Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dr. Bill Brockton - 04 - Todesstarre

Dr. Bill Brockton - 04 - Todesstarre

Titel: Dr. Bill Brockton - 04 - Todesstarre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jefferson Bass
Vom Netzwerk:
Bohr war Nobelpreisträger genau wie Lawrence und Fermi natürlich. Bohr floh direkt unter den Augen der Nazis, die hofften, ihn anzuwerben, aus Dänemark. Er schaffte es nach London, von wo er und sein Sohn in einem Transportflugzeug der Armee in die Staaten geflogen wurden.«
    »Edward Teller«, sagte Miranda. »Ich bin kein Fan von ihm.«
    »Nein, das würde ich auch nicht erwarten«, sagte er. »Tellers Berühmtheit rührt natürlich aus den späten 40erund 50er-Jahren, als er auf die Wasserstoffbombe drängte – ›Superbombe‹ nannte er sie –, gegen die Bedenken Oppenheimers. Im Manhattan-Projekt haben Teller und Neumann daran mitgearbeitet, den Implosionszünder für die Plutoniumbombe zu entwickeln, die über Nagasaki abgeworfen wurde.« Ich sah, wie sich Mirandas Blick bei der Erwähnung von Nagasaki umwölkte; mir war aufgefallen, dass sie jedes Mal schwer schluckte, wenn die Diskussion von der Herkulesarbeit des Manhattan-Projekts auf die Früchte dieser Arbeit kam.
    In der Hoffnung, uns von Nagasaki wegzubringen, warf ich eine weitere Frage ein. »Was ist mit Kistiakowsky? Von dem habe ich noch nie etwas gehört.«
    »Interessanter Mann«, meinte Thornton. »Sprengstoffexperte. Er hat die erste Skipiste in Los Alamos geräumt, indem er die Bäume mit Sprengstoff fällte.«
    »Cooler Typ«, meinte Miranda. »Sehen Sie, so eine Verwendung von Sprengstoff kann ich frohen Herzens unterstützen.« Ich gratulierte mir schon dafür, dass ich nach Kistiakowsky gefragt hatte, da tappte Thornton bereits in das nächste Fettnäpfchen.
    »Kistiakowsky war einer der unbesungenen Helden des Projekts, wenn Sie mich fragen«, sagte er. »Er war die Verbindung zwischen den Luftschlössern der theoretischen Physiker und den praktischen Realitäten des Baus der Bombe – des ›Dings‹, wie sie sie in Los Alamos nannten – und ihrer Zündung. Kistiakowsky kam auf die Idee, für das Plutonium Sprengstofflinsen einzusetzen.«
    »Linsen?« Ich hatte nicht gewusst, dass für Atombomben auch optische Elemente gebraucht wurden.
    »Keine richtigen Linsen«, sagte er. »So haben sie die Keile aus konventionellem hochexplosivem Sprengstoff genannt. Die Linsen umgaben den kugelförmigen Plutoniumkern. Die Theorie lautete, wenn die Linsen explodieren, lösen sie eine sehr fokussierte Schockwelle aus, die das Plutonium zu einer kritischen Masse komprimiert.«
    »Und krawums?« Die Schärfe in Mirandas Frage war so zart, dass sie fast nicht zu hören war. Mir fiel sie auf, doch Thornton nicht.
    »Krawums«, sagte er mit verhängnisvoller Munterkeit. »Aber die Keile, die Linsen, mussten mit unglaublicher Präzision hergestellt werden, also auf den millionsten Millimeterbruchteil genau. Niemand hat geglaubt, das Kistiakowsky das hinkriegen würde, auch Oppenheimer nicht. Es war sogar so«, fuhr er fort und erwärmte sich immer mehr für die Geschichte, »dass ein Grund, warum sie den Trinity-Test nicht mit einer Plutoniumbombe durchgeführt haben, der war, dass sie zuversichtlich waren, dass die Uranbombe funktionieren würde, hingegen fürchteten, die Plutoniumbombe könnte sich als Blindgänger erweisen. Den armen Kistiakowsky hatten sie für den Fall des Scheiterns schon als Sündenbock auserkoren. Am Ende hatte er die Skepsis der anderen so satt, dass er mit Oppenheimer um einen ganzen Monatslohn – gegen einen Einsatz von zehn Dollar auf Oppenheimers Seite – wettete, dass es funktionieren würde. Und das hat es natürlich auch.«
    »Dann hat Kistiakowsky seine zehn Dollar bekommen«, sagte Miranda, »und Nagasaki wurde dem Erdboden gleichgemacht.« Ihre Stimme troff vor Sarkasmus. »Eine echte Win-Win-Situation.«
    »Es hätte schlimmer kommen können«, versetzte Thornton, der endlich zurückschlug. »Fermi hätte seine Wette gewinnen können.«
    Verdammter Mist, dachte ich, und weiter geht’s.
    »Und worauf hatte Fermi gewettet?«, fuhr sie auf. »Vielleicht darauf, dass wir zur Besinnung kommen und das verdammte Ding nicht über unschuldigen Zivilisten abwerfen?«
    »Leute, Leute«, sagte ich in dem Versuch, den Konflikt zu deeskalieren, doch die Kettenreaktion war längst außer Kontrolle geraten.
    »Nein«, entgegnete Thornton. »Fermi hatte gewettet, die Bombe würde die Atmosphäre entzünden. Er hatte auch noch Nebenwetten angenommen: Würde sie die ganze Welt verbrennen oder nur New Mexico?«
    »Gütiger Himmel«, sagte Miranda. »Das ist ja widerlich.«
    »Sie waren nicht dabei. « Thorntons Stimme war leise,

Weitere Kostenlose Bücher