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Dr. Sex

Dr. Sex

Titel: Dr. Sex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T. C. Boyle
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richtig verstanden, Prok? Sie schlagen uns eine Affäre vor?«
    Prok machte keine Ausflüchte und redete nicht lange herum – ihm war nichts peinlich, und er überschritt ständig Grenzen, um sie aufzulösen. Er war im Grunde seines Herzens ein Missionar, und dies war seine Mission. »Ja«, sagte er, »genau das meine ich.«
    Ich konnte weder ihn noch Violet ansehen. In meiner Hose regte sich etwas Vertrautes. Ich wollte ein bißchen mehr Zeit, wollte den Augenblick in der Schwebe halten – Hatte er das wirklich gesagt?
    Spielte er für mich den Zuhälter? – , und mein Wunsch ging in Erfüllung.
    Die beiden Mädchen hatten Fangen gespielt, ihre spitzen Schreie waren durch die sich abkühlende Nachmittagsluft bis zu uns gedrungen, aber mit einem Mal standen sie vor uns und riefen mit hoffnungsvollen Gesichtern: »Mommy, Mommy, dürfen wir jetzt Marshmallows rösten? Dürfen wir?«
    »Natürlich«, murmelte Violet zu Lucy, der älteren, »aber du mußt zwei grüne Zweige schneiden und anspitzen. Kannst du das? Und kannst du deiner Schwester helfen?«
    Lucy machte ein ernstes Gesicht. »Ja«, sagte sie, »das kann ich. Komm«, sie wandte sich zu Daphne und konnte die Erregung in ihrer Stimme kaum unterdrücken, »wir müssen Stöcke finden!«
    Ich sah verstohlen zu Iris. Sie lächelte über etwas, das Mac gesagt hatte, und jetzt gab Corcoran auch noch seinen Senf dazu, und sie wandte sich zu ihm, ohne zu ahnen, was hier vor sich ging. Der Wind drehte, die Flammen wichen auseinander und flackerten in einem gezackten Band gen Himmel. Die beiden Mädchen verschwanden zwischen den Bäumen.
    Violet beugte sich zur Seite, um dem Rauch auszuweichen, und verlagerte ihr Gewicht auf einen Ellbogen. Ihre Stimme war leise und entspannt – es war, als würden wir uns über eine Partie Bridge oder einen Badeausflug unterhalten. »Von mir aus gern«, sagte sie und sah mit einem langen, langsamen, sinnlichen Blick erst Prok und dann mich an. »Wenn John mitmacht, bin ich dabei.«
    Einige Tage später – ich weiß nicht mehr, wann es war und wie es dazu kam – machte ich Überstunden. Ich arbeitete neue Daten in eine Reihe von Tabellen und Statistiken ein, die Prok möglichst bald haben wollte. Das war eine Arbeit, die mir besondere Freude machte. Ich hatte festgestellt, daß ich ein Talent für das Zeichnen besaß, für die rechten Winkel und sanft ansteigenden Kurven der Grafiken, und da unsere neue Hollerith-Rechenmaschine das Tabellieren der Daten so sehr vereinfachte und die neue Sekretärin den Löwenanteil der Schreibarbeiten übernommen hatte, kam ich nun häufiger in diesen Genuß. Es muß etwa acht Uhr gewesen sein. Außer mir war niemand mehr im Institutsgebäude. Irgendwelche Insekten – Prok hätte sie im Handumdrehen identifiziert – flogen, angezogen vom Licht, gegen das Fenster. Ich war vollkommen in die Arbeit versunken und hatte das Abendessen und auch Iris ganz und gar vergessen – wahrscheinlich lernte sie ohnehin für ihre Abschlußprüfung. Ich zeichnete mit dem Lineal Rahmen und trug mit dem Bleistift die Markierungen für die Zahlenwerte ein. Es war ganz still.
    Irgendwie war ich mir wohl der Schritte bewußt, die sich auf dem Korridor näherten, aber das spielt keine Rolle, denn ich merkte erst, daß ich nicht mehr allein war, als ich von meiner Arbeit aufsah und Violet Corcoran in der Tür stand. Sie trug ein schickes Kleid mit Gürtel. Der Kragen und die Vorderseite waren in gebrochenem Weiß gehalten, während der Rücken und die Ärmel tief dunkelblau waren. Sie hatte einige Zeit in der Sonne verbracht, und ihre Beine waren gebräunt, so daß es aussah, als trüge sie Nylonstrümpfe (Sie dürfen nicht vergessen, es war Krieg, und Nylonstrümpfe waren beinahe unmöglich zu bekommen, daher benutzten viele Frauen Babyöl und malten sich die Strumpfnaht auf die Rückseiten ihrer Beine, von den Fersen bis zum Rocksaum, und ich war sicher nicht der erste Mann, der sich fragte, bis wohin diese Striche eigentlich gingen). Das Makeup betonte ihre großen Augen. Sie war klein, von italienischer Abstammung, spitzbusig. Wortlos kam sie herein und setzte sich auf die Schreibtischkante.
    »Oh, hallo«, sagte ich und sah von meiner Arbeit auf. Ich rechnete damit, daß im nächsten Augenblick Iris hereingestürmt kam oder vielleicht Prok, der etwas vergessen hatte, und ich hatte einige Mühe, ihren Namen auszusprechen. »Hallo ... Violet.«
    »Hallo«, hauchte sie, hob den Blick zur Decke und senkte ihn wieder,

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