Dr. Sex
Materials die Kontroverse um die Physiologie der Ejakulation ein für allemal beenden. Es war eine ehrliche, wenn auch mühselige Arbeit – und teuer, denn die Honorare für die Probanden und den kleinen blonden Stricher, der bei unserer Abreise vermutlich der wohlhabendste Teenager von New York war, hatten sich zu etwas mehr als viertausend Dollar summiert. Auf der Rückreise, im Zug, gratulierten wir uns gegenseitig. Prok spendierte Drinks im Speisewagen, der durch die Nacht schaukelte und uns flüchtige Blicke auf trübe beleuchtete Kleinstadtbahnhöfe und von Einsamkeit durchtränkte Farmhäuser bot. Ich bestellte den Fisch, Prok die Makkaroni au fromage und Corcoran das Porterhouse Steak. Während des Essens grinsten wir uns an, und dann zog Prok sich ins Schlafwagenabteil zurück, um seine Beobachtungen niederzuschreiben; Corcoran und ich setzten uns in den Clubwagen, spielten Karten, tranken Cocktails und rauchten Zigarren. Ich schlief anschließend wie ein Toter.
Am nächsten Morgen fuhr ich (wir hatten meinen Wagen genommen, damit Mac und Violet den Buick und den Cadillac zur Verfügung hatten) von Indianapolis nach Bloomington, setzte Prok am Institut und Corcoran vor seinem Haus ab und machte mich auf den Heimweg. Ich hatte Iris ein kleines Geschenk mitbringen wollen – Blumen, Pralinen, Parfüm –, war aber nicht dazu gekommen, etwas zu kaufen, und so hielt ich beim Supermarkt und ging zwischen den Regalen umher, bis ich etwas gefunden hatte, das ihr, wie ich glaubte, gefallen würde und eine gewisse Extravaganz darstellte: einen Kilobeutel kalifornische Pistazien, in der Schale geröstet und gesalzen. Ich war schon an der Kasse, als mir John junior einfiel und ich zurückgehen mußte, um eine Packung neapolitanische Eiscreme aus der Kühltruhe zu holen, und dann kam mir der Gedanke, Iris könnten in meiner Abwesenheit Kaffee, Brot und Eier ausgegangen sein, und so legte ich auch noch ein paar Grundnahrungsmittel in den Korb.
Ich parkte vor der Haustür, unter der Trauerweide, deren gelbe Zweige nur noch einen fransigen Vorhang bildeten, und spürte, daß meine Laune sich verschlechterte. So war es immer. Sosehr ich mich auch darauf freute, Iris und meinen Sohn wiederzusehen, sosehr ich auch in den langen Stunden im Zug oder beim Aufzeichnen von Geschichten ihre Gesichter wie eine Art Talisman heraufbeschwor – sobald ich in die Zufahrt einbog, bemerkte ich alles mögliche, um das sich niemand gekümmert hatte: Die Mülltonne hinter dem Haus quoll über, die Tür zum Keller stand sperrangelweit offen, der Wind hatte die Plane über dem Feuerholz zurückgeschlagen. Und: Sie hatte, bestimmt die ganzen zehn Tage lang, das Verandalicht brennen lassen, und diese Art von Verschwendung machte mich fuchsteufelswild. Ich nahm die Tüte mit den Einkäufen in die eine und den Koffer in die andere Hand, und das erste, was ich tat, als ich auf der Veranda stand, war, den faulenden Resten eines Halloween-Kürbisses einen kräftigen Tritt zu geben. Worauf meine Schuhe vollkommen verschmiert waren. Und dann mußte ich die Tür umständlich aufschließen und hätte dabei beinahe die Einkaufstüte fallen lassen.
Drinnen war es noch schlimmer. Iris hatte den Thermostat anscheinend auf volle Kraft eingestellt – noch mehr Verschwendung –, der Ammoniakgeruch des Katzenklos traf mich wie ein Schlag ins Gesicht, und wer war dafür zuständig? Im Wohnzimmer lagen Spielzeug und Babysachen herum, Zeitungen, Strickzeug, Bücher mit gebrochenem Rücken, und irgend etwas Eßbares war in zwei Schattierungen von Aprikosengelb an die frisch oder doch beinahe frisch gestrichene Wand geschmiert worden. Ich sagte nichts, ich rief auch nicht ihren Namen, sondern ließ den Koffer an der Tür stehen, stapfte in die Küche und stellte die Einkäufe auf den Tisch. Die Küche war natürlich ein Kapitel für sich. Ich bemühte mich, ruhig zu bleiben. Ich war müde, das war alles – müde und gereizt und auch ein bißchen hungrig –, und Iris hatte alle Hände voll zu tun, so ganz allein hier draußen mit John junior, der gerade zu laufen begann und einem immer in die Quere kam und immer, immer Aufmerksamkeit brauchte. Ich bemühte mich, aber als ich die Treppe hinauf zum Schlafzimmer ging, spürte ich den dunklen Knoten des Jähzorns, der in meinen Schläfen pochte wie ein Splitter, den mir jemand unter die Haut geschoben hatte, und die heiße Nadel, mit der man ihn entfernte.
Iris lag auf der Seite im Bett und schlief, eng
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