Dr. Siri sieht Gespenster - Cotterill, C: Dr. Siri sieht Gespenster - Thirty-Three Teeth
nach Silver City auf. Es war, als führe man in den heißen Luftstrom eines voll aufgedrehten Föns. Der Schweiß, der ihm bei Manoluk aus allen Poren gequollen war, trocknete in dem Moment, als er aus der Tür und in die Sonne trat. Jetzt versengte ihm sein Hemd die Haut. Die Hitze lenkte ihn nicht von seinen Problemen ab, im Gegenteil. Ein Gedanke ließ ihm keine Ruhe. Dtui gehörte zu den fürsorglichsten Menschen überhaupt. Sie wusste, dass der arme Geung sich schreckliche Sorgen um sie machen würde. Sie war einfach nicht der Typ, der den ganzen Tag fortblieb, ohne sich bei ihm zu melden. Siri hatte keinen Zweifel, dass ihr etwas zugestoßen war.
Bei den Wachen am Tor des Hauptquartiers der Geheimpolizei biss er mit seinem zerknitterten Brief erstmals auf Granit. Der Mann auf der Stufenleiter starrte
durch sein Guckloch und las den Schrieb, den Siri ihm hinstreckte.
»Nein. Damit kommen Sie hier nicht rein. Tut mir leid, Genosse. Nichts zu machen.«
Der Doktor schmollte, drohte und hämmerte so lange gegen das Tor, bis der Wachmann seinen Vorgesetzten holte, der seinerseits Herrn Phot, den Dolmetscher, zu Hilfe rief. Zwar wollten sie Siri noch immer nicht hereinlassen, schickten Phot jedoch hinaus, um mit ihm zu reden. Er hatte einen großen weißen Sonnenschirm bei sich, den er über ihren Köpfen aufspannte.
»Was treiben Sie da drinnen eigentlich so Geheimnisvolles?«, fragte Siri.
»Nichts«, lautete die Antwort. »Das ist ja gerade der Trick. Die Leute sollen glauben, dass hier rätselhafte Dinge vor sich gehen. Das hält sie auf Trab. Wenn das Proletariat wüsste, dass wir eigentlich gar keine Geheimnisse haben, würde es uns nicht halb so viel Respekt entgegenbringen.« Siri lächelte. »Sie sind also Dtuis Chef. Sie hat mir von Ihnen erzählt.«
»Sie war heute hier?«
»Auf Stippvisite.«
»Können Sie mir sagen, was sie wollte?«
»Ich wüsste nicht, was dagegen spräche. Es ging um etwas, das der Russe bei ihrem ersten Besuch zu ihr gesagt hatte. Sie hat der Bemerkung damals keine besondere Beachtung geschenkt, vielleicht habe ich sie aber auch nur nicht richtig übersetzt. Jedenfalls ging es um die Gebissabdrücke.«
»Die des Tigers?«
»Er war sich sicher, dass es sich um eine Katze handelt. Höchstwahrscheinlich um einen Tiger. Aber irgendetwas an den Abgüssen irritierte ihn.«
»Inwiefern?«
»Er meinte, er hätte noch nie so scharfe Eckzähne gesehen. Sie waren spitz wie eine Nadel. Fast so, als hätte sie jemand geschliffen.«
»Geschliffen? Wozu? Und wie?«
»Gute Fragen, Doktor. Aber das macht das Tierchen, das Sie suchen, zu einem umso gefährlicheren Gegner, meinen Sie nicht?«
Darüber dachten sie eine Weile nach.
»Heiß heute, was?«
»Verdammt heiß.«
Kälter
Dr. Vansana war tatsächlich zum Stausee hinausgefahren. Siri saß im Garten von Vansanas Haus, im Wind eines gigantischen Ventilators, den Sam, die Frau des Doktors, auf die Terrasse geschleppt hatte. Sein Durchmesser betrug fast einen Meter, und Siri hatte das Gefühl, hinter einer Antonow An-12 herzufliegen. Er musste sich mit beiden Händen an seinem Zitronentee festhalten.
»Endlich eine kühle Brise«, brüllte er gegen das Brummen des Motors an.
»Zum Glück sind Sie keiner dieser eitlen Fatzkes, die ein Toupet tragen, sonst wäre es inzwischen in Nong Khai«, sagte sie.
Obwohl er lachte, war ihm anzusehen, dass er sich um Schwester Dtui große Sorgen machte.
»Ich wollte, ich könnte Ihnen weiterhelfen. Aber ich glaube, ich habe Ihnen alles gesagt, worüber wir uns gestern Abend unterhalten haben.«
»Ihr Mann war also überzeugt, dass dieser Seua nicht das Zeug zum Massenmörder hat?«
»Allerdings. Hinterher war Vansana ziemlich aufgebracht. Seiner Meinung nach war Dtui auf dem Holzweg. Aber sie schien hundertprozentig sicher, dass da ein Zusammenhang besteht. Schlimmer noch, sie glaubte, das Übernatürliche hätte seine Hand im Spiel. Ich fürchte, mein Mann ist allergisch gegen solches Gerede. Er ist Wissenschaftler.«
»Ja, das kann ich gut verstehen. So ging es mir früher auch. Sie hat nicht zufällig angedeutet, wohin sie heute wollte, abgesehen von der Justizvollzugsbehörde?«
»Leider nein. Sie meinte nur, sie wüsste gern mehr über Geister und Werwölfe. Weiter nichts.«
»Entschuldigen Sie, haben Sie ein Telefon?«
»Ja, Doktor. Das Regime hat uns freundlicherweise erlaubt, es zu behalten. Unsere Nachbarn hatten da weniger Glück. Gott sei Dank ist Vansana Arzt.«
Siri
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