Draakk: Etwas ist erwacht. (Horrorthriller) (German Edition)
hingebungsvoll in der Küche zu Füßen seiner Mutter gespielt hatte – die mit eingeschlagenem Kopf im Schlafzimmer des kleinen Hauses lag. Ihr Ehemann, der örtliche Bäcker und ebenfalls ein Stammgast des Schützen , hatte es für eine gute Idee gehalten, ihren Schädel mit größtmöglicher Wucht so lange gegen den Pfosten der ehelichen Bettstatt krachen zu lassen, bis dieser aufgesprungen war und seinen gelblich-roten Inhalt über das Bett und die halbe Schlafzimmerwand verteilt hatte. Danach hatte er an ihr mehrfach die ehelichen Pflichten vollzogen, während ihr kleiner Junge im Nebenzimmer vor Schmerzen geschrien hatte, als die roten Sporen in seinen Blutkreislauf eingedrungen waren.
Eine Windbö hob das Schlafanzugoberteil des Kindes an und ein kleiner Kugelbauch wurde sichtbar, von dicken blauen Adern durchzogen und über und über mit Pusteln bedeckt. Aus einigen Pusteln lief gelblicher Schleim. Er stellte sich neben die Frau in dem Nachthemd, und seine kleinen Augen blickten ebenfalls durch den dichten weißen Vorhang aus großen Schneeflocken zur Kirche hinüber. In dem weichen Fell des toten Kätzchens in der Faust des Jungen spielte der Wind.
Einen älteren Mann, dessen greises Haupt von einem dichten Haarkranz wild umflattert wurde, hatte es besonders schlimm erwischt. Eine Pustel war direkt auf seinem Augenlid gewachsen und hatte sich über große Teile der hohen Stirn ausgebreitet. Der Verfall hatte das einstmals sympathische Großvatergesicht des älteren Herrn zu einer hässlichen Fratze entstellt. Der Mann trug den eigentümlichen schwarzen Rock mit entsprechendem weißen Kragen, der ihn als Priester oder Pastor auswies. Das musste der Vater des Geschwisterpaars sein.
Der Mann blutete unablässig einen breiten, dunklen Strom aus Augen und Nase, was Singer auf perverse Weise an die aufgemalten Stigmata der Holzfigur an dem riesigen Kreuz im Kirchenschiff erinnerte. Die Arme hingen schlaff an seinen Seiten herab, wie bei den meisten anderen auch. Seine Gesichtszüge waren ein Muster an Teilnahmslosigkeit, während er eine größer werdende Pfütze vor sich in den Schnee blutete. Dann hob er die Arme ein wenig und der gesenkte Kopf rollte bedächtig nach oben, bis seine Augen direkt auf den Eingang der Kirche gerichtet waren. Jetzt starrten sie alle. Zu ihnen. In das kleine Fenster, hinter dem sie sich versteckt wähnten. Der Pastor öffnete den blutverschmierten Mund und …
»Warum sind die so?«, fragte eine Stimme hinter ihnen. Lena. Martin zuckte zusammen und drehte sich dann bewusst langsam um, darauf bedacht, ihr den Blick nach draußen möglichst unauffällig zu versperren. Wahrscheinlich hätte er sich diese Mühe sparen können, denn das Mädchen machte nicht die geringsten Anstalten, aus dem Fenster schauen zu wollen. Sie mochte jung sein und ein wenig naiv, aber Lena hatte vermutlich eine ziemlich genaue Vorstellung davon, wer beziehungsweise was dort draußen zu sehen sein würde.
»Ich … äh, ich weiß … also, ich weiß es auch nicht genau«, stotterte Martin, »aber ich weiß, dass wir hier raus müssen, Lena. Und zwar bald.« Die Versammlung vor der Kirche war inzwischen zu einem regelrechten Menschenauflauf geworden. Und allmählich schienen die Dorfbewohner von einer seltsamen Unruhe erfüllt zu werden. Sie erwachten aus ihrer Starre und wiegten sich bedächtig im Wind hin und her, als ob sie dem Rhythmus einer unbekannten Melodie folgten, die nur sie zu hören vermochten. Jetzt blickten sie alle direkt zu ihnen herüber – nein, nicht direkt zu ihnen. Sie sahen vielmehr zu dem Pastor, dem alten Mann mit dem blutenden Gesicht. Aufmerksam. Erwartungsvoll. Und dieser blickte zu den Bergen hinüber. Und dann nickte er, als habe er ein
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