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Dr. med. Erika Werner

Dr. med. Erika Werner

Titel: Dr. med. Erika Werner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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vermasseln Sie mir meine Mittagsruhe?! Ich habe Ihnen alles gesagt, was ich weiß und was ich tun kann! Nichts! Was soll ich mehr tun?!«
    »Lesen.«
    »Wie bitte?«
    »Nur lesen. Sonst nichts. Nach zehn Minuten wollen wir uns dann weiter unterhalten, und ich glaube, es wird auf einer anderen Basis geschehen.«
    Dr. Plattner nahm den zusammengefalteten Bogen mit der Aussage Schwester Lutetias aus der Rocktasche und reichte ihn an den Ersten Staatsanwalt weiter. Mißtrauisch betrachtete dieser das Papier. Dann faltete er das Papier auseinander und setzte seine Lesebrille auf. Laut begann er:
    »Eidesstattliche Erklärung der Schwester Lutetia vom Orden der …«
    Er blickte auf und schob die Brille hoch auf die Stirn.
    »Was soll das? Wir haben damals alle Schwestern vernommen! Wer ist diese Schwester Lutetia?«
    »Eine alte Schwester der Klinik, die vor einer Stunde gestorben ist.«
    »Gestor…« Der Erste Staatsanwalt ließ das Papier sinken. »Sie präsentieren mir einen toten Zeugen? Was soll der Unsinn, Herr Doktor?!«
    »Lesen Sie bitte weiter. Natürlich war sie noch nicht tot, als sie die Aussage machte …«
    Der Erste Staatsanwalt sparte sich das Lächeln, das fällig war. Auf solch dumme Witze reagierte ein höherer Beamter nicht. Er zog das Papier wieder an die Augen, ließ die Brille auf die Nase zurückfallen und las stumm weiter. Er las ganz langsam und merkte nicht, wie sein Gesicht rot wurde und seine Lippen zu zittern begannen. Dr. Plattner beobachtete ihn genau. Blutdruck jetzt zweihundertzwanzig, dachte er. Hoffentlich platzt er nicht. Auch die Frau des Staatsanwaltes bemerkte die Änderung im Gesicht des Mannes. Sie ging an den Wandschrank und holte eine Flasche Cognac hervor. Wer über zwanzig Jahre verheiratet ist, kennt die Gegengifte.
    »Das haben Sie gut hingekriegt, Plattner!«
    Der Erste Staatsanwalt ließ das Papier sinken. Er nickte seiner Frau zu, die mit dem Cognac neben ihm stand. »Dem Doktor einen … er hat eine Meisterleistung vollbracht.«
    »Es war purer Zufall. Wäre ich am nächsten Tag gekommen oder nur zwei Stunden später –«
    »Aber Sie waren da … das ist wichtig!« Er nahm ein Glas Cognac und kippte ihn hinunter. »Ich glaube, wir brauchen gar nicht mehr lange zu fragen. Es reicht für eine Wiederaufnahme. Gratuliere. Nach diesem Prozeß dürften Sie umziehen und sich größere Praxisräume suchen. Sie werden einen rasanten Zulauf haben. Es freut mich für Sie, Herr Plattner.«
    »Darf ich bitten, die Wiederaufnahme so schnell wie möglich anzusetzen? Jeder Tag ist ein Tag, an dem meine Mandantin unschuldig im Zuchthaus sitzt. Und jeder Tag kostet dem Staat später eine dicke Entschädigung …«
    In Hochstimmung ging Dr. Plattner nach Hause. In der Praxis war nicht viel los. Die junge Sekretärin hatte zwei neue Fälle aufgenommen. Sie wollten morgen wiederkommen. Eine Schadenersatzklage von zweihundertfünfzig Mark und eine Ehescheidung, weil der Ehemann keine Nudeln mochte und sie gegen die Wand warf.
    »Gehen Sie nach Hause«, sagte Dr. Plattner zu der Sekretärin. »Wir machen heute vorzeitig zu. Ich brauche Ruhe.«
    Die Ruhe sah so aus, daß sich Plattner eine Flasche Sekt gönnte und Dr. Rumholtz anrief.
    »Peter«, sagte er, schon mit schwerer Zunge. »Nimm schnell einen Spiegel.«
    »Idiot! Bist du besoffen?!« Die Stimme Dr. Rumholtz' war böse. »Du solltest dich mehr um Erika kümmern, als dich volllaufen zu lassen.«
    »Nimm einen Spiegel! Hast du?! Bitte, nimm ihn. Hast du?«
    »Ja doch.«
    »Sieh hinein.«
    »Idiot, du!«
    »Sieh hinein. Bitte! Und jetzt, während du hineinsiehst und dein Schafsgesicht dir entgegenschreit, beobachte die Veränderung deiner Visage. In vierzehn Tagen ist die Wiederaufnahme –«
    »Hermann!« schrie Dr. Rumholtz. Plattner hörte es durch das Telefon klirren.
    »Ist der Spiegel hin?« fragte er lallend.
    »Ich habe die Faust hineingeschlagen! Hermann! Bist du besoffen?! Was sagst du? Die Wiederaufnahme? Du hast es erreicht … du hast …«
    »Ich habe den Beweis, den eindeutigen Beweis.«
    »Hermann!«
    Aber Dr. Plattner hörte nicht mehr. Er ließ den Hörer aus der Hand fallen und legte den Kopf zurück auf die Couchlehne. Schlecht war ihm, sauschlecht. Der Sekt und der Cognac tanzten in seinem Hirn einen Höllentanz.
    Als Dr. Rumholtz in die Wohnung Plattners stürmte, fand er den Freund schlafend auf der Couch, mit offenem Mund laut schnarchend.
    Er rüttelte ihn, er gab ihm eine Ernüchterungsinjektion. Aber Dr.

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