Dr. Poptlok Luktor und die Farben des Glücks (German Edition)
so einen Aufsatz über den Wald schreiben. Da ist mir zuerst nämlich nichts eingefallen. Nach unserem Waldspaziergang hab ich den Aufsatz dann sehr schnell gehabt“, redete Regine sich heraus.
Die Nachbarin hatte ihren Kopf leicht geneigt und sah sie eigentümlich an. Dann lächelte sie: „Ihr habt jetzt Ferien, nicht wahr? Da wünsche ich Euch viele anregende Erlebnisse. Tschüs, ihr zwei.“ Sie nahm die Gießkanne auf und schlenderte zum Gartenhaus.
„Tschüs, Frau Kux“, riefen die beiden Kinder.
„Hast du eine Ahnung, was mit ihr los ist?“, fragte Jakob, als Regine die Haustür aufschloss.
„Nein. Sie tut mir furchtbar leid. Sie muss mal was sehr Schlimmes mitgemacht haben, wenn sie jetzt noch deswegen weint.“
Bevor Regine in ihre Theaterprobe ging, gab sie Jakob, wie versprochen, den Zauberfarbkasten.
„Papier hast du selbst?“
„Ja“, bestätigte Jakob. „Auch ein Glas für das Wasser.“
„Weißt du schon, was du malen willst?“, erkundigte sich Regine.
„Noch nicht so recht.“
„Also, wenn es gefährlich wird, dann sag sofort das Lösewort, hörst du?“, mahnte Regine.
„Das ist ja wohl klar!“
„Wenn ich nach Hause komme und du bist nicht in deinem Zimmer, dann schaue ich ins Bild und rufe dich mit dem Lösewort, so wie du das gestern Abend bei Karli und mir gemacht hast.“
„Mensch, mach dir doch nicht so viele Sorgen! Ich bin doch kein kleines Kind mehr!“, beteuerte Jakob und reckte seinen Körper gerade, um größer zu wirken, als er wirklich war.
„Hoffentlich geht alles gut!“
„Warum sollte denn was schief laufen?“ Jakob konnte Regines Sorgen überhaupt nicht nachvoll ziehen.
Er wusste nicht, dass Regine an ihren Traum dachte und an das, was sie in ihrem Aufsatz geschrie ben hatte. Wenn Karli doch recht hatte und Worte Wirklichkeit werden konnten, dann war Jakob in größter Gefahr. Am liebsten hätte Regine ihr Deutschheft verbrannt und so die Worte vernichtet. Aber das Heft hatte die Lehrerin eingesammelt. Es steckte jetzt bestimmt zwischen den 27 weiteren Deutschheften und harrte auf dem Lehrerinnenschreibtisch geduldig der Korrektur. Regine atmete tief durch und ließ Jakob mit dem Zauberfarbkasten allein.
„Sperr bloß nicht ab!“, warnte sie im Hinausgehen.
Jakob schüttelte verständnislos den Kopf. „Sie ist ja fast schlimmer als Mutti“, murmelte er.
Dann drehte er sich zu seinem Schreibtisch um. Freude sprudelte wie ein Strudel in ihm hoch. Voller Tatendrang schob er alles, was er auf seinem Tisch nicht brauchte, einfach über die Kante auf den Boden. Er griff nach seinem Wasserglas und eilte ins Bad.
„Mutti, ich bin in meinem Zimmer. Ich will ein Bild malen, ein ganz großes. Dabei muss ich mich furchtbar konzentrieren“, rief er seiner Mutter in der Küche zu.
„Ist schon gut. Ich stör' dich nicht. Ich hab' ohnehin keine Zeit, weil ich jetzt einiges für den Sonntag richte, wenn Oma und Opa kommen, und mich dabei auch furchtbar konzentrieren muss“, rief die Mutter lachend zurück.
Das war gut. Es würde also niemand in den nächsten paar Stunden in sein Zimmer platzen.
Er öffnete seinen großen Malblock. Verheißungsvoll lag das reine, weiße Blatt Papier vor ihm. Er streckte seine Zunge ein Stückchen aus dem Mund. Das tat er immer, wenn er scharf nachdachte. Seine Hand griff nach einem der schwarz glänzenden Pinsel. In dem Moment wusste er, was auf dem weißen Blatt entstehen würde. Er tauchte den Pinsel zuerst ins Wasser, dann in ein Farb näpfchen, in ein zweites und in ein drittes. Er mischte auf der Palette im Kastendeckel die Farben und tupfte und kleckste sie aufs Papier. Wie weich und geschmeidig sich die Farben anfühlten! Er mischte etwas Weiß dazu. Dann war Dunkelblau dran. Jetzt Braun mit etwas Grün. Dabei entstand ein hohes, wabenförmiges Gebäude, eine Art Turm, und daneben ein niedrigeres, rechteckiges. Wahnsinn, wie echt der Burgfried und der Palas aussahen! Nein, nicht so, wie wenn er ein Foto geschossen hätte. Das hätte nur die Wirklichkeit abgebildet. Da jedoch steckten viel mehr Gefühle drin, Schwingungen, Akzente, Geheimnisse. Jetzt der Burghof mit den Ställen und den Wirt schafts gebäuden. Dazwischen pinselte Jakob Gras und tupfte kleine Blümchen hinein. Wie wär's mit einem Kräuterbeet? Das würde links noch hinpassen. Schließlich wollte er die Burg besonders praktisch anlegen. Halt: der Brunnen. Den durfte er auf keinen Fall vergessen. Und die Mauern mit den Zinnen sowie rechts und
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