Dr. Gordon verliebt
Komfort ausgestattete Kiste aussah. Das Essen und die tägliche Bierration wurden, wie bei der großen Pest von London, auf der Türschwelle abgestellt, und allmorgendlich erschien MacRitchie, um uns kalten Virus in die Nase zu träufeln. Ein paar Bücher gab’s natürlich, aber sie setzten sich größtenteils aus dem und Romanen zusammen, in denen Bösewichte ändere Bösewichte auf die verschiedenste Manier um die Ecke brachten. Außerdem war noch ein Damespiel da. Hätte nie gedacht», fuhr Grimsdyke, sich plötzlich erhitzend, fort, «was für ein verdammt vertrotteltes Spiel das ist. Nach den ersten drei Tagen, als ich mit hundertsechs gegen hundertfünf in Führung lag, hatten wir einen Streit. Dieser blöde Erskine sagte, ich hätte mit meinem Ärmel einen Stein verschoben. Ich leugnete es. Die Auseinandersetzung verschärfte sich. Themen wie Schwindeln beim Damespiel, ob der Gegner als Gentleman anzusehen sei und wie es sich mit der allgemeinen Moral seiner Familie verhalte, wurden aufs Tapet gebracht. Mit einigem Nachdruck, möchte ich hinzufügen. Zu einer Schlägerei kam es zwar nicht, aber wir verbrachten den Rest des Tages damit, aus entgegengesetzten Fenstern zu starren.»
«Ich muß schon sagen, es erscheint mir einigermaßen hirnrissig, sich wegen eines Damespiels zu streiten.»
«Ach, das verstehst du nicht, Richard. Die Damezankerei war nur ein Symptom. Dieser Erskine — zweifellos ein bewundernswerter Junge und riesig nett und verständnisvoll gegenüber seinen kleinen Schülern — hatte die äußerst irritierende Angewohnheit, ununterbrochen zu sagen. Seine Rede explodierte in einem fort von dieser verdammten Redewendung wie eine minenverseuchte Gegend. Ich fragte mich ständig, wann die nächste in die Luft gehen würde. Eine verflixte Nervensäge, das wirst du zugeben. Außerdem pflegte er seine Teetasse äußerst irritierend in der Hand zu halten — die Finger um den unteren Teil geschlossen. Hätte er das nur jedes zweite Mal getan, wäre alles in Ordnung gewesen. Aber das Unabwendbare dran konnte einen um den Verstand bringen. Daher die tiefsinnigen Betrachtungen in meinem Brief.»
Ich empfand tiefes Mitgefühl mit ihm, als ich mir die Tischsitten Mr. Tuppys ins Gedächtnis zurückrief. «Ich hörte zumindest mit Erleichterung, daß dir nichts Schlimmeres passiert ist. Wahrscheinlich hat Erskine an dir ebenso viele tadelnswerte Gewohnheiten entdeckt.»
«Himmel!» rief Grimsdyke überrascht. «Das ist mir noch gar nicht zu Bewußtsein gekommen.»
«Aber hättet ihr nicht allein Spazierengehen können? Selbst dem zum Tod Verurteilten in der Armensünderzelle wird regelmäßige Bewegung gestattet.»
«Oh, gewiß, man wurde sogar zu gesunden Spaziergängen ermuntert, solange man sich von den anderen fernhielt. Aber das Wetter, Alter! Die ganzen vierzehn Tage goß und stürmte es wie nicht gescheit. Und ich Narr hatte meinen Regenmantel zu Hause gelassen. Hätte gar nicht ausgehen können. Hätte mir ja den fürchterlichsten Schnupfen geholt.»
Ich lachte. «Darf ich meiner Freude darüber Ausdruck verleihen, daß diese unglückselige Erfahrung wenigstens dazu geführt hat, die diplomatischen Beziehungen zwischen uns wieder herzustellen?»
«Mein lieber Richard, du sprichst mir aus der Seele. Ich hab mich wie ein kompletter Idiot benommen, tut mir schrecklich leid.»
«Nein, nein, Grim! Ich war überreizt, weil ich die Verantwortung für Farquys Praxis auf dem Hals hatte.» Kräftiger Händedruck.
«Laß uns unsere Versöhnung in gewohnter Weise untermauern», schlug er vor.
«Blendende Idee!»
Wir gingen über die Straße in den «König Georg».
Nach der ersten Maß Bier bemerkte Grimsdyke: «Du siehst so unternehmend aus, Richard. Schwerarbeit scheint dir offenbar gut anzuschlagen. Hast du jetzt eine Hilfskraft?»
Ich nickte, während ich bedachtsam meine Pfeife stopfte. «Eine Ärztin.»
Er pfiff durch die Zähne. «Großer Gott, Alter! Das muß ja schauerlich für dich sein. Kann sie mir lebhaft vorstellen — eine gräßliche Kreatur mit Klavierfüßen und einem Gang wie ein Heuwagen, der eine Kurve nimmt. Sicher hat sie eine Brille und Kopfschuppen und weiß einfach alles?»
«Nein, nein, nichts dergleichen. Sie ist eins der hübschesten Mädel, denen ich je über den Weg gelaufen bin.»
«Was, wirklich? Dann ist sie als Ärztin hoffnungslos unbrauchbar.»
«Im Gegenteil, sie bewährt sich ausgezeichnet. Kommt mit den Patienten gut aus,
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