sagte Miranda.
Er zögerte, doch nur kurz. »Ja«, bestätigte er, »gefährlich. Diejenigen von Ihnen, die das Pellet angefasst haben …«, er richtete den Blick direkt auf Garcia und Miranda, was mir verriet, dass Hank ihn in Kenntnis gesetzt hatte, »… werden womöglich Verbrennungen an den Händen erleiden. Meine andere Sorge ist, wie viel Ganzkörperexposition Sie alle abbekommen haben. Wir müssen herausfinden, ob sie ausreicht, um Ihr Knochenmark oder die Auskleidung Ihrer Eingeweide zu schädigen. Wir müssen nach zwölf und nach vierundzwanzig Stunden noch einmal ein Großes Blutbild machen, um zu sehen, ob die Zahl Ihrer Lymphozyten zurückgeht.«
»Verzeihen Sie, Doktor«, sagte Emert. »Die Zahl unserer was?«
»Lymphozyten«, sagte er. »Sie gehören zu den weißen Blutkörperchen. Wenn ihre Zahl merklich sinkt, bedeutet das, dass die Stammzellen in Ihrem Knochenmark schwer getroffen wurden. Es bedeutet auch, dass Sie anfällig sind für Infektionen.«
»Eine Art strahleninduziertes Aids«, fügte Miranda hinzu. Allmählich wünschte ich mir, sie besäße keine so ausgeprägte Vorliebe für grausige Analogien.
»Gewissermaßen«, stimmte Sorensen ihr zu. »Veränderungen der Lymphozytenzahl zu beobachten ist eine Möglichkeit, uns ein Bild davon zu machen, welcher Strahlendosis Sie ausgesetzt waren. Eine zweite liegt in der Rekonstruktion des zeitlichen Ablaufs des Vorfalls. Ich möchte Sie also alle bitten, gut
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