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Dr. med. Erika Werner

Dr. med. Erika Werner

Titel: Dr. med. Erika Werner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Sie das eigentlich? Ich bin doch wie alle anderen hier eine Strafgefangene.«
    »Sie sind unschuldig.«
    »Vor dem Gesetz noch nicht.«
    »Was geht mich in Ihrem Falle das Gesetz an, Erika? Kommen Sie, Sie müssen sich anziehen, sich ondulieren lassen, sich schminken … in einer Stunde ist es soweit …«
    Erika nickte. Sie saß im Bett, schmal, blaß, eine Handvoll Mensch nur noch, fast wie ein zitterndes junges Vögelchen, das man im Nest vergessen hatte.
    »Ich habe Angst«, sagte sie kläglich.
    »Ich bin bei Ihnen, Erika. Ich stehe hinter der Tür des Besuchszimmers. Es kann gar nichts geschehen …«
    Dr. Rumholtz half ihr beim Aufstehen. Er stützte sie, als sie die ersten unsicheren, schwankenden Schritte durch die Krankenzelle machte. Mit den Füßen tastend, als gehe sie auf einem dünnen Seil und habe Angst, bei jedem Schritt in eine grundlose Tiefe abzustürzen.
    Sie biß die Zähne zusammen. In ihrem Kopf kam ein Brummen auf, wurde stärker und stärker und quoll immer mehr, als wolle es den Kopf zersprengen.
    »Es geht schon viel besser«, sagte sie, obwohl es vor ihren Augen flimmerte. »Noch ein paar Schritte … und es ist wie früher …«
    Als sie den Stuhl vor dem Spiegel erreichte, war sie froh und ließ sich aufseufzend nieder. Katharina Pleuel wartete mit der Friseuse draußen auf dem Gang. Sie warf Dr. Rumholtz eindeutige Blicke des Mißfallens und der Verachtung zu, als er die Strafgefangene hereinholte.
    »Wie lange dauert's?« fragte die Pleuel giftig.
    »Vielleicht eine halbe Stunde …«
    »Mit Pediküre?«
    Dr. Rumholtz warf die Tür zu. Klappernd hantierte die Friseuse mit den Brennscheren. Sie erhitzte sie über zwei Bunsenbrennern, die Dr. Rumholtz aus dem Behandlungszimmer mit Verlängerungsschläuchen in das Zimmer gelegt hatte.
    »Sie müssen aussehen, als kämen Sie gerade von einer Modenschau«, sagte er zu Erika. Sie lächelte ihn durch den Spiegel müde an.
    »Ich will mir Mühe geben, Doktor.«
    Professor Dr. Alf Bornholm hatte sich ebenfalls sehr gründlich auf seinen Besuch vorbereitet. Noch einmal war er bemüht, den ganzen Charme seiner Person und seiner Klugheit aufzubieten, um Erika das Gelübde des Schweigens noch einmal abzuringen und seine Karriere damit zu retten.
    Genau hatte er die Worte überlegt, die er sprechen wollte. Sie sollten zunächst eine Rechtfertigung seiner Ehe mit Petra Rahtenau werden, dann ein neuer Treueschwur und zuletzt ein Dank, der in goldenen Zukunftsaussichten schwelgte. Alles aber genau dosiert, denn Erika Werner war nicht mehr das kleine Mädchen, das er mit auf seine Hütte genommen hatte, sondern die Zuchthausmonate hatten sie durch eine Lebensschule geschleift, in der das Wort ›Illusion‹ in ›nackte Wahrheit‹ umgetauscht wurde.
    Pünktlich um 15 Uhr meldete er sich bei der Zentralwache am großen, eisernen Tor des Zuchthauses. Man wußte bereits von der Direktion Bescheid. Ohne große Formalitäten – er brauchte nur einen Laufzettel auszufüllen, den er bei der Rückkehr wieder abgeben mußte – wurde er in den großen Gebäudekomplex hineingelassen. Von der Zentralwache holte ihn eine Oberaufseherin ab und führte ihn durch die Höfe zu dem Block, in dem das Zuchthauslazarett untergebracht war.
    »Das Lazarett?« fragte Professor Dr. Bornholm, als er das Rote Kreuz über der Eingangstür sah. »Ist sie krank?«
    »Nein! Aber das normale Sprechzimmer wird renoviert. Wir machen die Besuche jetzt alle im Lazarett.«
    Er wurde durch einen weißen, vergitterten Gang geführt, eine Tür öffnete sich, ein kahler, weißgetünchter Raum mit zwei Türen, ein Tisch, zwei Stühle, ein ebenfalls vergittertes Fenster … die ganze Trostlosigkeit des Ausgestoßenen überwältigte ihn wieder.
    Hier zu leben, dachte er. Monate-, jahrelang … ich würde verrückt werden. Ich würde mir den Kopf an diesen Mauern einrennen. Diese Stille würde mich irrsinnig machen.
    Er setzte sich hinter den Tisch und sah sich um. Durch welche Tür würde Erika kommen? Die Oberaufseherin war draußen geblieben. Er war allein, wie ein Neueingelieferter. Jetzt sah er auch, daß die Türen von innen keine Klinken hatten. Und irgendwie war die Luft anders … dünner, das Atmen wurde schwerer.
    Professor Bornholm sprang auf, rannte an das Fenster und riß es auf. Gierig lehnte er den Kopf an die Gitter und atmete die frische Luft ein, die vom Hof in den Raum wehte.
    »Man kann hier wirklich ersticken!« sagte eine Stimme hinter ihm. Bornholm wirbelte herum. Im

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