Draakk: Etwas ist erwacht. (Horrorthriller) (German Edition)
erfüllte den Raum. Die gedämpften Muschellampen an den Wänden und die gemütlichen weißen Stoffsessel wirkten fast schon kitschig in der ansonsten betont sterilen Arbeitsumgebung des Forschungskomplexes.
Ein paar der Anwesenden hatten es sich auf den diversen Couches in den Ecken bequem gemacht, um wenigstens einen Teil des ihnen geraubten Nachtschlafs nachzuholen. Singer, der seit seiner Abreise in Peru kein Auge zugetan hatte, fühlte es ihnen herzlich nach. Offenbar hatte man sie ebenfalls erst kürzlich aus ihren Betten geholt. Andere hatten ihre Sessel zu kleinen Sitzgruppen zusammengerückt und waren angeregt in geflüsterte Gespräche vertieft. Alle befolgten den identischen Dresscode – praktikable, reinweiße Labor-Kleidung ohne Taschen, Marke Murnauer-Institut.
Schlesinger deutete auf eine der Sitzgruppen, in der noch zwei Sessel frei waren. Eine junge Frau blickte von einer Zeitschrift auf, in der sie geblättert hatte, und schenkte Singer einen Blick aus überraschend blauen Augen.
»Dr. Walther, darf ich vorstellen? Das ist mein Freund und Mitgefangener, Dr. Singer, ja, ganz recht, der berühmte Biologe aus Hamburg. Damit dürfte der durchschnittliche IQ in diesem Raum allmählich bei zweihundert Punkten angelangt sein«, sagte Schlesinger und grinste breit.
Die junge Frau mit den bemerkenswerten Augen stellte sich als Dr. Walther vor, Leiterin der neuropsychologischen Fakultät der Berliner Charité. Sie schenkte Singer ein einnehmendes Lächeln, als sie ihm ihre Hand entgegenstreckte. Ihre zartgliedrigen Finger erwiderten seinen Händedruck überraschend kräftig. Singer bemerkte einen zierlichen Ring an ihrer rechten Hand und ertappte sich unwillkürlich bei der Frage, ob dieser bloße Zierde oder gar ein Ehering war?
Schlesingers Hand deutete mit einer ausladenden Geste auf die im Raum versammelten Wissenschaftler. Was Murnauer hier mitten in der Nacht herangekarrt hatte, war die Crème de la Crème so unterschiedlicher Felder wie Anthropologie, Neurologie, Sprachforschung, Mathematik und organischer Chemie. Außerdem hatte er mehrere Ärzte versammelt, größtenteils Chirurgen. Die Sorte, meinte Schlesinger, die man selbst in bestens ausgestatteten Krankenhäusern nur in besonders komplizierten Fällen einfliegen lässt. Sofern der betreffende Patient sich das leisten kann, fügte der graubärtige Alte hinzu. Die Versammlung war ein wahres Monument des Murnauer‘schen Einflusses. Seine Beziehungen mussten in der Tat außergewöhnlich weitreichend sein.
Es fragte sich freilich nach wie vor, zu welchem Zweck er das alles überhaupt veranlasst hatte.
Offenbar war Singer diese unausgesprochene Frage überdeutlich anzusehen, denn Schlesinger, der noch immer zu Singers Linken stand, ergriff wieder das Wort. »Sie fragen sich, wozu wir hier versammelt sind, stimmt’s? Nun, ich denke, das fragen wir uns derzeit alle. Der angeregten Diskussion da drüben entnehme ich jedoch vor allem eines – nämlich, dass die werten Kollegen dort genauso im Dunkeln tappen wie Sie und ich.« Er deutete auf Singer und Dr. Walther. »Am besten lernen Sie beide sich erst einmal kennen und ich hole uns einen schönen, heißen Kaffee.«
Als er ging, zwinkerte er Singer aufmunternd zu, wobei seine Augen für einen Moment zu der jungen Psychologin hinüber huschten. Offenbar war auch dem Astrophysiker nicht entgangen, dass die zwei sich auf Anhieb recht sympathisch waren. Verschmitzt in sich hineingrinsend watschelte er in Richtung Kaffeemaschine davon.
»Sie sind also Dr. Singer, das berühmte Wunderkind der Zoologie, hm?«, sagte die Psychologin und
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