Dr. Bill Brockton - 04 - Todesstarre
bei Ihnen ausgebildet wurden. Es ist eine tolle Gelegenheit für sie.«
»Wir sind immer gern behilflich«, sagte ich. »Und Sie müssen mich nicht mit ›Sir‹ anreden. Zum Teufel, schließlich sind Sie das hohe Tier aus dem FBI-Hauptquartier.«
Er setzte ein schiefes, leicht befangenes Lächeln auf. »Sektion für Massenvernichtungswaffen klingt beeindruckend, nicht wahr? Aber in Wirklichkeit stehe ich in der Hackordnung ziemlich weit unten.«
»Also, Captain Sievers hat praktisch vor Hanks Handy salutiert, als Sie gestern mit ihm gesprochen haben«, meinte ich. »Was sagen Sie, um so einen Eindruck zu machen?«
»Nicht viel«, sagte er. »Je mehr ich sage, desto weniger Eindruck mache ich damit, normalerweise jedenfalls.« Das entlockte mir ein Lachen, selbst in meinem müden Zustand. »Die Sektion für Massenvernichtungswaffen gehört zur Abteilung Nationale Sicherheit. Ich habe Captain Sievers nur gesagt, dass es bei diesem Vorfall auch um Terrorismus und die Nationale Sicherheit gehen könnte und dass wir es sehr zu schätzen wüssten, wenn er uns helfen könnte, die Sache unter Verschluss zu halten, bis wir geklärt haben, ob es eine größere Bedrohung gebe.«
»Haben Sie nur Nebelkerzen gezündet, damit Sievers spurt? Oder könnte es tatsächlich eine größere Bedrohung geben?«
»Seit dem 11. September«, sagte er, »betrachten wir jeden verdächtigen Vorfall mit radioaktiver Strahlung als Terrorismus und gehen so lange von einer potenziell größeren Bedrohung aus, bis wir uns vom Gegenteil überzeugt haben.«
Thornton holte eine kleine, auf Hochglanzpapier gedruckte Broschüre aus einer Jackentasche und reichte sie mir. Massenvernichtungswaffen – Weapons of Mass Destruction (WMD). Eine kurze Einführung lautete der Titel. Drinnen wurden auf einer Seite verschiedene Waffen erklärt – explosive, chemische, biologische und atomare –, während auf einer zweiten Seite die Bundesgesetze aufgeführt waren, gegen die Terroristen verstießen, wenn sie Massenvernichtungswaffen einsetzten. Die Innenseite umriss, wie das FBI einschätzen würde, welche Gefahr von einem tatsächlichen oder angedrohten Angriff mit Massenvernichtungswaffen ausgehen würde.
»Ach du Schande«, sagte ich. »Gut zu wissen, dass Sie vorbereitet sind, aber gruselig, dass man so etwas in hohen Auflagen drucken muss. Genauso gruselig wie die Tatsache, dass Sie vom Schlimmsten ausgehen müssen.«
»Wir lassen uns gern vom Gegenteil überzeugen«, sagte er. »Wir haben die Strahlungsquelle ans Savannah River National Laboratory geschickt, wo wir ein forensisches Strahlungslabor haben. Das Labor müsste in der Lage sein, uns zu sagen, woher die Strahlungsquelle stammt und wann sie erzeugt wurde.«
»Sie ist schon da? Das ging aber schnell.«
Er zuckte die Achseln. »Wir dachten, wenn wir eh schon ein Flugzeug nach Knoxville schicken, könnten wir es auch dafür einsetzen. Vor rund dreißig Minuten sind zwei Kollegen von mir damit in South Carolina gelandet. Das ist übrigens nicht für die Öffentlichkeit bestimmt, aber Sie sollen wissen, dass wir in dieser Angelegenheit einigen Aufwand betreiben.«
»Gut zu wissen«, erwiderte ich. »Hören Sie, ich wollte gerade in die Klinik, um nach Dr. Garcia zu sehen. Möchten Sie mich begleiten?«
»Danke, aber ich denke, das muss ich ablehnen«, sagte er. »Ich sollte allmählich mal schauen, was wir in Oak Ridge herausbekommen können.«
»Verstehe«, sagte ich. »Viel Glück.«
In diesem Augenblick hörte ich Mirandas Stimme im Flur. »Hey, Chef, sind Sie bereit, wieder über den Fluss zu fahren?«
»Kann’s kaum erwarten«, sagte ich, als sie in der Tür stand. »Miranda, dies ist Special Agent Charles Thornton. Agent Thornton, darf ich Ihnen meine Forschungsassistentin Miranda Lovelady vorstellen?«
Thornton streckte die Hand aus – mit mehr Eifer als bei mir vorhin, fand ich – und sagte: »Chip. Nennen Sie mich Chip.«
»Miranda leitet das Knochenlabor und arbeitet mit mir an forensischen Fällen«, sagte ich. »Sie war gestern im Sektionssaal dabei.«
»Tut mir leid, Sie unter solchen Umständen kennenzulernen«, erklärte er. »Dr. Brockton hat mich eingeladen, mit Ihnen rüber ins Krankenhaus zu Dr. Garcia zu fahren. Wir können uns unterwegs unterhalten.« Miranda sah mich fragend an, ich antwortete mit einem leichten Achselzucken. Thornton hatte offensichtlich beschlossen, dass seine Nachforschungen in Oak Ridge noch ein wenig warten konnten.
Trotz aller
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