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Dr. med. Erika Werner

Dr. med. Erika Werner

Titel: Dr. med. Erika Werner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Plattner wachte nicht auf. Erst gegen Mitternacht war er so weit klar, daß er berichten konnte.
    Mit der Post, die Chefarzt Professor Dr. Bornholm an diesem Morgen von seinem Sekretariat vorgelegt bekam und die er vor der Chefvisite genau durchlas und mit Anmerkungen versah, ehe sie zurück zum Sekretariat oder zu den anderen Abteilungen lief, war auch ein Schreiben gekommen, das Bornholm mit einem eisigen Herzstich aufnahm.
    Der Oberstaatsanwalt.
    Eine Vorladung.
    »Sie werden gebeten, am kommenden Donnerstag, den …«
    Professor Bornholm legte das Schreiben hin und stützte den Kopf in beide Hände. Er machte sich keine Illusionen darüber, was es bedeutete. Es war keine Routineaussprache mehr … nicht nach zwei Jahren. Es war ein Erfolg dieses jungen Anwaltes, der Mißtrauen gesät hatte.
    An mehr dachte Bornholm nicht. Es gab keine Beweise … das war für ihn unumstößlich. Nur Erika selbst konnte sprechen, und sie würde schweigen. Immerhin war es unangenehm, vor den Behörden seine Unschuld beteuern zu müssen.
    Bornholm legte die Vorladung in seine Privatbriefmappe. Dann nahm er seinen großen Terminkalender und notierte sich für den nächsten Tag: 10 Uhr, Besprechung mit Rechtsanwalt Dr. Kaulen. Verleumdungsklage gegen Dr. Plattner einreichen. – 13 Uhr Besprechung mit Schwiegervater. – 15 Uhr Besuch von Erika …
    Zufrieden, aber noch nicht völlig beruhigt lehnte er sich zurück. Seine Gegenmaßnahmen schienen ihm wirkungsvoll zu sein. Da niemand einen Beweis hatte, konnte er diesen jungen Anwalt durch eine Klage lächerlich machen. Mit Erika wollte er noch einmal sprechen und ihr erklären, warum er Petra Rahtenau geheiratet hatte. Er nahm an, daß sie es erfahren hatte. Dafür hatte schon dieser widerliche Zuchthausarzt gesorgt.
    Nach einem kurzen Zögern rief er den Zuchthausdirektor an. Er suchte nach einem Grund für eine Sonderbesuchsgenehmigung, als sich schon die Stimme des Oberregierungsrates meldete.
    Es ging schneller und glatter, als es Bornholm erwartet hatte. Die Genehmigung wurde sofort erteilt. »Aber natürlich, Herr Professor!« sagte der Zuchthausdirektor verbindlich. »Allerdings nur fünfzehn Minuten.«
    »Ich bin Ihnen für jede Minute dankbar, Herr Oberregierungsrat.«
    »Also dann bis morgen, um 15 Uhr, Herr Professor.«
    »Bis morgen.«
    Kaum hatte Bornholm aufgelegt, schellte der Zuchthausdirektor zum Revier durch.
    »Er kommt, Doktor!« sagte er. »Sie haben recht gehabt. Er will retten, was zu retten ist!«
    »Er wird sich wundern!« Die Stimme Dr. Rumholtz' klang nach Kampfeslust. »Wir werden alles vorbereiten!«
    »Wie geht es denn der kleinen Werner?«
    »Besser. Sie hat die Krisis überwunden. Aber sie spricht kaum. ›Ich will nicht mehr‹, sagte sie immer, wenn ich an ihrem Bett sitze. Die Welt, für die sie lebte, ist zusammengebrochen, und sie hat keinen Ersatz für sie …«
    »Noch nicht … Warum sagen Sie ihr nicht, daß Sie …«
    »Um Gottes willen! Das wäre jetzt völlig falsch. Vielleicht, wenn Bornholm morgen wieder fort ist … es wird der letzte Anstoß sein …«
    »Glauben Sie? Und wenn er sie wieder einwickelt mit seinem verteufelten Charme?«
    »Das kann er nicht mehr. Bei Erika ist innerlich alles gestorben. Er wird gegen eine glatte weiße Wand sprechen.«
    »Wer kennt sich bei den Frauen aus, Doktor …«
    »Niemand! Aber so viel weiß ich: Wenn eine Frau haßt, dann ist das das Glühendste, wozu ein Mensch fähig ist.«
    Wenig später saß Dr. Rumholtz wieder am Bett Erikas. Man hatte den Verband von ihrem Kopf genommen, eine Zuchthäuslerin, die einmal Friseuse gewesen war, hatte ihr die Haare geschnitten und mit einer alten Brennschere onduliert.
    Katharina Pleuel hatte dies völlig aus der Bahn geworfen. Mit Jule Blauberg und Berta Herkenrath zusammen saß sie in der Hauptwache und konnte sich nicht beruhigen.
    »Ondulieren!« schimpfte sie. »Locken um das schmale Engelsköpfchen! Im Zuchthaus! Sind wir hier ein Schönheitssanatorium?! Nur, weil man glaubt, sie sei unschuldig. Nur, weil sie schmelzende Blicke werfen kann! Die Männer sind doch alle gleich!«
    Dr. Rumholtz fühlte den Puls und maß den Blutdruck. Erika beobachtete ihn, wie er den Gummiball drückte und dann die Luft wieder langsam abließ. Aber er las das Manometer nicht ab. Er sah Erika an.
    »Warum tun Sie das?« fragte sie schwach. »Heute messen Sie zum viertenmal den Blutdruck.«
    »Ich muß doch einen Grund haben, bei ihnen zu sitzen.« Dr. Rumholtz lächelte

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