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Dr. Gordon verliebt

Dr. Gordon verliebt

Titel: Dr. Gordon verliebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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und das Sofa mit ein paar bunten Kissen versehen; Ian Airds «Helfer im Studium der Chirurgie» und Grays «Anatomie» lagen neben Kollegheften auf einem modern gemusterten Tischtuch verstreut.
    «Es tut mir schrecklich leid, Sie in Ihrer Arbeit zu unterbrechen», entschuldigte ich mich, «aber ich habe da eine Reihe von Kardiogrammen, über die ich sehr gerne Ihre Ansicht gehört hätte, Nicki.»
    «Aber natürlich, Richard. Obwohl ich mir schwer vorstellen kann, daß meine Ansicht wertvoller ist als Ihre.»
    «Ich muß schon sagen», fügte ich bewundernd hinzu, «Sie haben Farquys Zimmer wirklich neuen Glanz verliehen. Bisher erschien es mir immer wie Sherlock Holmes’ Arbeitszimmer in der Baker Street.»
    «Ich hab ja gar nicht viel geändert», sagte sie bescheiden. «Aber wollen Sie sich nicht setzen?»
    «Macht es Ihnen etwas aus, wenn ich ein bißchen Pfeife rauche?»
    «Himmel, nein! Von meinem ersten Tag in Oxford an wurde ich direkt in Tabaksqualm geräuchert.»
    «Farquy hat allerdings den Raum schon recht gründlich imprägniert, kommt mir vor. Er schmaucht eine scheußliche schwarze Mischung, die in Dundee speziell für ihn bereitet wird. Sie würde sich vortrefflich zum Ausräuchern von Matratzen eignen.»
    «Wissen Sie, manchmal juckt es mich geradezu, dieses Zimmer neu einzurichten», fuhr sie fort und blickte sich in ihrem provisorischen Heim um. «Es könnte ausgesprochen reizend sein. Als erstes würde ich diese von Unkraut wimmelnde Tapete entfernen.»
    «Ja, und dieser Mahagonigreuel mit dem Spiegel dort in der Ecke ist auch eher ein Mißgriff, finden Sie nicht?»
    Wir plauderten eine Zeitlang über eine Renovierung des Zimmers, dann über Wohnungen im allgemeinen, über Buden und Vermieterinnen (für die wir nichts übrig hatten), über das Leben in London (das wir schätzten), über die Konzerte in der Festival Hall, die Gasthäuser am Themsekai, die Regatta, die Lokale in Soho, in denen man ein gutes Essen bekommt, die Espressos und den Hyde Park im Frühling. Dann vernahm ich mit Schrecken die Abteiglocke elf Uhr schlagen.
    «Großer Gott!» rief ich und sprang auf. «Jetzt hab ich Ihren ganzen Abend vertrödelt, Nicki.»
    «Das haben Sie natürlich nicht, Richard. Ich hatte mich gar nicht richtig ins Studium der Chirurgie versenkt. Übrigens», sagte sie mit einem Lächeln, «wäre es doch schrecklich, sich an eine Arbeit mit dem Gefühl zu setzen, es würde sich nie die nette Gelegenheit ergeben, sie zu unterbrechen.»
    Ich stimmte ihr mit Wärme bei, doch erachtete es als notwendig, ihr gute Nacht zu sagen.
    «Sie haben aber», rief sie, als ich die Türe öffnete, «dies hier vergessen.»
    «Ach, die Elektrokardiogramme! Wie konnten die mir nur entfallen? Nun, muß ich morgen eben das Lehrbuch zu Rate ziehen. Gute Nacht, Nicki.»
    Am nächsten Abend erhielt ich eine schwierige Röntgenaufnahme, bei deren Auslegung sie mir vielleicht behilflich sein konnte, und am übernächsten galt es, einen beunruhigenden Fall von Diabetes zu besprechen. Dann wieder mußte ich sie um ihre Ansicht über ein Kind befragen, das mir am Nachmittag mumpsverdächtig vorgekommen war, und am darauffolgenden Abend benötigte ich ihren Rat bei einer Fingersepsis, die ich behandelte. Nicki bereitete stets Kaffee und legte einige Schallplatten auf, und es war alles in allem riesig gemütlich.
    Um diese Zeit stellte ich etliche eigentümliche Symptome an mir fest. Ich fühlte mich durchaus nicht krank — im Gegenteil, ich befand mich in einem Zustand sogenannter Euphorie, in dem der davon Befallene von der unerschütterlichen Überzeugung durchdrungen ist, sich des besten Wohlseins zu erfreuen. Doch ich begann an Appetit- und Schlaflosigkeit zu leiden und entdeckte, daß ich leichten Anfällen unterworfen war, bei denen ich für kurze Zeit in Träumereien versank, statt mich der vor mir liegenden Arbeit zu widmen. Dann wieder stellte ich die Symptome paroxysmaler Tachykardie fest: mein Pulsschlag beschleunigte sich plötzlich in beängstigender Weise, wann immer ich — zum Beispiel — Nicki zwecks Besprechung eines klinischen Problems aufsuchen mußte. Ich führte dies auf Nervosität zurück, da ich sehr schüchterner Natur bin. Doch der ganze Komplex dieser Erscheinung war für einen jungen Mann, der zur Selbstbeobachtung neigt, in höchstem Maße bestürzend.
    «Sie hat’s aber schlimm erwischt», sagte Kitten Strudwick eines Morgens zwischen zwei Patienten zu mir.
    «Wie bitte?» fragte ich überrascht.

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