Draakk: Etwas ist erwacht. (Horrorthriller) (German Edition)
wandte den Blick ab und ging zu den Bänken im Kirchenschiff, während Martin an einem schmalen Fenster neben der Tür Posten bezog, um zu beobachten, was draußen vor der Kirche geschah. Er hatte sich mit einem schweren, schmiedeeisernen Kerzenständer bewaffnet, der dort herumgestanden hatte. Wahrscheinlich keine besonders wirksame Waffe gegen das, was da draußen in der Dunkelheit lauerte, aber immerhin besser als gar keine Hoffnung, schätzte Singer.
Antonia und das junge Mädchen versuchten gerade, den Jungen dazu zu bewegen, ihnen seinen verletzten Arm zu zeigen. Dieser presste weiter hartnäckig die Rechte an seinen Körper und krümmte sich, als litte er furchtbare Bauchschmerzen, während dicke Tränen über sein pummeliges Gesicht rannen. Singer hoffte inständig, dass der Junge bei seinem halsbrecherischen Sturz vom Roller keine inneren Verletzungen davongetragen hatte. Wie viele Stundenkilometer mochte so ein kleiner Roller auf einer verschneiten Dorfstraße schaffen? Fünfundzwanzig, vielleicht dreißig? Es reichte wahrscheinlich immer noch aus, sich ernsthaft zu verletzen, wenn man es tatsächlich darauf anlegte. Er erreichte die Bank, auf der der Junge saß und ging vor ihm in die Knie, um dessen Arm zu betrachten.
Er blickte in ein schmutziges, verheultes Kindergesicht. Der Junge hörte unvermittelt auf zu weinen, als er Singer erblickte, dann streckte er ihm wortlos seine verletzte Rechte entgegen, während das Mädchen, unverkennbar seine Schwester, beruhigend im örtlichen Dialekt auf ihn einredete. Beide hatten das gleiche rundliche Gesicht mit den großen blauen Augen und der kleinen, schmalen Stupsnase, eingerahmt von wilden braunen Locken. Aber während das Mädchen damit süß aussah, wirkte es an dem Jungen irgendwie weichlich und kindhaft, ein Eindruck, der durch Rotz und Tränen noch zusätzlich unterstützt wurde.
Die zwei mittleren Finger seiner rechten Hand waren glatt gebrochen – schmerzhaft, so ein Bruch, das wusste Singer aus eigener Erfahrung, aber so schlimm, wie der Junge tat, war es nun auch wieder nicht. Singer würde die gebrochenen Finger schienen und nächste Woche würde er schon kaum noch daran denken. Falls es für den Jungen eine nächste Woche gab.
Singer riss ein längliches Stück Stoff aus seinem Hemd, das vorerst als Verband genügen würde, dann schaute er sich suchend nach einer Schiene für die gebrochenen Finger um. Sein Blick fiel auf die große Reisetasche zu Antonias Füßen. Sie oder Martin hatten den Rucksack von der Rückbank des Jeeps mitgenommen, als sie vor dem Gasthaus ausgestiegen waren. Und in der Tasche waren eine ganze Menge nützlicher Dinge, unter anderem auch solche, die man ganz ausgezeichnet zum Schienen von Knochenbrüchen verwenden konnte.
Singer öffnete den Reißverschluss an der Seite des Rucksacks und nahm das zusammensteckbare Campinggeschirr heraus, was er am Morgen dort verstaut hatte, als sie zu ihrem kleinen »Picknick« aufgebrochen waren. Seine Finger berührten einen kleinen Laib Brot in einem Tuch. Der alte Mann hatte am Morgen gebacken, in aller Früh, als sie noch geschlafen hatten.
Singer zwang seine Gedanken zurück zur Verletzung des Jungen und öffnete das ineinandergesteckte Essbesteck. Das spitze Steakmesser und den Aluminiumlöffel stopfte er zurück in die Tasche. Die Gabel bog er vorne etwas um, damit die breite Fläche mit den Zinken beide Finger des Jungen aufnehmen konnte. Als er die Gabel befestigt hatte, wickelte er den Stofffetzen aus seinem Hemd darum und fixierte das Gebilde zum Schluss noch mit einer Lage des breiten Klebebands, das er im Haus beim Steinbruch entdeckt, für nützlich befunden und in
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